Wolfgang G. Schwanitz

Explizit.net ist ein aktueller Marktplatz der Ideen. Die Beiträge des katholischen Portals sind oft eigenwillig, analytisch und unabhängig. Da die Grundwerte auch in der aktuellen Globalsicht stimmen, trage ich gern dazu bei.

Geboren 1955 in Magdeburg, Studium der Arabistik und Ökonomie in Leipzig bis 1982. Dort promoviert. Dann Forschungsgruppenleiter für Geschichte des Nahen und Mittleren Osten an der Akademie der Wissenschaften in Ostberlin. Seit der deutschen Einheit als Mittelosthistoriker Forschung und Lehre in Amerika, Mittelost und Europa über die Beziehungen dieser drei Regionen sowie über Araber, Amerikaner, Juden und Deutsche. Autor von vier und Editor von zehn Bänden zur mittelöstlichen Beziehungsgeschichte, darunter deutsche Islam- und Mittelostpolitik.

Beiträge von Wolfgang G. Schwanitz

James Foley, Lee Rigby und die verlorenen Söhne

Mit Entsetzen sahen viele das Video der Hinrichtung des gekidnappten US-Journalisten James Foley in Syriens Wüste. Papst Franziskus, der selbst einen familiären Verlust erlitt, spendete den Eltern und vier Geschwistern viel Trost. Präsident Obama meinte in seinem Urlaubsort Martha’s Vineyard, Massachusetts, Jims Leben stand im Gegensatz zu dem seiner Mörder. Hier Mut, Einsatz und Menschenliebe, dort im Islamstaat, kurz IS, Terror, Gewalt und Genozid. Dann spielte Barack H. Obama wieder Golf, an jenem Mittwoch, den 20. August. Weniger dafür erntete er viel Kritik als für die Unklarheit seiner Worte, die jeder strategischen Vision entbehren, wie Amerika der massiven Bedrohung durch die grausamen Jihadisten begegnen möge. Sonntag enthüllte die Londoner Presse die Idenität des Henkers: Angeblich sei es der 23jährige britische Exrapper Abd al-Majid Abd al-Bari.

Islamisten in Irak und Ghaza

<emphasize>Worin liegen die Optionen?</emphasize>

(explizit.net) Erstmals griff Präsident Obama gegen den zweimonatigen Ansturm der Islamisten im Irak aus. Spätabends zum 8. August sagte er, um Amerikaner zu sichern und Genozid an Christen zu stoppen, eine limitierte Luftangriffs- und Hilfsaktion an. Anderntags ergänzte er, Hilfssendungen für zehntausende Christen liefen und Luftangriffe beträfen ganz Irak für Monate. Andersgläubige Minoritäten flohen im Norden auf die Höhen am Sinjarberg vor der Gewalt von Sunnijihadis: „Konvertiere, flieh oder stirb.“ Viele retteten sich nach Kurdistan. Iraks neuer Präsident Fuad Marsum gab den Regierungsauftrag an Haidar Jawwad al-Abadi als Premier am 11. August. Drei Tage darauf trat Nuri Kamal al-Maliki ab – Iraks neue Chance gegen Gnadenlose. Am 14. August meinte Barack H. Obama: die Hilfe wirke, ein US-Trupp war vor Ort, die Blockade am Sinjarberg sei gebrochen und eine Großaktion unnötig. Freitag, den 15. August, begann Berlin Hilfsflüge in den Irak. Am Wochenende wies Obama Luftangriffe gegen Jihadis am Mosuldamm an, so dass ihn Kurden befreien können. Indessen erörterten in Kairo Israelis und Palästinenser, ob die Waffenruhe fortdaure, die ein Raketenbeschuss durchbrach. Worin liegen die Optionen?

Amerikaner sichern, Genozid abwenden

(explizit.net) Die Welt steckt in Megakrisen. Westafrika beutelt die Ebolaepedemie, die in Nigeria zum Notstand führte. Die Weltgesundheitsorganisation sagte am 8. August den Internationalen Gesundheitsnotfall an. Der Ostukraine droht eine russischen Invasion, wo die Krim schon annektiert wurde. In Mittelost weiten sich Waffengänge in und um Libyen, Ghaza, Israel, Libanon, Syrien, Irak und Jemen aus. Israel und Hamas erproben seit Mitternacht zum Montag, den 11. August, die neunte Waffenruhe. Indes greift „Kalif Ibrahims Islamstaat“ ISIS nicht nur Kurden, Minoritäten wie Christen und Yazidis am Sinjarberg an, sondern erklärte den Jihad gegen Amerika und Europa. Um Amerikaner in Iraks Arbil zu sichern und Genozid an Christen zu stoppen, befahl Präsident Obama eine limitierte Luftangriffs- und Hilfsaktion. Spätabends zum 8. August erklärte er sein Handeln. Wer sich einhundert Jahre zurückversetzt, mag Ähnliches in der Lage kurz nach Weltkriegsbeginn entdecken.

Hamas und islamischer Faschismus

(explizit.net) Freitagmorgen brachen Islamisten nach anderthalb Stunden Ghazas sechste Waffenruhe, tauchten im Suizidakt aus Tunneln bei Rafah auf und töteten drei israelische Soldaten, darunter Leutnant Hadar Goldin. Beobachter sahen, warum Terrornetze zerstört werden. Von 32 Tunneln endeten elf in Israel. Noch am selben 1. August zweifelte Präsident Obama an der siebten Waffenruhe, zumal Hamas ihre Kräfte nicht im Zaum halten könne und gleich die vorherige Pause brach. Bis Sonntag, dem 27. Tag, schlugen in Israel 3.127 Raketen seit 8. Juli ein, das um 550 abwehrte. Allein Sonntag trafen 80 Raketen ein, auch in Tel Aviv. Hamas soll noch 4.000 davon haben. Israel zielte bis dahin ebenso auf fünf Moscheen Ghazas mit Waffenlagern ab. Premier Netanjahu sagte einen Rückzug an, aber bis zum Ende der Mission zu kämpfen. Terror kenne keine Grenzen, meinte er, heute sei es Israel, morgen treffe es andere Länder. Ghazas Demilitarisierung und Wiederaufbau werde in Regionalallianzen gesichert. Indes erörterten Vertreter von Hamas und al-Jihad al-Islami eine Waffenruhe in Kario. Israel beklagt nunmehr 64 Tote, Ghaza etwa 1.800.

Ghazas fünf Nachbarn

(explizit.net) Waffenruhen mit Raketenschauer und Tunnelkrieg, so offenbarte sich das blutige Ringen zwischen Israel und der Hamas am Wochenende. Etwa 48 tote Israelis und 1.150 Tote in Ghaza sind am 20. Tag des Waffengangs zu beklagen. Bislang fruchtete keine Initiative, länger den Geschosshagel zu unterbinden. In Qatar zeigte sich Hamaschef Khalid Mashal nicht bereit oder fähig, die kürzeste Kriegspause einzuhalten, wobei grausige Bilder aus den Trümmerfeldern für ihn zu wirken scheinen. In Paris gab es Straßenkämpfe, in Bairut ein Protesttreffen der Hizballah und in Tel Aviv ein Friedensmeeting. In drei Ländern Europas schäumen Wellen des Judenhasses, laut Angela Merkel bei propalästinensischen und antiisraelischen Demonstrationen, was die Kanzlerin aufs Schärfste verurteilte. Kein Wunder, Israels Premier Benjamin Netanjahu erklärte am Sonntag in CNN, Israel mag etwas im Medienkrieg verlieren, doch dieser könne nicht dessen Sicherheit übertrumpfen.

Israel gegen Hamas

(explizit.net) Immer, wenn man denkt, eine extreme Weltlage sei eingetreten, kommt es noch ärger wie vorige Woche. Im Bürgerkrieg schossen Wladimir W. Putins Anhänger ein Zivilflieger über der Ostukraine ab, wobei 295 Menschen starben. Mossuls Jihadis trieben die letzten Christen aus der Stadt, signalisierend, Andersgläubige im Kalifat Syroirakistan nicht zu dulden, wozu für sie Schiiten zählen. Syriens Autokrat Bashshar al-Asad trat seine dritte Amtszeit im vierjährigen Krieg an. Und Sonntg, den 20. Juli lief der Termin für den Pakt gegen Nukes mit Iran aus. Statt die eingangs durch Barack H. Obama für den erfolglosen Fall angekündigten Sanktionen zu verhängen, wird Teherans Zeit vier Monate verlängert. Am selben Tag wollte Premier Benjamin Netanjahu in CNN-TV nicht erklären, was denn passiere, wenn das schief läuft. Er war betroffen, denn Sonntag starben weitere 13 Israelis und 87 Palästinenser. Kein Kriegsende ist in Sicht, aller Vermittlungsansätze zum Trotze.

Hamas gegen Israel

(explizit.net) Fast tausend Raketen regneten aus Ghaza auf Israel nieder, nun auch gegen die entfernten Städte wie Tel Aviv und Jerusalem, wo zwei Drittel der Einwohner leben. Dass es dort keine Toten gab, bewirkten Systeme der Antiraketen und Bunker, indes bis Sonntag, den sechsten Kriegstag, über 160 tote Palästinenser zu beklagen waren. Der dritte Krieg mit Raketen – seit dem Hamascoup in Ghaza 2007 – begann ab 7. Juli. Einen Monat zuvor, am 12. Juni, kidnappten Jihadis in der Westbank drei israelische Teenager, Eyal Yifrach, Naftali Fraenkel und Gilad Shaar, die erst am 30. Juni tot bei Hebron gefunden wurden.

Von Kalifat zu Kalifat

(explizit.net) Da Sunnijihadis in „Syroirakistan“ Schiiten bekämpfen, will „Kalif Ibrahim“ Geschichte seit Ende des Osmanenkalifats 1924 revidieren: „Auf ins sunnitische Kalifat“. Grenzen seien ungültig und neu zu ziehen. Freitag sprach er in der Großen Moschee Mossuls von Paradies, Hölle und Jihad, der mit Gut und Blut zu führen sei. Zwar stellten manche Abu Bakr al-Baghdadis Webvideo vom 4. Juli als Werbetrick hin, doch fragen viele, was es mit dem Jihadsturm historisch auf sich hat, der Mittelost zu erfassen droht. Ein Jahr zuvor befasste sich Boualem Sansal damit und edierte sein Buch als Übersicht zum Islamismus.

Globalkrieg, 100 Jahre danach

(explizit.net) Am Donnerstag gedachten Europäer im belgischen Ypern der vor einhundert Jahren im Ersten Weltkrieg Gefallenen. Deutlich wurde am 26. Juni, dass viele aus der Geschichte lernten, die nach den Schüssen von Sarajevo am 28. Juni 1914 in die Urkatastrophe des vorigen Jahrhunderts führten. Dies um so mehr, wenn man bedenkt, dass in Ypern an der Westfront im April 1915 deutsches Giftgas eingesetzt wurde. Zunächst war es Chlorgas, ab 1917-18 Senfgas. Insgesamt kamen vor Ypern über eine halbe Million Menschen um, nicht nur aus Europa. Um so besser, dass bekannte chemischen Waffen – 1.300 Tonnen – aus Syrien, auch im Bürgerkrieg angewandt, entfernt wurden. Am 23. Juni ging der letzte Schub über den Hafen al-Ladhaqiyya in ein dänisches Schiff, dann in Entsorgungspunkte Amerikas, ein Hochseeboot, Großbritanniens und Deutschlands. Doch solche Gewebe der Geschichte machen uns im asymmetrischen, scheinbar unendlichen Krieg zu schaffen.

Kalifat Syroirakistan

(explizit.net) Unter schwarzen Fahnen stürmen seit drei Wochen Sunniten durch Irak, die ihr Kalifat als Ziel erklärten. Samstag eroberten sie Iraks Städte wie al-Qaim an der Grenze Syriens, womit der Fluß an Kämpfern von Damaskus bis Baghdad möglich wird. In der Metropole am Tigris mobilisieren sich die Schiiten zum Gegenschlag. Ein Plakat der Mahdi-Armee des Klerikers Muqtada as-Sadr lautete: „Nein zu Amerika, Israel, zum Terror und zum Da’ish.“ Dies meint den Syroirakischen Islamstaat, kurz Syroirakistan. Alle warteten mit Spannung, wie das Weiße Haus reagiere. Präsident Obama blieb am Donnerstag, den 19. Juni, vorsichtig, was hier erhellt wird. Abgesehen von fatalen Resultaten zu eiliger Taten, muß er komplexe Faktoren abwägen, darunter den Zu- und Rücklauf von Militanten aus Europa und Amerika, und sowie Gespräche, die Irans Griff nach Nukes abwenden sollen. Was sind die Optionen jenes Sektenkriegs und wie steht es um Gespräche mit Teheran?

Zum Seitenanfang