Wolfgang G. Schwanitz

Explizit.net ist ein aktueller Marktplatz der Ideen. Die Beiträge des katholischen Portals sind oft eigenwillig, analytisch und unabhängig. Da die Grundwerte auch in der aktuellen Globalsicht stimmen, trage ich gern dazu bei.

Geboren 1955 in Magdeburg, Studium der Arabistik und Ökonomie in Leipzig bis 1982. Dort promoviert. Dann Forschungsgruppenleiter für Geschichte des Nahen und Mittleren Osten an der Akademie der Wissenschaften in Ostberlin. Seit der deutschen Einheit als Mittelosthistoriker Forschung und Lehre in Amerika, Mittelost und Europa über die Beziehungen dieser drei Regionen sowie über Araber, Amerikaner, Juden und Deutsche. Autor von vier und Editor von zehn Bänden zur mittelöstlichen Beziehungsgeschichte, darunter deutsche Islam- und Mittelostpolitik.

Beiträge von Wolfgang G. Schwanitz

Hamzas Theorie des Islamismus

(explizit.net) Nichtmuslime, belehrte der Ägypter Abd al-Malik Hamza seine arabischen und deutschen Leser im Ersten Weltkrieg, glauben noch, dass der Islam darauf hinziele, anderen Völkern seine Religion aufzudrängen. Und dass dem Ruf zum Panislamismus – synonym nahm er auch „Islamismus“ – nichts anderes zugrunde liege, als eine aggressive islamische Einheit zu bilden. Je größer das Gebiet der Vereinigung, desto reicher der Segen. Vorausgesetzt, das Ziel dieses Bundes sei nicht aggressiv. In dem Fall liege es nicht im Interesse der Allgemeinheit, sondern den anderen Nationen stehe Recht und Pflicht zu, sich zu widersetzen.

Der Widerspruch blieb zwischen dem islamistischen Globalanspruch und der Staatenwelt der Andersgläubigen. Hamza erlebte auch Juden und Christen mit Herausforderungen wie Reform, Revolution, Säkularisierung, Nationalismus, Imperien und die Moderne mit ihrem Liberalismus und Atheismus. Dies kam nach Istanbul. Aber das autoritäre Osmanenreich zerfiel auch am Nil. Was nun, drei Dutzend Kleinstaaten oder ein Kalifat ohne Autonomie?

Epidemie in Amerika und Medien im Jihad

(explizit.net) Die Megakrise betrifft die Ebola-Epidemie, Putins Aggression gegen Kiew und den Kampf gegen den „Islamstaat“. Dessen Sprecher Abu Muhammad al-Adnani rief nach Schlägen der Koalition ab 23. September auf, „Ungläubige“ im Westen mit allen Mitteln zu töten, egal ob nun Militärs oder Zivilisten. Australien stoppte rechtzeitig den Immigranten Muhammad Ali Barilais, Bürger in Sydney zu köpfen. Dies gelang aber Alton Nolen in Oklahoma mit Colleen Hufford, die es abwies, zum Islam überzutreten. In Quebec tötete ein Jihadi mit dem Auto einen Soldaten und verletzte einen anderen. Der „Islamstaat“ fordert den individuellen Angriffsjihad durch islamistische Alleintäter, vorerst mit Erfolg.

Ebola, Erdoğan und Erdöl

(explizit.net) Ebola-Epidemie, „Islamstaat“ und oft nur ein Drittel Ja-Stimmen zu seinem Kurs dazu nun auch bei Wählerinnen - über Präsident Obama schlagen die Wellen zusammen. Er enthielt sich also kurz der Hobbies, Golfen und Fundraising, und berief 18 Tage vor den Wahlen sein Kabinett ein. Barack H. Obama war verärgert, zumal der Direktor des Zentrums für Krankheitskontrolle, Tom Frieden, so unfähig wirkte. Er konnte kaum etwas erklären und kannte noch weniger Details. Ein Politikchorus forderte, ihn zu feuern. Obama setzte ihm mit Ron Klain den „Ebola Zar“ vor, einen Parteimanager ohne Fachwissen. Umstritten ist zudem, ob Visaverbote aus den drei am meisten betroffenen Ländern Westafrikas nötig sind. Aber selbst im Punkt „Islamstaat“ fehlen im Weißen Haus klare Vorgaben und Aktionen.

Beijing, Berlin und Bagdad

(explizit.net) Als Kanzlerin Merkel Chinas Premier Li Keqiang empfing, mag er sie oft an die Ära vor einem Vierteljahrhundert erinnert haben, da es im Osten Deutschlands vier Jahrzehnte so ein ähnliches Regime gab, wie das in Beijing. Beider Auftritt vor der Berliner Presse am Freitag, den 10. Oktober, verrät es. Zwar liefen ihre dritten Regierungskonsultationen am runden Tisch ab, jedoch fehlt dieser zwischen der Zentralregierung und der Opposition in der Sonderverwaltungsregion Hongkong. Zu dessen Autonomie zeigte Li die Linie: „Ein Land, zwei Systeme“, was Sache der Innenpolitik Chinas wäre. Alle Länder müssen diese Souveränität respektieren; das sei globale Norm. So sprachen auch ostdeutsche Herrscher und bald fegte sie eine friedliche Revolte samt „sozialistischer Nation“ hinweg. Angela Merkel dachte sicher: ergreift China eine Demokratie wie in Honkong, gibt es „ein Land und System“. Eher früher als später springt der revolutionäre Zündfunke ins Hauptland.

Afghanistans Machtwechsel, Streit um “Islamstaat”

(explizit.net)Ashraf Ghani schritt zur Tat. Nachdem er als neuer Präsident in Kabul seinen Eid leistete, ging er anderntags im Palast Sicherheitsabkommen mit Amerika und der Nato ein. Beide erlauben, nach dem Jahresende Koalitionstruppen zu behalten, so 9.800 Amerikaner und 2.000 Soldaten der Nato. Sie bilden die Sicherheitskräfte aus. Wenn nötig, leiten sie auch Antiterroreinsätze an. Niemand mag wieder so ein Debakel wie in Irak und Syrien unterm Ansturm der Jihadis des „Islamstaats“ erleben, am Hindukusch der Taliban. Risiken gibt es, sie sind nun kleiner. Im Konsens übernahm der Präsident, ein Paschtune, die Macht.

Vereinte Nationen zum „Islamstaat“

(explizit.net) Während die Ukraine am Rande des Bankrotts steht und die Waffenruhe oft durchbrochen wird, einigten sich Russen und Ukrainer am Freitag in Berlin auf einen Vertrag, der ein halbes Jahr die Moskauer Blockade aufhebt. Der Energieriese „Gazprom“ hatte ab Sommer das Gas gestoppt, um Kiew zu zügeln. Nun soll es zum Jahresende in zwei Raten 3,1 Milliarden Dollar zahlen, wobei die Europäische Union den Kredit des Weltwährungsfonds verbürgt, sofern beide Seiten das Abkommen eingehen. Doch bleibt es zwischen Boykott, Annexion und Aggression ein Katz- und Mausspiel, das Wladimir W. Putin betreibt. Er kritisiert auch Amerikas Koalitionskrieg gegen den „Islamstaat“, IS, den Präsident Obama am Montag, den 22. September startete. Die New Yorker Vereinten Nationen geraten zur Schaubühne.

Mittelost im Weißen Haus und im Kanzleramt

(explizit.net) In all der westlichen Konfusion gegenüber mittelöstlichen Islamisten, deren Anschläge nun auch aus dem Innern von Demokratien wie Australien erfolgen, erscheint eben Schottlands Bürgerentscheid als Lichtblick. Doch sollte London den Schotten mehr Autonomie geben, so dass viel mehr bürgernah vor Ort entschieden werden kann. Das ist zudem ein Problem der Europäischen Union, wenn Nichtgewählte in Brüssel über die Steuermittel der Wähler entscheiden und ihnen, ohne persönlich zur Rechenschaft gezogen werden zu können, etwa die Länge der Thüringer Würstchen vorschreiben. Insofern zeigt das Referendum vom 18. September Lehren der Dezentralisierung. Zum Glück gab es keine Abspaltung. Inzwischen lernen Mann und Frau im Westen: Präsident Obama irrt, Kanzlerin Merkel profiliert sich.

Moskauer Winter, antiislamistischer Herbst

(explizit.net) Manche Tage erfahren eine historische Sondergeltung wie der jüngste Freitag durch vier Ereignisse. An dem 12. September traten Sanktionen gegen Wladimir W. Putins Regime durch Amerika und Europa in Kraft. Betroffen sind 24 Offizielle, die größte russische Bank Sberbank sowie Finanz-, Energie- und Militärbereiche. Putin kündigte Gegenschritte an und wie früher, den Gashahn abzudrehen. Stärker sind dann betroffen Baltenländer, Polen, Bulgarien und Deutschland, dessen Gasanteil ein Drittel beträgt. Ihnen droht ein Moskauer Winter. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat Recht: Mühsam, mit Erschrecken sehe er die Zerbrechlichkeit des Friedens in Europa am laufenden Konflikt in der Ukraine.

Nato-Kerngruppe und Scharia-Polizei

(explizit.net) Der zweitägige Jahresgipfel der Nato im walisischen Newport ist Geschichte. Zum einen stimmte Wladimir W. Putin dem Waffenstillstand zu. Er verrechnete sich im Willen der 28 Nato-Länder bis zum Schlusstag, den 5. September. Wohl hält die Waffenruhe nicht, zumal der russische Präsident am „Bogen der Instabilität“ von Baltenländern, Georgien über die Ukraine, Armenien bis zu Azerbaidjan zündelt. Zum anderen erstrebt der 65jährige Pakt eine Globale Eingreiftruppe, 5.000 Mann, Rüstungsanteile von zwei Prozent am nationalen Einkommen binnen einer Dekade und die Ausweitung ihres Aktionsradius, um multiplen Herausforderungen im Osten und Süden zu begegnen. Durch ihre Mission in Afghanistan, die Ende 2014 endet und dann in eine Resolute Hilfsmission übergeht, war Mittelost längst einbezogen. Nun soll die Nato dort die Verbreitung von Gewalt und Extremismus zügeln.

Cameron, Obama und Merkel

(explizit.net)Die Welt brennt. Die Ostukraine spürt eine russische Invasion, obwohl sich die Präsidenten Wladimir W. Putin und Petro O. Poroschenko am Dienstag in Minsk trafen. An jenem 26. August widerlegten Bilder gefangener Russen Putin, den Konflikt nicht zu verschärfen, der nach der Krim-Annexion im März 2.000 plus 298 Leben des Zivilfliegers kostete. Er will einen Staat in der Südostukraine heben. Laut Anders Fogh Rasmussen verstärkt die Nato Truppen in Osteuropa, auch um Polen und drei Baltenländer zu sichern.Viel hängt am Nato-Gipfel vom 5. September im walisischen Newport und an Sanktionen - binnen einer Woche.

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