© Wolfgang G. Schwanitz

Vereinte Nationen zum „Islamstaat“

(explizit.net) Während die Ukraine am Rande des Bankrotts steht und die Waffenruhe oft durchbrochen wird, einigten sich Russen und Ukrainer am Freitag in Berlin auf einen Vertrag, der ein halbes Jahr die Moskauer Blockade aufhebt. Der Energieriese „Gazprom“ hatte ab Sommer das Gas gestoppt, um Kiew zu zügeln. Nun soll es zum Jahresende in zwei Raten 3,1 Milliarden Dollar zahlen, wobei die Europäische Union den Kredit des Weltwährungsfonds verbürgt, sofern beide Seiten das Abkommen eingehen. Doch bleibt es zwischen Boykott, Annexion und Aggression ein Katz- und Mausspiel, das Wladimir W. Putin betreibt. Er kritisiert auch Amerikas Koalitionskrieg gegen den „Islamstaat“, IS, den Präsident Obama am Montag, den 22. September startete. Die New Yorker Vereinten Nationen geraten zur Schaubühne.

(explizit.net) Während die Ukraine am Rande des Bankrotts steht und die Waffenruhe oft durchbrochen wird, einigten sich Russen und Ukrainer am Freitag in Berlin auf einen Vertrag, der ein halbes Jahr die Moskauer Blockade aufhebt. Der Energieriese „Gazprom“ hatte ab Sommer das Gas gestoppt, um Kiew zu zügeln. Nun soll es zum Jahresende in zwei Raten 3,1 Milliarden Dollar zahlen, wobei die Europäische Union den Kredit des Weltwährungsfonds verbürgt, sofern beide Seiten das Abkommen eingehen. Doch bleibt es zwischen Boykott, Annexion und Aggression ein Katz- und Mausspiel, das Wladimir W. Putin betreibt. Er kritisiert auch Amerikas Koalitionskrieg gegen den „Islamstaat“, IS, den Präsident Obama am Montag, den 22. September startete. Die New Yorker Vereinten Nationen geraten zur Schaubühne.

Gespannt erwarteten Delegierte Barack H. Obamas Rede am Mittwoch. Dann passte diese vielen nicht, kein Beifall. Sahen sie eine neue Taktik drei Monate vor den Wahlen? Obama übte Selbstkritik in „kollektiven Fehlern“, nicht internationale Normen durchzusetzen, und wollte den Islam beschützen. Zum einen sprach er vom Kampf gegen den „Extremismus“, wo es ihm um Islamismus ging. Damit folgte er dem „politisch korrekten“ Sicherheitsrat, der am 15. August zwar die Massentötungen durch die Terrorgruppen IS, al-Qaida und an-Nusra brandmarkte, doch unerklärlich meinte, der Terrorismus, auch der des ‘Islamstaats‘, könne und sollte nicht mit einer Religion, Nationalität oder Zivilisation assoziiert werden.

Zivilisationskonflikt

Wie irreführend. Das islamistische Kalifat reißt Grenzen nieder. Jihadis morden im Namen des Islam, setzen die Scharia in „Syroirakistan“ durch samt Gendertrennung, Vollschleier, Fächerverboten (Biologie, Physik, Sozialkunde, Musik, Geschichte, Sport und Künste) und führen Gewissensprüfung und -polizei ein. Letzteres läuft ebenso bei einigen Nachbarn. Eine antimoderne Zivilisation droht gerade im Kampf um die Moderne nicht nur in dieser Region Mittelost vollends unterzugehen. Da verklärt die UN das mit unhaltbaren Absätzen. Das wäre so als würde man sagen, Nationalsozialismus hatte nichts mit Deutschen zu tun.

Zum anderen betonte Obama, verknüpft mit Technologien könnten kleine Terrorgruppen, viel tödlicher und ideologischer als früher, Riesenschäden anrichten. Sie teilen die Welt in „Anhänger und Ungläubige“ ein, um viele unschuldige Zivilisten so brutal wie möglich zu töten und die anderen Leute einzuschüchtern. Sie pervertieren die große Weltreligion (Iran schritt 1977 voran). Amerika führe also keinen Krieg gegen den Islam, der Frieden lehre. Aber nicht so Islamisten. Ihr Islam meint ab 1915 zwar die „Unterwerfung unter den Willen Gottes“, bringt aber keinen Frieden. Als Ideologen lehren sie, dass sich ihnen alle beugen müssen. „Konvertiere oder stirb“, so lautet 2014 das Hauptmotto der schwarzen Gesellen.

Indes führte der Präsident aus, die Luftschläge richten sich gegen al-Qaida Co. Amerika und Islam? Das sei nur „wir“, da Millionen muslimische Amerikaner Teil Amerikas seien. Er weise jede Idee eines Konflikts der Zivilisationen zurück. Der Glaube an den religiösen Dauerkrieg sei ein verfehltes Mittel der Extremisten, die nichts erschaffen können und nur auf Fanatismus und Hass setzen. Doch die Zukunft der Menschheit hänge davon ab, sich gegen jene zu vereinen, die alle teilten entlang der Trennlinien Stamm, Rasse und Religion.

Frage: Erlebte Europa nicht Jahrhunderte des religiösen Dauerkriegs als historischen Fakt? Wer darum weiß, wird wieder mit blutigen Konflikten im alten Kulturkampf vergleichen.

Eurodrohne

Alle haben multiple Identitäten. Es kommt darauf an, diese zu erkennen und in dem Wissen menschliche Brücken zu bauen. Wir umherirrt, alle stets umarmen will, läuft riskant nicht nur allein fehl, sondern als Nation. Obamas These, dies sei kein Islam, bremst Diagnosen. Er sagt, die Extremideologie breite sich in Mittelost aus. Doch sie untergräbt Demokratien. Das zeigt Muhammad Ali Barilai mit afghanischen Eltern an, die nach Sydney emigrierten. Dort radikalisierte er sich, ging zum „Islamstaat“ und wies Jihadis daheim an, Passanten zu enthaupten. So lautet der Mitschnitt seines Telefonats. In Australien verdoppelte sich die Zahl der Gläubigen ab 2001 auf eine halbe Million. Islamisten wollen diese ausnutzen.

Aber wie erklärt Obama etwa den Zulauf der 70 Australier zum „Islamstaat“? Er duldete, Nidal M. Hasans Mord an 13 Menschen unter dem Ruf „Allah ist groß“ in Fort Hood 2009 als „Unfall am Arbeitsplatz“ zu führen. Damit kann niemand die Radikalisierung erläutern, die in Amerika, Donnerstag, den 25. September, wieder einen Jihadi aktivierte. In Moore, Oklahoma, versuchte der zum Islam konvertierte Alton Nolen alias Jahkeem Yisrael zunächst, in einer Fabrik seine Kollegen zum Islam zu bekehren. Als sie dies verneinten und er entlassen wurde, kam er zurück und enthauptete Colleen Hufford, wollte dies ebenso Traci Johnson antun, konnte aber dabei noch durch Mark Vaughan gestoppt werden. Seine Facebook-Seite zeigt, wie er sich ab April 2013 gegen seine Heimat kehrte, Köpfungsbilder ausstellte und die üblichen islamistischen Ideologeme darlegte. Dies ist klar zu benennen.

Gleiches gilt im UN-Sicherheitsrat. Politische Korrektheit ist akademisch meist unkorrekt. Sie wirkt als Nebelgranate: manche horchen auf, niemand erkennt etwas, viele gehen in die Irre. Also die Globalära weicht Nationalgrenzen auf, innen und außen. Mischideologien gehen um und sich radikalisierende Alleintäter suchen keinen organisatorischen Rückhalt. Ihnen genügt, was sie aus dem Internet fischen. Dies abzuwenden, ist gar nicht so einfach.

Der Sicherheitsrat legte mit 13 Präsidenten und Premiers – Russland und China waren auf tieferer Ebene vertreten – und 15 Stimmen Schritte fest, den westlichen Zulauf an Jihadis nach „Syroirakistan“ als kriminelle Tat zu definieren, zu ahnden und zu beenden. In dieser Sitzung am Mittwoch, den 24. September, erfuhr Präsident François Hollande, dass Jihadis von Junud al-Khilafa seinen Landsmann Hervé Gourdel in Algerien geköpft haben. In dem Mordvideo erklären sie ihre Loyalität zum „Islamstaat“ unter Abu Bakr. Laut Medien droht dies Schicksal zwei gefangenen Deutschen in den Philippinen, sofern Berlin nicht Lösegeld zahle und aufhöre, der auf Jahre angelegten US-geführten Koalition gegen den IS zu helfen.

Die Koalition, die jetzt über Syrien eine Flugverbotszone prüft, attackiert täglich IS-Ziele in Syrien und Irak. Ihr gehören vier Golfnachbarn samt Jordanien, Frankreich, Australien, Belgien, Dänemark und die Niederlande an. Am Freitag erlaubte das britische Parlament Luftwaffeneinsätze im Irak. Berlin stellt Kurden Waffen und Ausbildungshilfe. Kanzlerin Merkel kündigte in „Cicero“ am 25. September an, zu Syrien und Irak tiefer in die Historie einzutauchen, um zu verstehen, was da läuft. Amerikaner hätten ganz andere militärische Mittel. Sie habe diese nicht und wolle sie auch nicht anstreben, hingegen besser eine EU-kompatible Verteidigungspolitik suchen. Die Kluft zu Amerika dürfe nicht zu groß werden. Deshalb sollte man debattieren, ob es einer Eurodrohne bedürfe. Außenminister Steinmeier regte an, die auswärtige Kulturpolitik in Krisen zu prüfen und bewahrte das Qantara-Portal.

<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>



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