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Koalitionsvertrag (Teil 2): gemischtes Fazit aus Sicht der Kirchen

Wird sich mit zukünftigen Bundesregierung das Verhältnis von Kirchen und Politik ändern? explizit.net und kath.de dokumentieren die Reaktionen aus dem kirchlichen Raum auf den Koalitionsvertrag der "GroKo" von CDU / CSU und SPD.

Seit der Migrationsdebatte kann das Verhältnis von CDU / CSU und den Kirchen als "angespannt" bezeichnet werden. Daher wurde mit Spannung erwartet, was der Koalitionsvertrag der "GroKo" zum Thema Religionen sagen würde und ob das Amt des Beauftragten für Religionsfreiheit erhalten bleiben würde?

Thomas Söding, Vizepräsident des es Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) bewertete gegenüber explizit.net und kath.de den Koalitionsvertrag auf https://explizit.net/kirche/artikel/soeding-kirche-sind-in-der-pflicht-ihre-stimme-zu-erheben/ wie folgt:

"Vieles, was im Koalitionsvertrag steht (und nicht steht), begrüßt das ZdK: die weitere Unterstützung der Ukraine, den Aufbau europäischer Selbstverteidigungsfähigkeit, das Bekenntnis zu einer wertebasierten Außenpolitik, die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft, die Wahrung des gesellschaftlichen Friedens in der Abtreibungsfrage. Beim Thema Migration hat es immer schon zwischen Kirche und Regierung gehakt. Der Koalitionsvertrag zwischen der Union und der SPD sieht, dass soziale und politische Fluchtursachen in den Heimatländern bekämpft werden müssen. Dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit unabhängig bleibt, ist eine gute, dass sein Etat gekürzt werden soll, eine schlechte Nachricht. Das Ende aller freiwilligen Aufnahmeprogramme und das Aussetzen des Familiennachzugs sind Kurzschlüsse. Wie wichtig internationale Klimapolitik ist, auch im Blick auf Migrationsursachen, wird nicht klar genug.

Deutschland braucht qualifizierte Einwanderung, Deutschland braucht auch die Qualifizierung von Geflüchteten. Deutschland braucht, mitten in Europa, Grenzen, die das Land nicht abschotten, sondern sicherer machen. Das ZdK setzt sich für die Geltung der Menschenrechte, für die Beibehaltung des Asylrechts, für revisionsfeste Verfahren und für europäische Lösungen ein, die nicht nur auf dem Papier stehen."

Als „ein wichtiges Signal der Solidarität“ bezeichnet Pfarrer Dirk Bingener, Präsident des Internationalen Katholischen Missionswerks missio, den Erhalt des Amtes des Beauftragten der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Während der Koalitionsverhandlungen hatten neben missio auch mehrere Bischöfe der katholischen Kirche aus Afrika und dem Nahen Osten für den Erhalt des Amtes geworben. "Das ist eine wirklich gute Botschaft für alle, die sich weltweit für Religionsfreiheit und interreligiösen Dialog engagieren. Damit setzt Deutschland in seiner Menschenrechtspolitik einen Akzent, der im globalen Süden positiv wahrgenommen wird“, betonte der missio-Präsident in einer Pressemittelung.

Ebenfalls begrüßt wird der Erhalt des Entwicklungsministeriums, dessen Abschaffung die Union ursprünglich gefordert hatte. Das ZdK sieht hier eine „Weichenstellung über die Legislaturperiode hinaus“, da kirchliche Träger weiterhin als Partner in der Entwicklungszusammenarbeit agieren können (Quelle: https://www.zdk.de/presse/presse-nach-tags/2025/union-und-spd-reagieren-auf-veraenderte-weltlage).

Hinweis: Auf den Websites der DBK, der EKD, des Zentralrats der Juden in Deutschland und des Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland gibt es bisher keine Stellungnahmen zum Koalitionsvertrag.

Gegenüber dem Magazin "Stern" hat Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, aber betont, dass die künftige Bundesregierung eine "Schlüsselrolle" habe, "um weitere Wahlerfolge der in Teilen rechtsextremen AfD zu verhindern". Den migrationspolitischen Vereinbarungen bewertete Bätzing gegenüber dem "Stern" als "teils kritisch, teils mit Zustimmung". (Quelle: https://www.stern.de/news/baetzing--neue-regierung-hat-schluesselrolle-bei-verhinderung-weiterer-afd-erfolge-35652832.html).

Der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Stäblein, kritisiert - ebenso wie DBK-Vorsitzender Bätzing - die Aussetzung des Familiennachzugs "als falsches und fatales Zeichen" und ergänzte: „Für uns als Kirche ist und bleibt Familie als Ort des Vertrauens und des Schutzes ein hohes Gut, gerade auch für Geflüchtete“. (Quelle: https://www.ekd.de/fluechtlingsbischof-aussetzung-von-familiennachzug-falsch-89668.htm)

Gegenüber dem Magazin "Der Spiegel" zeigte sich Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, "unzufrieden" mit den finalen Formulierungen des Koalitionsvertrages zu den Themen Israel und Antisemitismus. (Quelle: https://www.spiegel.de/politik/josef-schuster-zentralrat-der-juden-ist-enttaeuscht-von-koalitionsvertrag-a-e587e80c-37cc-49d4-b947-281893e8ec0a ).

Fazit: Der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung stößt bei kirchlichen Akteur:innen auf ein gemischtes Fazit. Einerseits würdigt der Koalitionsvertrag die Kirchen als Stützen der Gesellschaft und setzt auf Kontunität, andererseits vermeidet der Koalitionsvertrag klare Positionierungen in strittigen Fragen (z.B. zur Kirchensteuer und zur kirhchlichen Arbeitsrecht). Bei den Themen Abtreibung und insbesondere Migration drohen weiterhin Konflikte mit den christlichen Kirchen, die bereits Anfang des Jahres zu einer deutlichen Abkühlung des Verhältnisses geführt hatten.


Lesetipp von unserem Partnerportal www.kath.de:
https://www.kath.de/kommentar/2025-04-14-kirche-und-politik-paradigmenwechsel

Christian Schnaubelt
(Chefredakteur und Herausgeber von explizit.net und kath.de)


Kategorie: Politik

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