Vladimir Pachkov

Ich bin 1972, also noch in der Sowjet Union geboren. Die prägenden Jugendjahre war die Zeit der Perestroika. Als Jesuit habe ich in Ägypten arabische Sprache und Islamwissenschaften studiert und danach in der Zentral Asien gearbeitet. 

Da ich in einer Stadt zwischen Tatarstan, einer islamischen Republik innerhalb der Russischen Föderation, und Kasachstan aufwuchs, bin ich früh in Kontakt mit dem Islam und der muslimischer Kultur gekommen. Einige meiner Verwandten lebten in Usbekistan, die ich auch besuchen konnte. Diese Welt hat mich schon als kleines Kind fasziniert. Deswegen war ich so froh, als ich in Ägypten Arabisch lernen konnte. Später habe ich mich auch mit den theologischen und spirituellen Aspekten des Islam auseinandergesetzt. Durch den Kontakt mit dieser Tradition wurden meine eigenen spirituellen Erfahrungen und die Suche nach Gott bereichert.

Der Islam aber ist nicht nur eine Religion, sondern eine Religion, die die Politik bestimmen will und auch bestimmt. In der heutigen Welt, besonders wenn man in Eurasien oder in Europa lebt, wird man auch mit dieser Seite des Islam konfrontiert. Deswegen will ich verstehen, wie der Islam das gesellschaftliche Leben beeinflusst, wie er Menschen, die dieser Religion angehören, bestimmt und wie ein Zusammenleben zwischen den Muslimen und anderen gestaltet werden kann. Die Erfahrungen Russlands, das sich selbst als christlich versteht, aber seit fast 1.000 Jahren mit den Muslimen zusammenlebt, könnten auch für Europäer von Nutzen sein.

Ich schreibe für explizit, weil es eine Plattform für verschiedene Standpunkte und Meinungen bietet, um die Welt und das Leben anders zu sehen und darzustellen. Ich finde es wichtig, die Entwicklungen in Russland und den anderen Ländern in den Weiten Eurasiens darzustellen und zu erklären, um zum gegenseitigen Verständnis beizutragen.

Beiträge von Vladimir Pachkov

Die Jugend in Russland begehrt auf

Die jungen Leute spüren, dass Korruption ihnen die Zukunft nimmt. Sie gehen in vielen russischen Städten auf die Straße. Im westlichen Beurteilungsschema „Gegen Putin“ passen die Protestaktionen jedoch nicht. Es ist auch das Erbe des Kommunismus, wie in der Ukraine oder in China. Hinzu kommen die negativen Erfahrungen mit der Ära Jelzin. Unser Moskauer Korrespondent zeigt auf, dass die junge Generation „den Vertrag mit den Regierenden“ bisher nicht unterschrieben hat.

Russland 1917 und neunziger Jahre: Versagen der Liberalen

Russland hatte acht Monate vor der bolschewistischen Oktoberrevolution eine bürgerliche Revolution. Sie fiel nach dem für die meisten Länder akzeptierten Kalender auf den 8. März, nach dem früheren, auf Cäsar zurückgehenden auf den 23. Februar. Die durch die Februarrevolution in Gang gesetzte Demokratisierung hatte keinen Erfolg, sie war vielmehr der Beginn des Chaos, der zur Oktoberrevolution, Bürgerkrieg und 70 Jahren kommunistischer Herrschaft führte. Zu viele ungelöste Probleme wurden durch den Ersten Weltkrieg verschärft.

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