Thomas Holtbernd

Ich schreibe für explizit, weil ich katholisch bin und das ist gut so. Und ich habe diese katholische Lust am Leiden und das treibt mich, mit der katholischen Seele die Welt zu beschreiben.
Zur Person: geb. in Bottrop, ein alter Westfale und vermutet dennoch, dass in der Tiefe der westfälischen Seele ein Rest von Humor zu finden ist. Geschult an drei Frauen, einer Ehefrau und zwei Töchtern. Akademisch fortgebildet in Theologie, Psychologie und Philosophie.

Beiträge von Thomas Holtbernd

Gegengelesen: Immer drauf hauen - Orientierung am Schlechten

(explizit.net) Gegengelesen-Kolumne

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Es tut so gut, immer drauf zu hauen. Ein Prominenter benimmt sich etwas seltsam, schreibt eine Doktorarbeit, die er oder sie dank moderner Technik zusammen-gestückelt hat und schon geht es drauf. Da freut sich der kleine Mann und auch die kleine Frau, wenn so richtig zugelangt wird. Oder der nun allseits bekannte Herr aus Limburg ergeht sich in Luxus und wieder geht es drauf. Schnell vergessen ist, was gestern ein Skandal noch war. Hauptsache drauf. Und der gute Bürger freut sich über jeden Missgriff, denn dann kann er sich empören - über die Missstände dieser Welt, um seine Wut über all die Ungerechtigkeiten hinausposaunen.

Gegengelesen: "Der Blitz trifft jeden Sünder"

(explizit.net) In Deutschland standen Polizisten an den Straßen und warteten auf die Raser. Und tatsächlich gab es 83.0000 Autofahrer, die trotz der Warnung auf keine Geschwindigkeitsbegrenzung achteten. Was im Straßenverkehr möglich ist, das müsste doch auch für Politik und Gesellschaft möglich sein. Warum wird ein Kurt Beck nicht geblitzt, der von der SPD zu den Kapitalisten wechselt und jetzt eine Pharmafirma berät? Warum nicht mal in Limburg Bischöfe blitzen, die aufs Luxuspedal drückten, dass die Kois aus den Teichen sprangen? Warum nicht Betriebsräten ein Protokoll verpassen, die sich vom Siemens-Personalchef ein sechsstelliges Gehalt auszahlen lassen?

Gegengelesen: „Mit der Erotik ist etwas Mysteriöses verbunden“

(explizit.net) So sprach der Mann, der ein wenig lispelnd, als Vorbild für viele Parodisten diente, der sich echauffierte, wenn es um Literatur ging. Und der immer wieder das Erotische in den Romanen suchte. Marcel Reich-Ranicki war eine Marke, er schaffte es, dass Menschen über Literatur redeten. Seine Kritik war gefürchtet und doch war er wenig eitel. Mit ihm ist Thomas Mann ein zweites Mal gestorben und der standpunktgeschmeidige Hellmuth Karasek macht nur noch Witze mit Eckart von Hirschhausen.

"Gegengelesen": Himmel über Berlin

(explizit.net) Ein großer Schauspieler ist tot. Seine Stimme kann er bei der Bundestagswahl nicht mehr abgeben, doch sie klingt in den Ohren: Die Melancholie eines Engels. Otto Sander ist tot, er starb wohl an zu viel, zu viel Rotwein, zu viel Whisky und zu viel Nikotin. In seinem letzten Film spielte er einen krebskranken Rentner, der schon wie ein Engel über den Wolken schwebte. Er stellte etwas dar, nämlich Charakter. Stärke bewies auch Erich Loest. Er versuchte es ebenso als Engel, doch seine Flügel waren gebrochen. Was wie ein Suizid aussieht, ist oft nur die Folge einer erfahrenen tiefen Verachtung. Erich Loest litt in der DDR an schweren Repressalien, weil er die Wahrheit sagte. Ob der Stinkefinger von Peer Steinbrück Ausdruck von Wahrheitssuche und schon Charakterstärke ist, das kann man getrost den Beratern überlassen.

Gegengelesen: "Völlig mittelmäßig"

(explizit.net) Im Kino läuft passgenau zur Wahl „König von Deutschland“ an. Ein Film über den durchschnittlichen Deutschen. Schlimmer als man es sich vorstellen kann, spielt Olli Dittrich als Thomas Müller den deutschen Durchschnitt. Und wenn man die durchschnittliche Begegnung von Merkel und Steinbrück gesehen hat, dann hat der Siegeszug des Mittelmaßes bereits begonnen. Da stehen drei Journalisten und der Joker Stefan Raab auf der einen Seite und zwei Ikonen des langweiligen Durchschnittsdeutschen auf der anderen Seite. Bemerkt man bei Merkel und Steinbrück noch zumindest Relikte von politischem Kampfgeist, so sind die Journalisten schon jenseits vom Mittelmaß, langweilige und angepasste Fragesteller, die wie Kleinkinder dem Onkel und der Tante einen Kuss auf die Wange geben müssen, aber nicht wollen. Anerkennend wird auf den geschaut, der ein wenig frech wird und doch auch nicht mehr bringt als Durchschnitt.

Gegengelesen: Kriegsmüde und in der falschen Beziehung

(explizit.net) Der Krieg ist der Vater aller Dinge, das war einmal, jetzt heißt es vor allem drohen, laut bellen und von den tollen Kriegsplänen erzählen, damit der Böse Angst bekommt und die Männer und Frauen gar nicht mehr in den Krieg ziehen müssen. Kriegsmüde sind die Briten, die sonst überall dabei waren und auch die Franzosen haben keinen richtigen Mumm mehr in den Knochen. Die Amerikaner wissen auch nicht so recht, die Deutschen sowieso, die kennen sich aus, haben schlechte Erinnerungen. Alle feige und als Kriegsmüde gefangen im Körper eines Hundes, der mit den Zähnen fletscht. Auch unser Bundespräsident lebt im falschen Körper. So hat er doch gesagt, die Ehe sei ein gutes Modell, nur lebe er sie nicht und bedauere, dass seine Ehe gescheitert sei. Ein braver Ehemann gefangen in der Beziehung zu einer anderen.

Gegengelesen: „Mir ist unfassbar vieles peinlich.“

(explizit.net) Der Film läuft jetzt an. „Feuchtgebiete“ hatte am Mittwoch Premiere in der Lichtburg Essen, Charlotte Roche beantwortete Fragen der Kinobesucher und meinte mit ihrer feuchten Aussprache: „Mir ist unfassbar vieles peinlich.“ Peinlich ist, dass das Buch 2008 das meist verkaufte Buch in Deutschland war und peinlich ist, dass das Buch jetzt auch noch verfilmt wurde. Wer erotische Literatur lesen möchte, der kann doch auch Michel Houellebecq lesen. Oder die alten Meister Henry Miller, Anais Nin, Charles Bukowski, Emanuelle Arsan, Gustave Flaubert und wer richtig Hardcore wünscht, der wage die Lektüre alter Schriften wie das Hohelied der Liebe, Texte der Mechthild von Magdeburg und wer es nicht weiß, dem sei es gesagt, es war Hildegard von Bingen, die als erste den weiblichen Orgasmus beschrieben hat.

Gegengelesen: Plakate plakatieren Plakatives

(explizit.net) Jetzt hängen sie wieder, die Plakate zur Wahl. Nicht die Übeltäter hängen an den Bäumen, nein, die nichtssagenden Sprüche, wenn überhaupt vollständige Sätze und nicht an SMS orientierte Zurufe zu lesen sind. Dieses Mal ist es auch ganz anders als sonst. In der Wahlurne werden wir einen Zettel mit Bildern von verschiedenen Wahlplakaten bekommen und dann dürfen wir von mehreren Möglichkeiten die dazugehörige Partei ankreuzen. Wer dreimal die richtige Antwort gefunden hat, der dann darf dann einen Kandidaten seiner Wahl so oft eine watschen wie er richtige Antworten gefunden hatte. Jetzt versteht man auch, warum die Plakate so nichtssagend sind, die Kandidaten haben Angst vor der Dresche. Doch die Angst scheint unberechtigt. Welcher Wähler ist schon informiert?

Gegengelesen: Gibt es noch solche Männer?

(explizit.net) Bertold Beitz ist tot und Helmut Kohl gibt zu, dass er die Türken raus haben wollte. Silvio Berlusconi hat eine Haftstrafe bekommen und Edward Snowden Asyl in Russland. Peter Löscher ist bei Siemens gestürzt worden und Joe Kaeser hat sich nach oben geschummelt. Doch wer ist eigentlich Peer Steinbrück? Ein Wanderer soll er sein, im Gegensatz zum Jürgen Trittin, der mit seinem Boot kenterte. Wo sind die neuen Männer, die einst herbeigesungen wurden? Gibt es nur die alten Männer, die noch Männer sind und sterben die bald aus?

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Und immer noch sitzt Helmut Schmidt mit seiner Zigarette herum und erklärt die Welt. Bernhard Vogel und sein Bruder Jochen Vogel werden oft noch vor die Kamera gezehrt und bei den Tagesthemen sitzt jetzt auch ein Herr mit weißen Haaren. Heino singt zusammen wacker in Wacken mit Rammstein und der Rentner Thomas Gottschalk geht demnächst mit Günter Jauch wieder auf Sendung. Matthias Matussek versteht keinen Spaß und fühlt sich von Kurt Krömer beleidigt. Heiner Geißler ist ruhig geworden, doch Norbert Blüm kommentiert weiterhin die Politik.

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