Korruption lähmt das Land, als hätte es keinen Aufstand gegen Janukowytsch gegeben. Das Geschehen auf dem Majdan ab November 2014 war nämlich vor allem ein Aufstand gegen die Korruption. Inzwischen sei es noch schlimmer, so der Vorsitzende der Partei Svoboda, Oleg Tjanybok kürzlich in Frankfurt bei einer Versammlung des dortigen Vereins der Ukrainer.
Svoboda heißt Freiheit, die Partei versteht sich als rechts von der Mitte und nationalistisch. Sie ist nicht im Parlament vertreten. Von Russland und wie auch von Gregor Gysi wird sie als “faschistisch“ bezeichnet. Der Auftritt des Parteivorsitzenden in Frankfurt war nicht eine faschistische Propagandaveranstaltung, sondern bestand in einer vehementen Kritik an den Verhältnissen in der Ukraine. Die Zuhörer waren wie der Parteivorsitzende von einer dezidiert antirussischen Haltung geprägt, aber damit nicht als Faschisten zu verdächtigen. Sie betonten, dass die Rechtsparteien, so der Front National in Frankreich, von Russland Gelder erhielten. Hauptthema war die Korruption. Damit stellt sich für den Westen die Frage, wie er sich gegenüber der Ukraine verhält. Eine nur moralische Verurteilung der Korruption wird nicht genügen:
Korruption - jeder weiß davon
Die Medien in der Ukraine seien frei und berichteten über Korruptionsfälle. Aber anders als in unseren Breiten muss man dann auch wohl Bestechung und Selbstbereicherung nicht verbergen. Während hier Korruption nicht an Licht kommen darf, ist sie in der Ukraine eine allgemein bekannte Tatsache, ohne dass daraus Sanktionen folgen würden Es bedarf also nicht nur der freien Medien, sondern auch Gerichte, die Strafen aussprechen
Korruption ist im Westen ebenso präsent, aber verdeckt
Aus mitteleuropäischer Sicht scheint Bestechung eher ein Sonderfall zu sein. Das gilt aber nur für den Alltag. Hier kann man keinen 100-Euroschein in die Wagenpapiere legen, wenn man seinen Führerschein loszuwerden droht. Man muss auch bei Behörden keinen Geldschein dazu legen. Aber wie ist es mit dem Doping. Oder hat nicht Siemens jahrelang bestochen, um Aufträge zu erhalten. Die Deutsche Bank ist mit 12 Milliarden Strafzahlungen noch nicht am Ende der Prozesse angekommen. Die verschiedenen Mafianetzwerke, ob Italienischer, russischer oder chinesischer Provenienz, funktionieren seit Jahrhunderten und sind in der EU aktiv. Deutschland gilt als bevorzugtes Land für die Geldwäsche. Bis vor einigen Jahren konnten Firmen Bestechungsgelder, die man in verschiedenen Ländern zahlen musste, um einen Auftrag zu bekommen, als Betriebskosten von der Steuer absetzen.
Die USA setzt Korruptionsbekämpfung durch
Es ist auch kein europäisches Land, das den Geldflüssen, die sich die Funktionäre der FIFA gegenseitig in ihre Taschen lenkten, auf die Spur gekommen ist, sondern die USA. Kein TÜV in Europa hat die überhöhten Stickstoffwerte in den Auspuffgasen des VW-Diesel entdeckt. Trotz der Medienberichten über die Manipulationen ist noch kein Techniker eines TÜV oder einer anderen Überwachungseinrichtung zur Rechenschaft gezogen worden, der die Manipulation hätte entdecken müssen, sondern es sind wieder die USA, die Deutschland gezwungen haben ,näher hinzuschauen. Nicht nur bei VW, sondern bei den Zulassungsstellen muss man davon gewusst haben. Dass es den USA ernst ist, kann an den empfindlichen Strafen abgelesen werden. Zudem haben die betrogenen Käufer in den USA mehr Chancen auf Schadensersatzzahlungen.
Die Ukraine braucht strenge Auflagen von außen
So wie Europa die USA braucht, um den Korruptionssumpf in der FIFA trockenzulegen, so die Ukraine Europa. Ein Beispiel ist Polen. Das Land habe in den letzten Jahren große Fortschritte beim Austrocknen der Bestechungsgelder gemacht.Man kann sich über Bestechung moralisch entrüsten. Aber was will der einzelne ausrichten, wenn die anderen sich weiter die Zuteilung von Aufträgen und andere Vorteile erkaufen? Er wird den Konkurrenzkampf nicht bestehen können. Das Dopingsystem funktioniert nach den gleichen Bedingungen. Wenn ohne Doping kein Radrennen zu gewinnen war, dann mussten eben auch die, die es eigentlich nicht wollten, zu den Mitteln greifen. Jahrelang funktionierte das Doping ungefragt im Radsport, in der Leichtathletik wird es gerade erst aufgedeckt.
Die EU – mit Syrien beschäftigt und die Ukraine vergessen
Putin hat mit der Annexion der Krim und den russischen Truppen in den sog. Separatistengebieten erreicht, dass die Mehrheit des Landes in Richtung Westen strebt. Das war vor der letzten Revolte 2013/14 nicht so eindeutig. Europa sollte das als Chance sehen. Offensichtlich werden die politischen Prioritäten sowohl von den Politikern wie von den Wählern falsch gesetzt. Die Regierungsparteien, die Opposition wie auch die AfD sind auf den Nahen Osten fokussiert. Syrer werden zu Hunderttausenden in die EU gelassen, Ukrainer werde von strengen Visumsbeschränkungen abgehalten. Die jungen syrischen Männer, die sich glücklicherweise der Rekrutierung entziehen, werden geschult und auf einen Beruf vorbereitet. Junge Ukrainer und Ukrainerinnen will man nicht hier haben. Sind wir in Mitteleuropa so dumm, die Ukrainer hinter die Bürgerkriege im Nahen Osten zurückzustellen. In dem Land herrscht auch Krieg, täglich sterben Menschen. Deshalb wird sich dort die Zukunft Europas sehr viel mehr entscheiden als daran, ob in Syrien die Alawiten oder die Sunniten herrschen. Die politische Kurzsichtigkeit liegt vor allem daran, weil die politische Ausrichtung Putins und mit ihm der Mehrheit der Russen nicht realistisch gesehen wird.
Russland grenzt sich von Europa ab, die Ukraine will zu Europa gehören
Wäre Russland Mitglied der EU, wäre es einer unter vielen Staaten. Russland will aber Hegemonialmacht sein. Die Mehrheit der Russen sucht die Identität des Landes in der Ablehnung alles Westlichen. Putin hat die Russen hinter sich, auch wenn die Sanktionen des Westens die Preise für Lebensmittel in die Höhe treiben und die Dollars für den Kauf von Ausrüstung für die Erdölförderung fehlen. Die Russen ertragen das, weil sie die Unabhängigkeit und eine neue Größe ihres Landes herbeisehnen. Wer diese, in der russischen Geschichte tief verwurzelte Abgrenzung gegenüber dem Westen als politische Leitidee der russischen Politik erkennt, muss die Ukraine auf ihrem Weg in den Westen unterstützen, vor allem der jüngeren Genration so wie den Polen einen breiten Zugang zum Westen eröffnen.
Wer sich über die Ukraine informieren und die Fehlschaltung gerade der deutschen Außenpolitik korrigieren will, kann sich auf einer Tagung vom 8. - 10. April informieren. Veranstalter ist die Katholische Sozialakademie Haus am Maiberg in Heppenheim.
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