Ostern ist wie der Frühling. Wie für den Frühling muss der Mensch auch für Ostern nichts tun. Er kann einfach abwarten, dass es Ostern ist, jeweils nach dem Vollmond, der auf den Frühlingsanfang folgt. Ostern verändert so wie das neu hervorkommende Leben auf stille Weise. Aber nachhaltig. Jedoch braucht es, wie der Garten im Frühjahr Umgraben, Säen, Gießen, Schutz vor einer kalten Nacht.
Die Bibel zu Rate ziehen
Die Jünger verharren nach den Begegnungen mit Jesus in ihrer Starre und zeigen sich aus Angst vor der jüdischen Obrigkeit nicht in der Öffentlichkeit. Als Juden suchen sie in der Bibel nach Hinweisen, auf das Geschehen. Ihr Überzeugung, dass Jesus der erwartete Messias ist, konnten sie nur deshalbgewinnen, weil die jüdische Glaubensgemeinschaft einen solchen Messias erwartete. Sie können, vor allem mit den Texten des Jesaja-Buches feststellen, dass der Knecht Gottes verfolgt wird, leiden muss und so für sein Volk Erlösung herbeiführt. Lukas berichtet, dass der Auferstandene selbst die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus: „Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen?“ Kap 24, 25f
Ist Jesus tatsächlich erschienen:
Nach dem Lukasevangelium ist Jesus über 40 Tage lang Jüngern erschienen. Paulus zählt in seinem Ersten Brief an die Korinther weitere Zeugen auf, so „mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen.“ Für ihn ist die Auferstehung Jesu eine Tatsache, auch wenn Jesus „erscheint“ und nicht in dieses Leben zurückgekehrt ist. Kann man sich auf dieses Zeugnis verlassen? Psychologisch ist es unwahrscheinlich, dass die Jünger, nachdem sie das Alte Testament durchforstet hatten, doch noch zu der Überzeugung gekommen sind, das Jesus leben müsste. Für sie war es undenkbar, dass Gott seinen Messias, der ja das Reich Davids wiedererrichten sollte, indem er die zerstrittenen jüdischen Lager eint und die Römische Besatzungsmacht vertreibt. Für sie waren die Hoffnungen, mit Jesus „etwas zu werden“ am Karfreitag zerronnen. Wahrscheinlich ist es ihnen so ergangen wie Menschen, die Begegnungen mit ihren Verstorbenen hatten. Diese Menschen schweigen auch heute. Ich selbst kenne inzwischen eine Frau, der ihre Großmutter nach dem Tod erschienen ist und zwei weitere, die eine Nahtoderfahrung gemacht haben. Sie leben unter uns, oft jahrelang, und einmal erzählen sie davon. Wie bei Jesus wird von Begegnungen mit Verstorbenen nur in einem gewissen Zeitraum nach deren Tod berichtet.
Darüber reden
Wenn es nicht wenige Menschen gibt, die mit Verstorbenen in Berührung kamen oder in einer Nahtoderfahrung in das himmlische Licht getaucht wurden, diese aber nicht davon erzählen, dann versteht man, dass die Frauen und Männer, die Jesus gefolgt waren, auch erst einmal unter sich blieben und nicht von ihren Begegnungen mit dem Auferstandenen berichteten.
Ein amerikanischer Arzt hat sich nach eigenen Nahtoderfahrung dazu entschieden, von diesen Erfahrungen zu berichten. Das hätte er vorher schon tun können, denn als Neurochirurg hatten ihm über Jahre Patienten, die auf dem Operationstisch unter seinen Händen eine Nahtoderfahrung machten, berichtet. Er hatte sich für diese Erfahrungen nie interessiert, bis er selbst durch eine schwere Sepsis eine Woche im Koma lag und mehrfach in das himmlische Lichtmeer eintauchte und sogar einer verstorbenen Schwester begegnete.
Ein Gespür für die Anwesenheit der Verstorbenen
Für Menschen, die einem Verstorbenen begegnet sind oder selbst eine Nahtoderfahrung gemacht haben, bleiben diese Begegnungen präsent. Das Grundgefühl, das wir mit unserem Leben haben, hat sich erweitert. So wie wir die Lebendigkeit eines Waldes, eines Gartens spüren können, so auch die Anwesenheit von Menschen, die über die Todesschwelle gegangen sind. Die Jünger Jesus, weniger die Frauen als die Männer, brauchten die Wochen nach Ostern, um sich in die neue Anwesenheit Jesu hinzutasten. Von diesem Grundgefühl trennt uns die technisierte Zivilisation und die wohl auch die Umwandlung einer Großpfarrei wie eines Bistums in eine Verwaltungseinheit, wo es mehr um die Belege für eine Abrechnung geht als dass ein Mensch sich bekehrt oder von seinen schlechten Gewohnheiten verabschiedet hat. Wenn die Menschen die „Witterung“ dafür auch in den Gottesdiensten nicht mehr aufnehmen kann, weil auch die katholische Kirche inzwischen den heiligen Schleier den früher die Liturgie umhüllte dadurch verschlissen hat, indem man alles und jedes erklärt, ohne darauf zu vertrauen, dass Liturgie aus sich wirkt, bieten die 50 Tage bis Pfingsten die Chance, wieder in diese Oste-Atmosphäre wieder hineinzukommen.
Buchhinweis: Dr. med. Eben Alexander, Blick in die Ewigkeit, Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen, deutsche Ausgabe im Heyne Verlag
Kerstin Barton zieht in ihrem Beitrag die Linien weiter, die die Erfahrungen mit dem Virus aufgezeigt haben. Hier zum Weiterlesen: Ostern heißt Aufbruch
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