Foto: explizit.net, E.B.

USA - Schicksalstage für die Republikaner

Donald Trump hatte seine Bestätigung im Amt zu einer Schicksalswahl erklärt. Er hat dann auch dafür gesorgt, dass es fast so gekommen wäre. Hatten doch Putin, Lukaschenka und Erdogan gezeigt, wie man aus einem Wahlsieg eine Dauerherrschaft macht. Zur Entscheidung steht, ob die Republikaner sich distanzieren und in die Demokratie zurückkehren. Ein Kommentar zur Gefährdung des Parlamentarismus.

Als Trump den Urnengang am 3. November zur Schicksalswahl erklärte, ging es um sein Versprechen, dass die Weißen die bestimmende Bevölkerungsgruppe bleiben. Deshalb wohl erhielt er mehr Stimmen als 2016. Wenn die parlamentarischen Spielregeln den Zuwanderern bald zur Mehrheit verhelfen, dann kann man diese außer Kraft setzen. Den Sturm auf das Kapitol billigten etwa die Hälfte der Wähler, die Trump ihre Stimme gaben. Jetzt sind die republikanischen Senatoren vor eine Entscheidung gestellt.

Was mit den 73 Millionen Trump-Wählern

Es ist überhaupt nicht ausgemacht, wie die Anhänger des noch regierenden Präsidenten auf das Impeachment reagieren. Auch kann die Abstimmung im Senat zu einer Spaltung der republikanischen Partei führen. Denn die Abgeordneten dieser Partei waren für die Chancen ihrer Wiederwahl an Trump gebunden. Werden sie mit ihrer Wiederwahl rechnen können, wenn sie sich gegen Trump stellen? Fast Zweidrittel der Republikaner sagen, dass Trump kaum oder gar nichts falsch gemacht habe. Immerhin fast 20% sind zustimmend zu dem Sturm auf das Parlament.  
Die republikanischen Senatoren können sich nicht neutral verhalten, denn von ihnen hängt es ab, ob das Impeachment zur Ausschaltung Trumps zustande kommt. Für die Republikaner ist Einstimmigkeit dringlich, denn eine in dieser Frage gespaltene Partei wird wie in dem bisher republikanisch dominierten Georgia bei der nächsten Wahl keine Mehrheit bekommen.

Wahlkalkül gegen Verfassungstreue

Das Risiko ist für die Republikaner durch den Sturm auf das Kapitol existenzbedrohend geworden. Die Partei bekommt auch nicht vier Jahre Zeit, um sich in der Opposition zu erneuern. Sie muss sich in den nächsten Tagen über ihren Kurs verständigen. Es gibt in ihrer Geschichte einige Ankerpunkte, die ein Einschwenken auf die parlamentarischen Spielregeln und ein deutliche Distanzierung von Trump nahelegen.

  1. Die Republikaner sind 1854 gegründet worden, um die Sklaverei abzuschaffen. Abraham Lincoln ist der erste Präsident aus ihren Reihen. Deshalb wählte die Weißen im Süden der USA bis in die sechziger Jahre die Demokraten, die gegen die Abschaffung der Sklaverei gestimmt hatten.  
  2. Die Demokraten, bereits 1792 von Thomas Jefferson gegründet, wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg für die Schwarzen wählbar. Präsident Truman hob die Rassentrennung in der Armee auf, Lyndon B. Johnson unterschrieb 1964 den Civil Rights Act. Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Barry Goldwater setze sich für die Beibehaltung der Rassentrennung ein. Er verlor die Wahl gegen Johnson. Der Republikaner Nixon entwickelte eine Strategie, den Süden für die Republikaner zu gewinnen. Dies nicht durch die Stimmen der ehemaligen Sklaven, sondern der weißen Bevölkerungsmehrheit. Damit wurden die Demokraten die Partei der ehemaligen Skalven und anderer Minderheiten.
  3. Die Abgeordneten der Republikaner müssten sich eigentlich auch deshalb von Trump distanzieren, weil dieser die Rolle des Parlamentes und damit die Entscheidungsmacht der Parlamentarier aushöhlen wollte. Sie wären zur Staffage eines Volkstribuns geworden, der seine Legitimation aus dem direkten Kontakt mit seinen Anhängern bezieht. 

Die Demokratie ist kein Naturprodukt

Die Verfahren der Machtzuteilung in einer Demokratie sind nicht naturwüchsig. Das zeigen die letzten Wochen für eine der ältesten Demokratien. Sie erfordern den Willen der Gewählten, sich an die Spielregeln zu halten. Wenn dieser Wille nicht leitend ist, dann können die mit einem Amt Betrauten das Amt dazu nutzen, ihr Amt nicht bei der turnusgemäßen Wahl freizugeben. Das hatte Trump ja über Wochen ständig wiederholt. Die Republikaner erlaubten ihm das durch ihr Schweigen. Dass er die Überlegungen, den Notstand auszurufen, um das Militär einzusetzen, nicht durchführte, ist nicht seiner Verfassungstreue noch den Volksvertreter aus den Reihen der Republikaner zu verdanken, sondern seinem unsteten Charakter. Weil er immer wieder fähige Mitarbeiter aus deren Amt entfernte, hatte er keine Mannschaft aufgebaut, mit der er das Parlament hätte ausschalten können. Was sich in der Pandemie als großes Problem zeigte, die Unfähigkeit, eine Strategie zu entwickeln und auch umzusetzen, hat wahrscheinlich die parlamentarische Verfasstheit der Demokratie gerettet. Die Republikaner waren es allenfalls in der Person des Vizepräsidenten und der Tochter des früheren Vizepräsidenten Cheney.

Die Katholiken

Nicht nur 2016, sondern auch 2020 haben jeweils etwas mehr als 50% der Katholiken republikanisch gewählt, obwohl der Kandidat der Demokraten diesmal ihrer Konfession angehört. Ob sie Trump gewählt haben, ist damit nicht gesagt. Vielleicht war ein demokratischer Kandidat für sie nicht wählbar. Früher jedenfalls gaben die irischen, italienischen und polnischen Einwanderer den Demokraten ihre Stimme. Die Republikaner orientieren sich in ihrem konservativen Schwenk an den Evangelikalen. Es gibt ein Motiv aus der calvinistischen Tradition, das neben der liberalen Wirtschaftspolitik eine große Distanz der Republikaner zur katholischen Soziallehre bedingt. In den Kommentaren wird dieser Zusammenhang nicht aufgegriffen. Der Zusammenhang klingt für euopäische Ohrensehr fremd:
Da die Calvinisten eine willkürliche Prädestination annehmen, also eine Vorherbestimmung, die bereits vor der Geburt festlegt, ob die Person in den Himmel kommt oder in die Hölle, wollen sie herausfinden, ob sie für den Himmel oder für die Hölle bestimmt sind. Erkennbar ist das für sie an ihrem beruflichen Erfolg. Denn, so der Gedankengang, warum soll die Vorsehung jemandem beruflichen Erfolg zuteilen, wenn er für die Hölle bestimmt ist. Das ist sozusagen in die DNA der USA eingegangen, denn die Calvinisten, die sich selbst Reformierte nennen, waren, anders als die Lutheraner, auch in der Schweiz und in Holland Vorreiter des Parlamentarismus. Sie bilden auch den Wurzelgrund für die evangelikalen Strömungen wie für die Prediger der Megachurches, die über Radio und Fernsehen ihre Kirchen aufgebaut haben. 
Die Gegnerschaft gegen die von Obama eingeführte Versicherungspflicht für jeden Bürger geht nicht nur von den Lobbyisten der Versicherungen aus, sondern hat auch im Vorsehungsglauben der Reformierten eine Wurzel. Diese klingt für katholische Ohren sehr verwunderlich: Wenn der Staat dem berufstätigen Bürger in Versicherungsfragen unter die Arme greift, ist für diese nicht mehr erkennbar, ob er auserwählt ist. Kinder und Senioren können dagegen staatlich versichert werden.
Die Orientierung am finanziellen Erfolg passt nicht zur katholischen DNA, wohl aber die Ablehnung der Abtreibung und die Betonung der Familie, die die Republikaner für Katholiken wählbar machen.

Warum es für Trump und viele seiner Wähler nicht mit rechten Dingen zugeht, wenn er nicht weiter im Amt bleiben kann, wird in dem vorausgehenden Beitrag erklärt: Trump Häuptling der Weißhäute
Warum Trump nicht das Zeug zum Diktator hat: Wie konnte sich Trump so betrügen lassen


Kategorie: Politik

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang