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Schulz und Lafontaine halten Rechtstrend nicht auf

Die beiden linken Parteien und die Grünen verlieren im Saarland. Was sind die Trends, die darunter deutlich werden? Gibt es eine tiefgehende Verschiebung, nicht nur im Parteienspektrum? Das Neue lässt sich nur ahnen. Sicher ist nur, dass mit Lafontaine die letzte Gallionsfigur der Achtundsechziger zum Auslaufmodell geworden ist.

Die CDU erhält 5,5 % mehr Stimmen, die AFD kommt auf 6,2%. Sie hat mehr Stimmen gewonnen als die NPD 2012, die damals auf 1,2% kam. Die Linke verliert 3,2%, die SPD und die Grünen jeweils 1%. Politikwissenschaftler analysieren, dass die Bevölkerung mehr rechts einzuordnen und die im Bundestag vertretenen Parteien im Vergleich dazu links von ihren Wählern stehen. Die Reaktion auf den Flüchtlingsstrom hat das besonders deutlich gemacht. Es ist das Versiegen des achtundsechziger Politikmodells.

Lafontaine - ein Auslaufmodell

Das Saarland musste das Ende des Kohlebergbaus und die Krise der Stahlindustrie meistern. Hatten Linke und SPD dafür ein Konzept? Für das Ruhrgebiet genauso wenig. Gelsenkirchen unterscheidet sich nicht von Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit in den Neuen Bundesländern. Die Ängste, die die Flüchtlingswelle und der islamische Terror weiter wachhalten, brauchen zumindest Verstehen. Auch wenn die AFD politisch zu bekämpfen ist, ihren Wähler müssten die Volksparteien mehr Verständnis entgegenbringen. Ein Konzept, wie die linken Parteien auf die neue gesellschaftliche und emotionale Gemengelage reagieren, ist auch bei den Grünen nicht erkennbar. Sie sind konservativ geworden. Weitere Reformen zu versprechen, überzeugt nicht. Die Sparpolitik durch weiteres Schuldenmachen zu unterlaufen, kommt auch bei den Saarländern nicht mehr an. Die Bürger haben gelernt, dass Umverteilung nicht so viel Wohlstand bringt wie eine mit der Umweltthematik austarierte Industriepolitik. Die Alternative, dass der Staat mit seinen Unternehmen eine gerechtere Verteilung des Wohlstandes nicht zustande bringt, führt der französische Nachbar eindringlich vor Augen. 

Die Saarländer, konservativ und skeptisch

Auch die Parteien, die im Parlament rechts von den Linken und der SPD Platz nehmen, haben kein Konzept, das man unbedingt wählen müsste. So hält man an der Ministerpräsidentin fest, die es "gut gemacht hat". So wie in Baden Württemberg und Rheinland Pfalz Kretschmann und Dreyer nicht abgewählt wurden. Von der Bevölkerung nicht gewollte Schulreformen hier und die Investitionsruine Nürburgring dort reichten nicht, dass die Bürger die Regierungschefs abwählten.  
 Warum aber führte der Schulz-Effekt nur zu einer höheren Wahlbeteiligung, aber nicht zu einem deutlichen Stimmengewinn seiner Partei. Das scheint, so die Einschätzung von kirchlichen Beobachtern, nicht zuletzt an der Mentalität der Saarländer zu liegen. Sie seien konservativ und "bockig". Das hieße konkret, dass sie den Trend hin zu einem Nicht-Saarländer bewusst nicht mitmachten. Daher lässt sich aus dem Muster der Stimmenverteilung dieses Bundeslandes keine Prognose für andere anstehende Landtagswahlen ableiten. Aber was sind die Themen, auf die hin Politik-Konzepte entwickelt werden könnte.

Bildung, Lebensweise und Natur wären die Zukunftsthemen 

Für jedes Land, besonders für eine Exportnation, entscheidet sich die Zukunft zu allererst an der Qualifikation und somit am Bildungssystem. Im Moment gilt die Erhöhung der Studentenzahlen als Maßgabe erfolgreicher Bildungspolitik. Das hat zur Folge, dass es mehr Studienabbrecher gibt und insgesamt das durchschnittliche Niveau der Abgänger weiter gesenkt werden muss. Wenn sich herumspricht, dass ein Industriearbeiter oder ein Handwerker mehr verdient als ein großer Teil der Rechtsanwälte, und bei einem Rückgang der Wirtschaft viele Absolventen der betriebswirtschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Studiengänge nicht mehr unterkommen, wird die Politik wieder mehr die Qualität der Abgänger in den Vordergrund rücken. 
Eine weitere Frage ist, wie wir leben wollen. Wenn die Einkommen mehr als das Überleben und die Abzahlung der Immobilie erbringt, haben die Menschen mehr Alternativen, ihr Leben zu gestalten. Nicht nur der Tourismus, sondern auch die Erhaltung der Gesundheit, das Verständnis von Kultur und damit auch von Religion sollten den Vorrang der wirtschaftlichen Fragen ablösen. Es geht darum, welche Prioritäten sich ein Land gibt. 
Hier zeigt sich dann das Problem der Grünen. Mit dem Abschalten der Kernkraftwerke und der Hinwendung zur Elektromobilität sind ihre Politikmuster verbraucht. Um was geht es aber, wenn sich ein Land auf seine Zukunft vorbereitet. Die junge Generation lebt mit den Social Media bereits in einem technischen Kokon. Totale Vernetzung, demnächst auch mit deer Schließanlage und der Heizung, ist die Zukunft, in die uns der technische Fortschritt drängt. Das hat aber die politische Konsequenz, dass der Bürger in eine ständige Überwachung durch verschiedene Systeme eingebunden ist. Ob Handyprovider, Stromversorger, der Autopilot, der den Wagen ohne Zutun des Fahrers ans Ziel bringt, der Supermarkt, der den Kühlschrank automatisch nachfüllt, das Individuum wird zu einer Funktion, das den reibungslosen Ablauf der Systeme möglichst wenig stören soll. 
Da die Grünen die Umwelt zu einer Verwaltungssache gemacht haben, indem alles in Vorschriften und ihre Durchsetzung transponiert wurden, bleiben sie dem Achtundsechziger-Modell verhaftet. Haben diese vor allem die Ausbildungswege durch einen Wust von Vorschriften ihres pädagogischen Ethos entkleidet und mit der Bologna-Reform der Freiheit des Studiums den Garaus gemacht, haben die Grünen die Natur, die ja erst einmal aus sich selbst lebt, in einen Käfig von Vorschriften eingesperrt. Es bliebe dann nur die FDP mit ihren geschichtlichen Ressourcen als Ansprechpartner zukünftiger Gestaltungsaufgaben der Politik. Aber nicht nur die Saarländer können im Moment nicht erkennen, dass die FDP sich tatsächlich für die zukünftigen Herausforderungen fit gemacht hat. Wenn es der SPD mit Martin Schulz gelingen würde, die Gerechtigkeitsmaxime mit der Anerkennung jedes einzelnen in ein politisches Konzept zu gießen, dann braucht es die Grünen und die Linken nicht mehr. Ein solches Programm lässt sich jedoch nicht erkennen, auch bei der CDU nicht. 
Als Fazit bleibt dann erst einmal nur, dass die Denkstrukturen der Achtundsechziger, auch wenn sie durch den saarländischen Sonnenkönig immer noch lebensfroh personifiziert werden, keine Ansatzpunkte für Neues bilden. Zumindest fährt er Fahrrad.


Kategorie: Politik

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