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Emotionen bestimmen die Richtlinien der Politik

Wir werden von drei Parteivorsitzenden regiert. Worum geht es Ihnen: Um eine Personalie, kein Minister mit Wählern hinter sich, sondern um einen Beamten von Ministers Gnaden. Das Wutbürgertum ist oben angekommen. "Es gibt etwas in die Fresse". Was sollen die Wähler der Mitte noch wählen?

Wenn diejenigen, die das Land am Laufen halten, an die Arbeit gehen, fühlen sie sich von der Politik verraten. Diese beschäftigt die Bürger mit ihren internen Querelen, während der Chef der Verkehrsbetriebe dafür sorgen muss, dass die Bahnen und Busse fahren, der Geschäftsführer eines Putzdienstes, dass Krankmeldungen aufgefangen werden. Der Lastwagenfahrer muss sich durch die Staus durchkämpfen, der Computerspezialist die Hackerangriffe abwehren. Es sind doch diese Menschen, die das Land zusammenhalten. Sie können sich die Emotionalisierung, die Politiker betreiben, nicht leisten.

Die Politiker kosten zu viel Nerven

Politik ist wie der Stau auf der Autobahn oder die Zugverspätung - der Bürger ist froh, wenn er ihr entronnen ist. Man gewinnt ja nichts, sondern braucht mehr Durchhaltevermögen, um das zu bewerkstelligen, wofür man sich ans Steuer gesetzt hat oder in den Zug gestiegen ist. Das ist alles AFD-Niveau. Aber was unterscheidet die Vorsitzenden von CSU und SPD noch in ihrem Politikstil von dem, den sie mit ihrer Politik erst stark gemacht haben! Welche Projekte der Politiker geben auf Chemnitz eine Antwort? Wie stehen diese Parteien den Angestellten und Arbeitern bei, die in immer neue Wellen der Digitalisierung getrieben werden und sich ausrechnen können, wann ihr Arbeitsplatz von einem Computer oder Roboter übernommen wird? Wo wird überhaupt noch gemeinsam überlegt, welche Lebenswelt wir eigentlich mit dieser Technik einrichten wollen, anstatt dass die Technik uns vor sich hertreibt?

Die Parteien haben ihre Funktion verloren

Wer kümmert sich um unsere Gesellschaft? Die Unternehmen können diese Aufgabe nicht übernehmen. Sie müssen der Konkurrenz auf dem Weltmarkt standhalten. In dem eigentlich sehr gut entworfenen Modell „Bundesrepublik“ ist das den gesellschaftlichen Gruppen übertragen, zu denen auch die Parteien gehören. Diese sitzen deshalb auch in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender. Letztere machen ihren Job gut, sie besprechen die gesellschaftlichen Fragen nicht nur in Talkshows, sondern in Fernsehspielen und großen Dokumentationen. Bei den Kirchen kann man schon fragen, ob sie überhaupt noch diese Mitgestaltung der Gesellschaft wollen. Von der katholischen Kirche bleiben die Impulse aus Rom wie in einer Schaumstoffwand stecken. Dass diese Kirche eine realistische Soziallehre, die die Fundamente der Bundesrepublik mit trägt, fortgeschrieben hat, spürt selbst der Katholik nicht mehr, der noch sonntags in die Kirche geht. Was die Ortsverbände der Parteien eigentlich machen, als mit ängstlicher Miene den nächsten Fehlgriff ihres Spitzenpersonals abzuwarten, ist die Frage. Da schaut man doch lieber in den Social Media nach? Aber da verliert man den Rest an Gestaltungswillen

Die digitalen Medien schlucken die Energien für Engagement

Beobachtet man seine Mitbürger im Zug oder Café, dann sind diese ständig auf der Suche. Das ist anders als die frühere Zeitung. Wer die aufgeschlagen hat, verschaffte sich allein durch die Anordnung der Artikel und durch die Überschriften einen Überblick. Anders das ständige Suchen, ob nicht doch etwas Interessantes, Weiterführendes auf dem Bildschirm auftaucht. Was könnten die Bürger bei den Parteien finden, wie diese mit dem wachsenden Unmut umgehen. Wer erwartet, dass Facebook&Co die Arbeit übernehmen, muss sich nur die Posts ansehen. Da vermehren sich die Unmutsäußerungen wie Grippeviren oder reduzieren sich auf "gefällt mir". Warum soll ich einem so flüchtigen Medium auch mehr als 3 Worte hinterlassen. Die Parteien wie die gesellschaftlichen Gruppen müssen realisieren, dass die Social Media keine Energie in die Gesellschaft einspeisen, sondern vielmehr absaugen. Jeder Wischer, der mir nichts bring, nimmt Energie mit. Was die Parteien auch nicht verstehen: Wenn sie den Medien, die Unmut verstärken, das Feld überlassen, gewinnt die AFD Stimmen. Ein Blick in das Grundgesetz belehrt sie über ihre Aufgabe

Politische Willensbildung ist zuerst Aufgabe der Parteien

Art. 21,1 GG heißt es: „ Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.“

Was passiert mit dem Geld, das die Parteien bekommen, damit sie politische Bildung betreiben: Das geben sie für Wahlwerbung aus. Wenn sie aber ihre eigenen Ortsgruppen nicht fortbilden, sondern diese nur besuchen, dann verlieren sie die Wahlen. Ein Blick auf die SPD genügt. Wird in der Partei über Chemnitz diskutiert? Nein, es geht weiter um höhere Sozialausgaben. Wenn die Gewerkschaften sich mit den Folgen der Künstlichen Intelligenz beschäftigen, dringt das nicht bis in die Ortsverbände durch, denn dort versammelt sich der Öffentliche Dienst. Der ist aber vor allem deshalb in der Partei, weil das die Aufstiegschancen verbessert. Daraus folgt logisch, dass die Vorsitzende nicht den Unmut der Bürger aufgreift, sondern eine Personalie aufspießt.   

Nicht Facebook, sondern Face to Face

Es braucht in jedem Ortsverband jeder Partei wie auch in jeder gewerkschaftlichen Gruppe und in jeder Kirchengemeinde das Gespräch für die Analyse, das Verstehen, die Meinungsbildung. Denn erst im direkten Austausch entsteht die Energie, auch in den öffentlichen Raum hineinzuwirken. Die Partei, die versteht, ihre Ortsverbände über die relevanten Themen ins Gespräch zu bringen, wird auch die Wahlen gewinnen. Denn ihre Mitglieder können argumentieren und damit das Meinungsklima beeinflussen. Dann sucht man für die Vorsitzenden nicht mehr Leute, die der Partei neues Leben einhauchen, sondern die das Gespräch in der Partei moderieren, weil die Energie und die Ideen aus der Partei kommen. So war es gedacht und so ist es dringend notwendig. 

Dieses Konzept hat der Publicatio e.V. , Herausgeber dieser Plattform, über den Sommer entwickelt. Wir stellen über hinsehen.net allen Gruppierungen Beiträge zur Verfügung, nicht nur, um gelesen zu werden, sondern um Gespräche vor Ort zu initiieren. Natürlich können alle mit uns solche Themen-Module entwickeln und sich die Beratung für die Umsetzung holen.

Link zu den ersten Schritten des Modulkonzepts


Kategorie: Politik

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