Wolfgang G. Schwanitz

Explizit.net ist ein aktueller Marktplatz der Ideen. Die Beiträge des katholischen Portals sind oft eigenwillig, analytisch und unabhängig. Da die Grundwerte auch in der aktuellen Globalsicht stimmen, trage ich gern dazu bei.

Geboren 1955 in Magdeburg, Studium der Arabistik und Ökonomie in Leipzig bis 1982. Dort promoviert. Dann Forschungsgruppenleiter für Geschichte des Nahen und Mittleren Osten an der Akademie der Wissenschaften in Ostberlin. Seit der deutschen Einheit als Mittelosthistoriker Forschung und Lehre in Amerika, Mittelost und Europa über die Beziehungen dieser drei Regionen sowie über Araber, Amerikaner, Juden und Deutsche. Autor von vier und Editor von zehn Bänden zur mittelöstlichen Beziehungsgeschichte, darunter deutsche Islam- und Mittelostpolitik.

Beiträge von Wolfgang G. Schwanitz

Ja zur Verfassung und Moderne am Nil

(explizit.net) Ein kräftiges Mandat erhielt die Kairiner Übergangsregierung unter Adli Mansur, ihren „Fahrplan zur Demokratie“ zu verfolgen. Mittwoch stimmten 98 Prozent der Ägypter bei Wahlen dem Grundgesetz zu, wobei laut Wahlkomitee vom Samstag 39 Prozent der 53 Millionen Wähler votierten. Dies gegenüber 33 Prozent bei der islamistischen Verfassung im Vorjahr, die nur 64 Prozent bejahten. Im Vorfeld des Votums, das Islamisten samt den Muslimbrüdern – auf Terrorindex – boykottierten, trat der Koptenführer auf. Tawadurus II., der das Landeszehntel dieser Christen anleitet, warb für diesen Grundgesetzentwurf. Ein Staat wie Ägypten wird sich besonders daran messen lassen, wie er seine Minoritäten gleichstellt, die seit der Lotusrevolte vom 25. Januar 2011 unter extremistischer Gewalt gelitten haben.

Neue Berliner Aktionen für Mittelost

(explizit.net) Es beginnt ein Risikojahr im Regionaldreieck Amerika, Mittelost und Europa. Nach Israel reist Kanzlerin Angela Merkel Ende Februar auf Einladung des Premiers Benjamin Netanjahu im Rahmen jährlicher Konsultationen. Beide hatten am Donnerstag miteinander telefoniert. Sie haben viel zu bereden, zumal der Übergangspakt der sechs Mächte mit Iran am 20. Januar auf ein halbes Jahr in Kraft treten soll. Teheran akzeptiert darin, seine Nuklearaktivitäten zu begrenzen. Im Gegenzug lockern jene sechs Staaten das Embargo. In dem Halbjahr soll ein dauerhaftes Abkommen für den Verzicht auf das militärische Atomprogramm durch Iran verhandelt werden. Überwachen wird das die Internationale Atomenergie-Organisation der Vereinten Nationen (IAEA). Inzwischen gingen die Entwürfe der Übereinkunft auch nach Berlin, Bejing, London, Moskau, Paris und Washington. Die Abstimmung dazu zwischen Amerika und Israel ist diesmal wohl etwas besser gelaufen.

Amerika, Mittelost, Europa 2013

(explizit.net) Wer auf das Vorjahr in Amerika, Mittelost und Europa zurückblickt, mag erahnen, was in diesem weltpolitischen Dreieck ansteht. In „Amitteuro“ tobt viel Krieg. Höchste Zeit, das zu stoppen – laut Papst Franziskus in seiner Neujahresbotschaft am Mittwoch. Im Vatikan meinte er vor Tausenden auf dem St. Petersplatz am Weltfriedenstag, jeder bemühe sich, mit eine wahrhaft gerechte und fürsorgende Gesellschaft zu erbauen. Endlich folgen für die Christen in Mittelost konkrete Taten.

Nächsten Montag tagt die Päpstliche Akademie dazu, wie man in Syrien Waffenruhe erzielen und der Christenverfolgung begegnen kann. Wohl treten Tony Blair aus London und Muhammad al-Baradai aus Kairo auf, zumal am 22. Januar der Genfer Dialog zwischen Damaskus und seinen Oppositionellen ansteht. Könnte der Papst nicht viel mehr seiner Potenziale auf diese Not in Mittelost richten?

Kairo nennt Muslimbruderschaft Terrorverein

Mittwoch hat Ägyptens Regierung die Muslimbruderschaft zum Terrorverein erklärt. Das Fass lief über, als am Vortage ein Bombenanschlag im Polizeihaus al-Mansuras 16 Tote und etwa hundert Verletzte forderte. Gerade am Heiligabend stürzte das Gebäude in jener Stadt im Nildelta durch die Wucht der Detonation ein. Kairo stellt Muslimbrüder und ihre Zweige als Drahtzieher dar. Damit schließt sich ein Kreis: die Regierung des Staates, wo 85 Jahre zuvor die Muslimbruderschaft als politische Moschee-plus-Machtbewegung im Zug der deutsch-osmanischen Jihadisierung des Islam im und nach dem Ersten Weltkrieg aufkam, will durch die Terroreinstufung diese Art des Mißbrauchs der Religion beenden. Hunderte Muslimbrüder wurden arretiert, deren Helfer die „Woche des Zorns“ ausriefen.

Weihnachten in Hawaii und Philadelphia

(explizit.net) Am Tag vor der Wintersonnenwende gab Präsident Obama seine letzte Presskonferenz im Jahr. Im Weißen Haus wäre er vor dem Hawaiiurlaub nicht aufgetreten, hätte es nicht etwas Positives gegeben: die Wachstumsrate für Amerikas Wirtschaft erlangte im dritten Quartal 4,1 Prozent. Arbeitslosigkeit fiel von 7,8 auf sieben Prozent. Wohl lässt sich über Daten trefflich streiten. Jedoch genügten sie Barack H. Obama, auf einen Durchbruch im Aufschwung für das nächste Jahr zu hoffen. Der miese Punkt: Tiefststand von Sonne und Präsidialpopularität fielen zusammen: in nur einem Jahr verkehrten sich die Daten. Laut CNN bejahen Obama jetzt 41 Prozent, aber gar 56 Prozent lehnen seine Amtsführung ab.

Lawrence versus Oppenheim von Arabien

(explizit.net) Sonntag verstarb Peter O’Toole in London, Hauptakteur in „Lawrence von Arabien“. Der Hollywoodfilm, der ein Jahr nach dem Bau der Berliner Mauer aufkam, hat ihn berühmt gemacht. Angelehnt an sein Buch „Die sieben Säulen der Weisheit“, erhielt dieses Drama in der Wüste im Folgejahr sieben Oscars. Noch heute können sich viele Zuschauer dem Charm der Hauptdarsteller O’Toole und Omar Scharif kaum entziehen. Der Ire mit den lichtblauen Augen und der vom Christentum zum Islam konvertierte Ägypter mit seinem Traumblick bleiben attraktiv, wobei Scharif als „Doktor Schiwago“ noch mehr einschlug.

Streit um Iran und Syrien

(explizit.net) „Warum nicht“, sagte Israels Präsident Schimon Peres am Sonntag auf die Journalistenfrage, ob er sich wohl mit seinem iranischen Gegenüber Hasan Ruhani treffen würde. Das wäre keine Frage der Persönlichkeiten, sondern der Politik. Das Ziel sei es, Feinde in Freunde zu verwandeln. Es habe einmal eine Zeit gegeben, in der man sich zum Beispiel nicht mit Yasir Arafat traf, bis dann dessen Organisation Israel anerkannt habe. Nun möge man alle Bemühungen darauf richten, dass Iran keine nukleare Gefahr für die gesamte Welt werde.

Rezension: "Anfang und Ende" von Nagib Machfus

(explizit.net) Anfang und Ehre am Nil

Sie mögen den Schlag wie Männer ertragen, sagte der Direktor der Taufiqiyya-Schule zu Husain und Hasanain aus der 4d und der 3c. Vater tot? „Unmöglich!“, schrie der Jüngere. Vor zwei Stunden sah er den Vater noch gesund, als er sich für das Ministerium fertig machte. Aber es half nichts, er starb binnen Minuten an Herzversagen. So erzählt uns Najib Mahfuz den Beginn eines fast alltäglichen Familiendramas in Kairo. Der Novelist verfolgt, wie die mittelose Mutter samt fünf Kindern in den 1930er Jahren der Armut zu entrinnen sucht und dann doch viel verliert, darunter einen Sohn und die einzige Tochter.

Genfer Atompakt mit Iran

(explizit.net) Amerika samt engen Alliierten und Freunden ging Schritt eins für eine Gesamtregelung des Nuklearprogramms der Islamischen Republik Iran. Samstagabend erklärte Präsident Obama im Weißen Haus noch, die Sanktionen und die Wahl des neuen Präsidenten Ruhani hätten dafür den Weg eröffnet. Bilateral und als Staatengruppe P5+1 habe die Diplomatie heute die Welt sicherer gemacht: Bald könne man überprüfen, ob Irans Atomprogramm friedlich sei und dass es keine Nuklearwaffe bauen kann. Indes bestreitet Israels Premier Benjamin Netanjahu all dies. Im Gegenteil, der Genfer Pakt wäre ein historischer Fehler.

Absage der Sklaverei in Mauretanien

Mauretanien macht wieder Schlagzeilen wegen der Sklaverei. Am nordwestafrikanischen Atlantik zwischen Senegal, Marokko und Algerien gelegen, erheben sich dort Stimmen gegen diese unhumane Praxis. Verbreitet sind Haussklaverei, besonders an Frauen und Kindern. Doch nicht nur aus dem eigenen Land, sondern auch aus Mali wie Mittelafrika. Zudem ist Mauretanien, dreimal so groß wie Deutschland, ein Transitweg in das übrige Afrika und in anderen Kontinente. Mit ihrer neuen Kampagne offenbaren Aktivisten und Offizielle in Nuakshut, was für ein Problem diese übliche Haushaltung von Unfreien ist.

Zum Seitenanfang