Anlässlich der Weltsynode 2024 haben die Online-Portale www.explizit.net und www.kath.de eine Artikelserie zum Thema "Synodalität von Kirche" gestartet.
"Ruhrbischof" Franz-Josef Overbeck gehörte zu den 368 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus allen Erdteilen, die an den fast vierwöchigen Beratungen über "Synodalität von Kirche" im Vatikan teilgenommen haben.
1. Die Weltsynode hat am letzten Samstag ein Abschlussdokument beschlossen, welches Papst Franziskus überraschend eins zu eins übernommen hat. Wie bewerten Sie dessen Inhalt? Was hatten Sie erwartet? Was hat sie nicht erwartet?
Bischof Overbeck: Das vom Papst bemerkenswerterweise direkt in Kraft gesetzte Abschlussdokument durchzieht die Perspektive der Umkehr. Umkehr in Beziehungen, Umkehr in Bindungen und Umkehr in Prozessen. Nicht nur, aber vor allem unter dem letztgenannten Punkt haben wir viele Themen diskutiert, die auch Gegenstand des synodalen Weges der Kirche in Deutschland waren. Beispiele sind hier etwa Rechenschaftspflichten kirchlicher Verantwortungsträger oder die strukturelle Ausgestaltung von Synodalität in Mitwirkungsgremien.
Das Abschlussdokument hebt sehr deutlich hervor, dass die Verantwortung für die Entwicklung dieser Instrumente und Strukturen vor allem bei den Ortskirchen liegen muss und liegen soll. Diese Form der Dezentralisierung halte ich für richtig und geboten. Überaus wichtig ist darüber hinaus, dass neben der Perspektive der Betroffenen von sexualisierter Gewalt, die stärker Gehör finden soll, im Abschlussdokument endlich auch die verschiedenen schrecklichen Formen des Missbrauchs klarer als systemisches, strukturelles Problem und damit als bleibende Herausforderung beschrieben bzw. begriffen wird.
2. Nach vier Wochen Beratungen in der Synodenaula: Welche drei Themen nehmen Sie aus Rom mit nach Hause und welchen Einfluss könnten diese Themen auf die synodalen Prozesse in Deutschland (z.B. beim "Synodalen Ausschuss") haben?
Bischof Overbeck: Hier sehe ich drei Metathemen.
Erstens geht es darum, die Rechte von Frauen in der Kirche zu stärken. Dieses Thema ist mit Blick auf die Zugangsmöglichkeiten für Frauen zum diakonalen Dienst überaus kontrovers diskutiert worden. Wir haben uns zumindest darauf verständigen können, dass diese Frage offenbleibt.
Ein Zweites ist die Verstetigung von Synodalität als modus vivendi et operandi der Kirche, also ein konstitutiver Teil ihres Lebens und Wirkens. Was das konkret heißt, wird von Ortskirche zu Ortskirche anders aussehen, aber faktisch kommen wir glücklicherweise weltkirchlich nicht mehr hinter das synodale Prinzip zurück.
Und ein drittes Thema die eben bereits genannte Dezentralisierung. Im Abschlussdokument wird die Notwendigkeit einer sinnvollen Dezentralisierung der Kirche betont, die Vielfalt in Einheit ermöglichen soll. Der Fokus liegt sehr stark auf den Ortskirchen, für die es in Zukunft mit Sicherheit mehr Handlungsspielräume geben wird.
3. Sie haben einen "Gemeinsamen Rat" eingerichtet, um den synodalen Prozess im Ruhrgebiet und märkischen Sauerland umzusetzen. Wie bewerten Sie den bisherigen Prozess und welche weiteren synodalen Schritte sind im Bistum Essen geplant?
Bischof Overbeck: Wir stehen gerade erst am Anfang dieses Prozesses. Auf der nächsten Sitzung des "Gemeinsamen Rates" sowie in weitern Gremien werde ich u.a. die Inhalte des Abschlussdokumentes vorstellen. Dann werden wir gemeinsam beraten, wie weitere synodale Schritte im Bistum Essen aussehen könnten. Ich würde es nicht als besonders synodal empfinden, jetzt als Bischof direkt Veränderungen zu präsentieren.
Hinweis: Das Abschlussdokument der Weltsynode 2024 ist in einer deutschen Arbeitsübersetzung auf der Website der Deutschen Bischofskonferenz verfügbar.
Das Interview führte Christian Schnaubelt - Chefredakteur und Herausgeber von kath.de.
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