Der Beginn des Mangels
Knappe Kassenlage bei der gesetzlichen Krankenversicherung vor ca. 30 Jahren führte dazu, dass die Leistung begrenzt wurde. Die Einnahmen konnte bzw. wollte man bei der Finanzierung über Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteil bzw. durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt nicht weiter erhöhen. Dieses Vorgehen bremst die Einführung neuer medizinischer Therapien und Medikamenten, wenn sie teurer sind. Verschärft wurde die Knappheit durch „fachfremde“ Leistungen an Nichtbeitragszahler im Rahmen der Wiedervereinigung, kostenlosen Mitversicherungen von Familienmitgliedern oder aktuell in der Flüchtlingshilfe.
Der philosophische Überbau über die Mangelverwaltung
Nach diesen Vorgaben scheinen Einsparungen unabdingbar. Diese erfolgen in der Regel nicht über Ausschluss von Leistungsempfängern, sondern über die Summen, die für die Leistungen verwendet werden. Die „notwendigen“ Einsparungen werden, um nicht die Versicherten zu beunruhigen, mit dem Narrativ hinterlegt: Neuerer medizinische Entwicklungen bringen oft keinen Vorteil, sondern sind nur teuer.
Aus der Idee der Versicherung, die sich auch in den Berechnungen neiderschlägt, ist dies aber kaum mehr eine Versicherung. Eine solche basiert immer auf dem Prinzip der Gleichheit der Leistungen mit dem der Beiträge. Der sehr begrenzte und variable Leistungsumfang wird damit eine Zuteilung nach Kassenlage und weniger nach medizinischer Notwendigkeit.
Die Felder der Einsparung
Eine der Möglichkeiten zu sparen wird immer noch wenig verfolgt; die Konzentration der Krankenhäuser und die massive Reduzierung von Krankenbetten. Die letzte Stellungnahme Leopoldina von Oktober 2016 und auch der Vergleich mit Ländern mit höherer Lebenserwartung zeigt, dass die immer noch hohe Zahl von Krankenhausbetten und die geringe Konzentration und Spezialisierung der Krankenhäuser die Lebenserwartung der Bevölkerung senkt. Das politische Narrativ des Krankenhauses vor Ort pflegen offensichtlich noch immer viele Politiker.
Ein Feld, bei dem massiv Einsparungen gesucht werden, ist das der Medikamente. Hier lautet das Narrativ: Pharmafirmen sind vor Allem – oder eher nur - am Gewinn interessiert. Neu entwickelte Medikamente bringen kaum Nutzen. Generika, also seit langem entwickelte Medikamente ohne Patentschutz, die bei den Herstellern in der Bilanz schon abgeschrieben sind, reichen.
Dazu führte die Politik Regelungen wie das „aut idem“ also nur das Verschreiben eines Wirkstoffs ein. Unter der Regierung Schröder wurde das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) eingeführt. Dies kann jetzt wissenschaftliche Publikationen dahingehend „überstimmen“ und damit außer Kraft setzen, dass das Medikament oder die Methode für den „Kassenpatienten“ anzuwenden sei.
Beispiel für Behinderung des Marktzugangs: Medikamente zur Blutverdünnung
Ein Beispiel für dieses Vorgehen zeigte die Frage des geeigneten Medikaments zur Blutverdünnung. Blutverdünner kommen im Umfeld von Herzrhythmusstörungen und Schlaganfall aber auch als Prophylaxe zu einer weit verbreiteten Anwendung.
Bei den sehr weit verbreiteten Blutverdünnern gibt es neue Entwicklungen, so Pradaxa, Xarelto, die das alte und mit vielen operativen Problemen behaftete Medikament Marcomar ablösen könnten. Liest man die Stellungnahmen der US-Gesundheitsbehörde so werden dort Schwierigkeiten mit dem neuen Medikament genannt auch mit Wechselwirkung mit anderen Implantaten, aber dennoch wird ein Behandlungsvorteil festgestellt. Die Gesundheitsbehörde der USA, die „Food and Drug Administration“ ist über fast jeden fachlichen Zweifel erhaben. So gab es in den USA kaum Medikamentenskandale wie in Deutschland (z.B. Contergan-Skandal). Auch Herzimplantate werden weit besser geprüft als in Deutschland, wie viele Kardiologen bestätigen.
Spricht man mit Hausärzten diese Thematik an, so berichten diese, dass die Verschreibung von Pradaxa für gesetzliche Versicherte auch budgetär „begrenzt“ sei. Medial wird diese Verschreibungspraxis von Marcomar mit dem Schlechtreden der neuen Medikamente begleitet. Patienten, in der Regel ältere Personen, müssen damit bei Marcomar weiter regelmäßig ihre Gerinnungswerte testen lassen, ihre Ernährung anpassen mit gesundheitlichem Nachteil und die Gefahr des Verblutens bei Fehlanwendung und Verletzung kommt noch dazu.
Mehr Transparenz über die Kosten
Die Frage der Kosten im Gesundheitswesen ist endlich transparenter zu führen. Neue Medikamente, die teuer sind. Deren Nutzen und Kosten sollten gesellschaftlich diskutiert werden. Dem widerspricht der Verzicht und das Schlechtreden neuer Medikamente oder Therapien wegen angespannter Kassenlage.
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