- ein Artikel im Rahmen des explizit.net - Monatsthemas "(Digitales) Lesen 2025" in Kooperation mit dem Portal www.kath.de -
Der deutsche Buchmarkt 2025 in Zahlen
Der deutsche Buchmarkt zeigt sich im Jahr 2025 in einer widersprüchlichen Verfassung: Während die Branche ein moderates Umsatzwachstum von 1,8 Prozent im Jahr 2024 verzeichnen konnte, verbirgt sich hinter dieser vermeintlich positiven Entwicklung ein tiefgreifender Strukturwandel, der das Gesicht der Buchbranche grundlegend verändern wird. Die 77. Frankfurter Buchmesse, die vom 15. bis 19. Oktober 2025 ihre Pforten geöffnet hat, versucht Antworten auf den Spagat zwischen Traditionen und digitaler Zukunft zu finden.
Umsatzwachstum bei schwindendem Kundenstamm
Die reinen Zahlen können durchaus Anlass zu Optimismus geben: Mit einem Gesamtumsatz von 9,88 Milliarden Euro im Jahr 2024 konnte die Branche ein Plus von 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielen. Doch ein genauerer Blick offenbart: Die Inflation lag 2024 bei 2,2 Prozent, was bedeutet, dass das nominale Umsatzwachstum real einen Rückgang darstellt. Dazu kommt, dass der deutsche Buchmarkt im letzten Jahr 500.000 Käufer verloren hat – verglichen mit 2013 sind es sogar 11,5 Millionen Lesende, die nicht mehr zum Buch greifen.
Die Absatzzahlen verstärkten den negativen Trend: Vom ersten Halbjahr 2024 bis zum ersten Halbjahr 2025 verzeichnete der Buchmarkt einen Absatzrückgang von 6,1 Prozent. Das bedeutet konkret: Weniger Kunden kaufen mehr Bücher zu höheren Preisen. Der Umsatzanstieg wird vor allem durch Preissteigerungen getragen, nicht durch eine gestiegene Nachfrage. Diese Entwicklung deutet auf strukturelle Probleme bei den Produktions-, Distributions- und Lohnkosten hin, die dauerhaft nicht allein durch Preisanpassungen auf dem Rücken der Leserinnen und Leser kompensiert werden können.
Das Buchhandlungssterben geht weiter
Eine besorgniserregende Entwicklung zeigt sich zudem beim stationären Buchhandel. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Buchhandlungen in Deutschland binnen fünf Jahren um 24 Prozent gesunken – von rund 3.930 Unternehmen im Jahr 2018 auf etwa 2.980 im Jahr 2023. Dies bedeutet konkret: Fast jeden zweiten Tag verschwand im Schnitt eine Buchhandlung aus dem Straßenbild. Die Zahl der Beschäftigten sank im gleichen Zeitraum um 19 Prozent von etwa 28.000 auf rund 22.620 Personen.
Die Gründe für dieses Sterben der Buchhandlungen sind vielfältig. Paradoxerweise verzeichnete der stationäre Buchhandel trotz dieser dramatischen Entwicklung 2024 ein Umsatzplus von 0,6 Prozent und erreichte 4,079 Milliarden Euro. Dies deutet tendenziell darauf hin, dass vor allem größere Ketten und effizient wirtschaftende Buchhandlungen überleben, während kleinere, inhabergeführte Geschäfte verschwinden.
Die digitale Spaltung des Marktes
Der Internetbuchhandel, zu dem auch das Online-Geschäft stationärer Händler zählt, verzeichnete 2024 einen Umsatzanstieg von 4,4 Prozent auf 2,509 Milliarden Euro. Sein Marktanteil stieg auf 25,4 Prozent. Diese Entwicklung zeigt sich besonders deutlich an der Dominanz einzelner Plattformen: In Deutschland gaben 62 Prozent der befragten Lesenden an, in den letzten zwölf Monaten bei Amazon Bücher gekauft zu haben. Der Online-Buchhandel wächst damit unaufhaltsam und setzt den stationären Handel unter erheblichen Druck.
Dennoch bleibt der stationäre Buchhandel mit einem Umsatz von über vier Milliarden Euro der größte Vertriebsweg. Viele Buchhandlungen haben darauf reagiert, indem sie ihr Geschäftsmodell veränderten: Sie wurden zu Erlebnisorten. Durch Lesendencafés und Events versuchen sie eine Nähe zu den Leserinnen und Lesern aufzubauen. Zudem gibt es weitere Versuche zur Verzahnung von digital und stationär, etwa durch "Click-and-Collect"-Angebote, die aus der Nische herauswachsen.
Generationenwechsel und neue Zielgruppen
Eine der hoffnungsvollsten Entwicklungen des deutschen Buchmarktes ist die wachsende Buchbegeisterung junger Menschen zwischen 16 und 29 Jahren, über die die Portale explizit.net und kath.de bereits im letzten Jahr zur Frankfurter Buchmesse 2024 berichtet haben. Knapp ein Drittel dieser Altersgruppe zählt mittlerweile zur aktiven Käuferinnen- und Käufererschaft.
Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Phänomen "BookTok". Die Social-Media-Plattform TikTok hat sich zu einem relevanten Faktor für den Buchmarkt entwickelt. Unter Hashtags wie #BookTok und #TikTok made me buy it werden Bücher vorgestellt. Mitte 2024 hatte #BookTok über 250 Milliarden Aufrufe. Laut einer Umfrage der Publishers Association gaben fast zwei Drittel (59 Prozent) der 16- bis 25-Jährigen an, dass ihnen #BookTok geholfen habe, eine Leidenschaft für das Lesen zu entwickeln. Der stationäre Handel reagiert auf diesen Trend mit eigenen #BookTok-Regalen und -Aufstellern sowie -Events.
Auch das Interesse an englischsprachigen Büchern ist stark gestiegen. Verlage haben ihre Strategien angepasst und investieren nun mehr Zeit in Details wie Farbschnitte und Veredelungen, da Bücher in der jungen Zielgruppe zunehmend auch als dekorative Objekte betrachtet werden.
Verschiebungen im Sortiment - Audio der größte Gewinner
Die Entwicklung einzelner Sparten zeigt deutliche Verschiebungen im Lesendenverhalten: Die Belletristik war 2024 mit einem Anstieg von 4,3 Prozent der Umsatztreiber und hat einen Anteil von fast 37 Prozent am gesamten Buchmarkt. Auch Kinderbücher (plus 8,8 Prozent) und Jugendbücher (plus 3,8 Prozent) verzeichneten Zuwächse. Besonders Thriller, Romance, Fantasy und Manga zählen zu den größten Umsatztreibern und erschließen neue - junge - Zielgruppen.
Im Gegensatz dazu wurden deutlich weniger Ratgeber (minus 4 Prozent) und Reisebücher (minus 8,6 Prozent) verkauft. Auch Sachbücher in den Bereichen Geisteswissenschaften, Kunst, Musik, Naturwissenschaften, Medizin, Informatik, Technik, Sozialwissenschaften, Recht und Wirtschaft haben einen deutlichen Umsatzrückgang zu verzeichnen.
Ein bemerkenswertes Phänomen ist der wachsende Anteil von "Backlist"-Titeln: Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der verkauften Bücher sind mittlerweile "Backlist"-Titel, also ein Jahr oder mehr vor dem Kauf erschienen. Dies ist ein Zeichen für die Stabilität des Marktes und die zeitlose Relevanz der Inhalte. Zudem boomt der Audio-Bereich weiter, befördert von digitalen Absatzwegen undf steigen Buchpreisen.
Hinweis: Weitere Berichte zur Frankfurter Buchmesse 2025 und zum deutschen Buchmarkt folgen in den nächsten Tagen hier auf explizit.net und in unserem Partnerportal www.kath.de.
Weitere Informationen zur Frankfurter Buchmesse 2025 gibt es auf dieser Website.
Christian Schnaubelt
(Chefredakteur und Herausgeber der Portale www.explizit.net und www.kath.de)
Foto: pixabay
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