Frankfurter Buchmesse 2025 - Foto: Christian Schnaubelt

Prof. Thomas Söding - Foto: Thomas Peter Bongard / ZdK

Buchrezension: "Wohin will die katholische Kirche?"

Anlässlich der Frankfurter Buchmesse 2025 veröffentlichen die Portale explizit.net und kath.de Rezensionen und Empfehlungen zu in diesem Jahr erschienenden Büchern. Heute bespricht Chefredakteur Christian Schnaubelt - passend zum Synodalteamjubiläum vom 24.-26. Oktober in Rom - das Buch "Wohin will die katholische Kirche? Die Weltsynode und Papst Leo XIV." von Prof. Thomas Söding.

- ein Artikel im Rahmen des explizit.net - Monatsthemas "(Digitales) Lesen 2025" in Kooperation mit dem Portal www.kath.de -  

Die katholische Kirche steht am Scheideweg. Die Frage, wohin sie sich im 21. Jahrhundert entwickelt, ist nicht nur theologisch, sondern kirchenpolitisch und global. 

Prof. Thomas Söding, Neutestamentler und Mitglied des "Synodalen Wegs" sowie Vizepräsident des ZdK, legt mit „Wohin will die katholische Kirche?“ ein 584 - Seiten starkes Buch vor, das präzise analysiert, klug abwägt und deutlich Position bezieht. Der theologische Berater der Weltsynoden 2023 und 2024 in Rom kommt dabei zu einem klaren Befund: "Ohne eine synodale Erneuerung wird die Kirche an Relevanz verlieren."

Ein "epochaler Umbruch" und eine "Verfassungskrise"

Söding sieht in der Weltsynode unter Papst Franziskus einen „epochalen Umbruch“ – vergleichbar in seiner Bedeutung mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Die Kirche sei mit einer „Verfassungskrise“ konfrontiert, ausgelöst durch eine jahrzehntelange Überbetonung der Hierarchie. „Die Überhöhung klerikaler Gewalt weltweit hat das Bischofsamt ins Mark getroffen“, schreibt Söding. Die Konsequenz: Machtmissbrauch, Vertrauensverlust, Austritte. 

Doch der Autor bleibt nicht bei der Diagnose stehen. Er zeichnet eine theologisch fundierte Vision der Synodalität, die nicht als Modethema oder Steckenpferd von Papst Franziskus und der deutschen Kirche zu deuten ist, sondern als kirchliche Grundstruktur verstanden werden sollte. „Nicht gegeneinander, sondern miteinander“ – so bringt Söding das synodale Prinzip auf den Punkt.

Spannungsfelder und Chancen

Besonders detailiert arbeitet Prof. Söding drei Grundspannungen heraus, die aus seiner Sicht alle Reformprozesse durchziehen:

Einheit und Vielfalt: Die Kirche wächst weltweit in unterschiedlichen Kontexten. Die zentrale Herausforderung: „Die katholische Kirche als Weltkirche zu verstehen, ohne in Zentralismus zu verfallen.“

Gottesvolk und Hierarchie: Die Hierarchie dürfe nicht abgeschafft, müsse aber eingehegt werden. Der Ruf nach einer Stärkung der Laien ist unüberhörbar.

Identität und Öffnung: Mission und Dialog schließen einander nicht aus. Vielmehr müsse die Kirche lernen, zuzuhören, bevor sie spricht.

Södings Analyse bleibt dabei nicht abstrakt, sondern bezieht sich konkret auf die Beschlüsse und die dadurch angestoßenen Entwiklungen in der katholischen Kirche. Auf Deutschland bezogen sieht der Autor im "Synodalen Weg" - den er als Teil des Präsidiums aktiv mitgestaltet hat - zwar eine "Vorreiterrolle", betont aber gleichzeitig, dass „dieser spezifisch deutsche Zugang kein Sonderweg sein darf, sondern Teil eines weltweiten Aufbruchs ist“.

Ein neuer Papst – und die Frage der Kontinuität

Der überraschende Tod von Papst Franziskus 2025 und die Wahl von Leo XIV. haben das Szenario im Vatikan verändert. Söding ist überzeugt, dass auch unter dem neuen Pontifex der Reformkurs fortgesetzt wird. „Er ist seiner Geschichte treu geblieben“, konstatiert er mit Blick auf Leo XIV., der wie Franziskus auf synodale Prozesse und geistliche Unterscheidung setze. Doch auch hier bleibt der Autor als  Kenner der römischen Kurie realistisch: Ohne Unterstützung des Papstes „gibt es keine Erneuerung der katholischen Kirche“. Die Reform hänge nicht nur vom Willen der Basis ab, sondern auch vom Mut der Spitze, betont Prof. Söding. 

Fazit: "Synodalität ist keine Option, sondern die notwendige Antwort auf die Krise der Kirche."

Södings Buch liest sich wie ein Brief an die Weltkirche – mit klaren Worten und ohne den "Synodalen Weg" in Deutschland zu "überhöhen" oder die Herausforderungen bei der Umsetzung zu verschweigen. Seine zentrale Botschaft lautet: Synodalität ist keine Option, sondern die notwendige Antwort auf die Krise der Kirche. „Die synodale Erneuerung, wie Leo XIV. sie – ganz im Sinn seines Vorgängers Papst Franziskus – versteht, kommt aus dem Herzen des Glaubens selbst.“

Ob die Kirche diese Chance ergreift, bleibt offen. Thomas Södings lesenswertes Buch ist dazu ein klarer Appell.

Lesetipp zum Buch:

Jubiläum der Synodalteams vom 24.-26. Oktober 2025 in Rom

https://explizit.net/kirche/artikel/andres-viele-menschen-aus-allen-kontinenten-wuenschen-veraenderungen-in-der-kirche/


Informationen zum Buch: 


Wohin will die katholische Kirche? Die Weltsynode und Papst Leo XIV." von Thomas Söding
Verlagsgruppe Patmos / Grünewald - Verlag
ISBN: 978-3-7867-3399-7

https://shop.verlagsgruppe-patmos.de/wohin-will-die-katholische-kirche-303399.html 

Infomationen zum Autor:

Dr. Thomas Söding ist Seniorprofessor für Neues Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. 2004–2014 war er Mitglied der Internationalen Theologischen Kommission im Vatikan. Er ist Berater der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz. Seit 2021 ist er Vizepräsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken. Er war berufener Experte mehrerer Weltsynoden. (Quelle: Grünewald-Verlag)

Christian Schnaubelt
(Chefredakteur und Herausgeber von explizit.net und kath.de)


Kategorie: Medien

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