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Keine Eucharistiefeier, keine Priester, nicht umgekehrt

Die Rolle, ja die Unentbehrlichkeit des Priesters ist für die Katholische wie für die Orthodoxen Kirchen fundamental. Nur mit einem Priester ist Eucharistie möglich. Umgekehrt ist der Priesterberuf durch die Eucharistie bestimmt. Gibt es vielleicht deshalb immer weniger Priester, weil die Messe die Gläubigen nicht mehr anzieht? Oder passt das Priesterbild nicht mehr in die Zeit?

Macht die Eucharistie den Priester unangreifbar?

Die Rolle des Priesters ist innerhalb der Katholischen Kirche fraglich geworden. Das muss auch mit der Eucharistie zusammenhängen. Denn der Priester ist durch die Eucharistie erst Priester. Er hat auch weitere Aufgaben, u.a. zu predigen, aber seine Rolle wird dadurch nicht in der Weise wie in den Evangelischen Kirchen bestimmt.
Gerade in Deutschland gibt es eine Unzufriedenheit mit den Priestern. Diese wird als Machfrage thematisiert. Eine Last ist die nun ins 12. Jahr gehende Auseinandersetzung mit dem sexuellen Missbrauch. Weiter ist es immer weniger einsichtig, warum Frauen nicht die Priesterweihe empfangen können. Vielleicht liegt darunter noch eine über Jahre angewachsene Entfremdung von der Praxis, Messe zu feiern und die Hostie zu verehren. Und darunter vielleicht noch ein Ungenügen in Bezug auf die Kompetenz des Priesters, nämlich ob es von ihm und seiner Weihe abhängt, dass aus dem Stück Brot Leib Christi wird. Wandlung wird das im katholischen Kontext genannt. Weil der Priester hier „etwas kann“, genießt er auch einen Vorrang vor den Gläubigen. Er ist irgendwie anders. Jedoch ist dieser Status mit den immer noch nicht aufgearbeiteten Missbrauchsfällen wohl verloren gegangen. Es ist aus dem Stand nicht möglich die Gemengelage so zu entwirren, dass die zentrale Problematik deutlicher wird. Hier wird eine mögliche Tiefenbohrung vorgenommen., nämlich zu dem Zusammenhang von Eucharistiefeier und Priesterrolle. Das legt auch ein Rückblick nahe. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhudnerts gab es so viel Priesternachwuchs, dass ein Bischof fast nicht mehr jeden mit einer Aufgabe betrauen konnte. Dasselbe wird heute aus der Ukraine berichtet, wo sich sehr viele junge Männer seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion für dieses Amt melden. 

Priesterliche Vollmacht

Wenn der Priester durch die Messe seinen besonderen Status erhält, dann hängt dieser Statusdavon ab, was er mehr kann als die anderen Katholiken und Katholikinnen. Könnte es sein, dass sich hier etwas verändert hat?
Was dem Priester vorbehalten ist, sind die Worte Jesu, die er über Brot und Wein spricht. Er handelt anstelle, „in persona Christi“. Nur wenn er diese Worte spricht, bleibt das Brot nicht mehr Brot, sondern wird zum Leib Christi. Das Konzil von Florenz (1439) spricht von einer „potestas consecrandi“, also einer Vollmacht, die auch das bewirkt, was der Priester sagt. Gehen aber die Katholiken noch davon aus, dass die Hostie nicht mehr bloß ein Stück Brot ist? Kann eine vom naturwissenschaftlichen Denken geprägte Kultur das überhaupt zulassen? Woher hat der Priester diese „Potestas“, die Handlungsvollmacht? In einer demokratischen Gesellschaft wird eine „Potestas“ von den jeweiligen Wählern übertragen. Hier erhält ein Mensch nicht nur Unterschriftsvollmacht, sondern kann in dem Bereich, der eigentlich Gott zusteht, etwas bewirken. Damit ist er, anders als der evangelische Pfarrer, der Kontrolle seiner Gemeinde entzogen. Also ein Machtanspruch, der nicht demokratisch zustande kommt. In diesem Gebälk gibt es Verschiebungen, die das ganze Gebäude ins Wanken gebracht haben. Es ist dann auch zu analysieren, welche Funktion das Zölibat in diesem Gefüge zukommt.

Nach katholischer Auffassung handelt der Priester anstelle von Jesus

Es geht ja nicht nur um die Worte, die der Priester sprechen darf, sondern es geschieht mit Brot und Wein auch das, was er sagt. Er spricht die Worte nicht aus der dritten Person, "Jesus hat damals gesagt", sondern wiederholt die Worte Jesu "das ist mein Leib...". Gemeint ist nicht der Leib des Priesters, sondern der Leib Jesu.
Jesus konnte das zu einem Stück Brot sagen. Was ist aber, wenn nicht Jesus das sagt, sondern einer aus dem Kreis der Jünger. Wenn dann viele Generationen später ein Priester die Worte Jesu wiederholt, ist dann die Hostie nicht mehr einfach ein Stück Brot, sondern die Gegenwart Jesu? Die Gläubigen müssen sich darauf verlassen können. Sie sollen annehmen, dass ein Mensch wie Du und Ich bewirken kann, dass Jesus unter den Betenden wirklich da ist. Über viele Generationen schienen diese Männer etwas Besonderes, herausgehoben, unantastbar zu sein, fast wie Priester früherer Religionen, die einen besonderen Einfluss über die Gottheit ausüben konnten. Diese Aura entsteht nicht mehr.

In der Postmoderne gibt es das Heilige nicht mehr

Heute wird der Priester anders gesehen. Er gebraucht zwar die gleichen Worte wie Jesus bei seinem Abschiedsmahl, aber es spricht doch nicht Jesus, sondern ein sehr fehlbarer Mensch. Die Selbstverständlichkeit, wie Katholiken früher den Priester haben "machen lassen“, ist nicht nur wegen des sexuellen Missbrauchs abhanden gekommen. Dass der Missbrauch sich, anders als im Sport oder im schulischen Bereich, innerhalb der Katholischen Kirche so massiv auswirkt, könnte auch mit der unsicher gewordenen Rolle des Priesters zusammenhängen. Matthias Schmidt hat gezeigt, dass es nicht nur um eine psychologische, sondern um eine theologische Unsicherheit handelt, (Link s.u.) Bei den vielen Singles und den häufigen Scheidungen kann es auch nicht allein die Verpflichtung zur Ehelosigkeit sein, die junge Männer davon abhält, diese Aufgabe zu übernehmen. Wer will sich für einen so komplexen Beruf entscheiden, wenn dessen Fundamente so wacklig geworden sind. Der Vergleich mit dem Lehrerberuf zeigt, wie die gesellschaftlichen Unterstützung für eine Tätigkeit wegfallen kann. Wenn die Eltern nicht mehr die Autorität des Lehrers stützen, warum sollen die Kinder diese dann akzeptieren? Dem Priester, der ja nicht für sich, sondern für die Laien, das Volk Gottes Priester geworden ist, entzieht das oberste Katholische Laiengremium seine bisher geprägte Rolle. Seit nunmehr 50 Jahren will das Gremium die Verpflichtung zur Ehelosigkeit für Priester abschaffen. Wer eine Forderung so lange durchhält, dem geht es wohl nicht allein um befreite Sexualität, sondern um die Einebnung des Unterschieds zwischen Priestern und Laien.

Legitimiert durch Rückführung bis zu den Aposteln

Es ist gerade das Verständnis der Eucharistie, die zu den Differenzen über die Rolle des Priesters in den abendländischen Kirchen geführt hat. Zwar wird der biblische Ritus „Handauflegung“ weitergeführt, der wohl ausdrückt, dass man das Amt von anderen Amtsträgern empfängt. Jedoch sehen viele Kirchen in der Handauflegung kein Sakrament, während es in der Katholischen Kirche als notwendiges Sakrament in Bezug auf die Eucharistie seine Bedeutung hat. Die besondere Rolle des Priesters wird in den Orthodoxen und in der Katholischen Kirche nicht als Beauftragung durch die Gemeinde legitimiert, sondern apostolisch, d.h. dass die Handlauflegung bis auf die Apostel zurückgeführt werden kann. Nicht nur die Legitimität des Bischofs wird dadurch abgesichert, dass er sich als Nachfolger der Apostel herleiten kann, sondern auch der Priester empfängt diese Legitimation, vermittelt durch den Bischof, hergleitet von den Aposteln. Diese haben den Auftrag von Jesus erhalten, als er sie mit der Weiterführung des Mahles beauftragt hat. Weil die Einsetzung in das Amt mittelbar bis auf Jesus zurückgeführt wird, kann der Priester auch tatsächlich Worte Jesu aussprechen, die auch das bewirken, was Jesus bewirken wollte. Wird diese Legitimierung aber von den Gläubigen noch nachvollzogen?

Die mittelalterliche Lösung „Transsubstantiation“ fixiert den Priester zu eng

Die Sicht des Priesters wird noch einmal weiter erhöht, wenn von Transsubstantiation gesprochen wird. Nach dieser, aus der aristotelischen Physik übernommen Erklärung materieller Objekte wird die Substanz des Brotes durch die Wandlungsworte in den Leib Jesu "transformiert". Es bleibt also das Äußere des Brotes, die Substanz ist jedoch nicht mehr Brot. Wenn die Umwandlung in eine andere Substanz von den Worten des Priesters abhängt, dann rückt der Priester noch mehr in eine alles entscheidende Rolle. Einer muss die Worte sprechen, so dass das Brot nicht mehr bloß Brot ist. Damit wird der Priester zu Kult-Person. Es scheint dann für manche so, als würde Gott warten, bis der Priester die entscheidenden Worte sagt. In einer von den Naturwissenschaften geprägten Epoche wird das leicht als Magie abgelehnt. Es soll keine anderen Kräfte außer denen geben, die die Naturwissenschaften messen können. Denn wenn nur das Brot und der Wein im Fokus stehen, dann sind diese Objekte für die Zeitgenossen der naturwissenschaftlichen Untersuchung zugänglich. Man müsste empirisch feststellen können, dass die Substanz sich verändert hat. Aber mit so etwas wie Substanz rechnen die Naturwissenschaften nicht mehr. Brot und Wein sind nichts weiter als eine Ansammlung von Molekülen, die wieder aus Ketten von Kohle-und Wasserstoffatomen bestehen. Werden die Atomkerne gewandelt oder gar die Quarks und andere Bausteine der Neutronen und Protonen?
Es wird deutlich, dass das bisherige, aus den Naturwissenschaften übernommene Substanz-Akzidenz-Modell einer Gesellschaft, die naturwissenschaftliche Erkenntnisse in der Technik lebenspraktisch umsetzt, größere Probleme bereitet als im Mittelalter. Das sollte als Anlass genommen werden, die Gegenwart Jesu nicht allein von der Wandlung her zu verstehen. Wie das Mittelalter die Vorstellung von Materie genutzt hat, um zu erklären, dass die Hostie nicht mehr ein Stück Brot ist, kann die Physik des 20. Jahrhundert das Besondere der Hostie erschließen. Wenn Materie nicht mehr als statische Masse verstanden wird, sondern als Energie, öffnet das den Blick für den Geist, durch den Jesus präsent wird. Der Priester bewirkt dann nicht Gegenwärtigkeit, sondern weist auf sie hin und macht sie ausdrücklich.
Neue Modelle braucht auch das Gespräch zwischen den Konfessionen in der Westkirche. Das Sakrament der Gemeinschaft ist auch nach 500 Jahren immer noch das Trennende. Offensichtlich führen die Konzepte des Mittelalters nicht zu einer gegenseitigen Verständigung. Dazu folgt ein Beitrag, der auf eine Problemlösung zielt.

Ob das Substanzmodell oder die Vorstellungen der Quantenphysik, es bleiben nur Modelle, die einen Zugang zum Verständnis der Eucharistie ermöglichen. Wir man sich die Gegenwart Jesu am Modell der Radiowelle erklären kann, wird hier entwickelt:  Eucharistie – wie können wir uns Jesus in der Hostie vorstellen?

Wie die Missbrauchs-Täter christlich zu sehen sind und welche Konsequenzen das hätte:
Missbrauch – sich auf die Seite der Täter stellen
https://kath.de/kommentar/2022-01-23-missbrauch-sich-auch-an-die-seite-der-taeter-stellen
Missbrauch – wo keine Täter, da auch keine Opfer
https://kath.de/kommentar/2022-01-28-missbrauch-wo-keine-taeter-da-auch-keine-opfer


Kategorie: Kirche

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