Anlässlich der Weltsynode 2024 haben die Online-Portale www.explizit.net und www.kath.de eine Artikelserie zum Thema "Synodalität von Kirche" gestartet.
Gregor Podschun begleitet die Weltsynode 2024 in der "DACHS-WG" in Rom. Zum Start der Beratungen über "Synodalität" und Reformen in der Weltkirche, die bis zum 27. Oktober andauern, sprach explizit.net mit dem BDKJ-Bundesvorsitzenden:
1. Am 02. Oktober sind in Rom die Beratungen über die Synodalität der (Welt-) Kirche in die entscheidende Phase gestartet. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Themen, die bei der Generalversammlung oder in den Arbeitsgruppen der Weltsynode 2024 behandelt werden sollten?
Podschun: Das Wichtigste ist, dass der Vatikan endlich die systemischen Ursachen sexualisierter Gewalt und von Diskriminierung anerkennt. Daraus folgt dann, dass es systemische Veränderungen bedarf. Solange dies aber nicht anerkannt ist, können nur die falschen Schlüsse gezogen werden. Junge Menschen erwarten weiterhin, dass die Kirche sich demokratisiert, wie sie es aus ihrem Lebensumfeld kennen. Dazu gehört ein Abbau von Klerikalismus und die Beteiligung der jungen Menschen an allen kirchlichen Fragen, die sie betreffen, auch bei konkreten Entscheidungen. Weiterhin zeigen die jüngsten Äußerungen des Papstes, dass Misogynie und Transfeindlichkeit strukturell und kulturell tief in der Kirche verankert sind. Frauen und nonbinären Menschen müssen endlich die gleichen Rechte zugestanden werden, bis hin zur Öffnung aller Weiheämter für alle Geschlechter.
2. "Die Machtfrage ist gestellt. Die, die Macht haben können an Legitimität gewinnen, wenn sie Macht teilen", hat Prof. Thomas Söding vom ZdK gegenüber www.kath.de gesagt. Inwieweit greift die Weltsynode 2024 aus Ihrer sich diese Thematik auf und sind hier strukturelle Veränderungen zu erwarten, die Machtmissbrauch sowie sexuellem Missbrauch in der Kirche entgegenwirken?
Podschun: Die Weltsynode berät eine Beteiligung der Gläubigen an Entscheidungsprozessen (decision making), was ein wichtiger Schritt ist. Zugleich ist dieser nicht ausreichend. Wenn ich davon ausgehe, dass alle Menschen einen Teil der Wahrheit Gottes* in sich tragen, müssen auch alle synodal beteiligt werden und zwar auch am Treffen der Entscheidung (decision taking). Die Form der Synodalität, die Papst Franziskus vorschlägt, ist aber nicht konsequent zu Ende geführt. Sie endet dort, wo tatsächlich Macht von Bischöfen oder dem Papst selbst geteilt werden müsste. Dies geschieht vorrangig mit dem Argument, dass die Wahrung der Einheit den Bischöfen und dem Papst zukommt. Ich frage mich aber, ob in der Konsequenz nicht auch die Wahrung der Einheit eine synodale Aufgabe sein muss. Das Arbeitsdokument der Weltsynode schlägt bisher leider keine Änderungen vor, die für die Bischofskonferenzen oder Diözesen eine verpflichtende Bindung des Bischofs an die Entscheidung von Gremien vorsehen, sie schlägt nicht einmal eine verpflichtende Einbindung der Gläubigen in Entscheidungsprozesse vor, sondern spricht diese lediglich als Empfehlung aus. Es gibt zwar Verweise auf mögliche kirchenrechtliche Änderungen, die es dahingehend bräuchte, aber sie bleiben rar und sehr wage. Daher gilt weiterhin, dass ohne die Anerkennung systemischer Ursachen, auch keine ausreichende systemische Veränderung folgen werden, diese sind im Arbeitsdokument nicht vorgeschlagen.
3. Der BDKJ kritisiert, - gemeinsam mit Jugendvertreter:innen aus Österreich, der Schweiz und aus Südtirol - dass kaum junge Menschen bei der Synode Stimmrecht haben. Wie wünschen sich die deutschsprachlichen Jugendverbände an Beteiligungsmöglichkeiten und konkreten Reformen durch die Weltsynode 2024? Und was sollte keinesfalls passieren?
Podschun: Als Vertreter:innen der Jugendorganisationen aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Südtirol (DACHS-Vernetzung) werden wir die gesamte Synode kritisch begleiten und sind in Rom zu Gast. Dies tun wir, da kaum junge Menschen an der Synode beteiligt sind. Dabei ist die Jugend nicht nur die Zukunft der Kirche, sondern auch deren Gegenwart. Die prophetische Kraft der Jugend nicht einzubinden, heißt dass ein enorm großer und wichtiger Teil der Perspektiven fehlen. Junge Menschen müssen an allen Entscheidungen, die sie betreffen beteiligt werden. Das wollen wir in Rom deutlich machen und in Gesprächen und durch Vernetzung die Perspektive junger Menschen einbringen und wiederum die Perspektiven der Gesprächspartner*innen kennenlernen. Die reformwünsche junger Menschen habe ich bereits formuliert. Eigentlich dürfte es keine weiteren Schritte der Verzögerungen, der halbherzigen Reformvorschläge und des Machterhalts geben. Leider sieht es aber so aus, dass genau das passieren wird. Zu hoffen bleibt daher, dass die heilige Geistkraft nochmal ordentlich durch die Köpfe der Synodenteilnehmer:innen weht.
Christian Schnaubelt
(Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)
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