Die Weilburger Schlosskirche wurde in der Barockzeit als Hallenbau errichtet und gehört zur Gesamtanlage des Schlosses Weilburg. Doch "barock" im herkömmlichen Sinn ist sie nicht, sie verfügt über keinen barocken Überschwang, außen wie innen, in der Architektur, keine sinnenfrohen Gemälde und spielerisches Dekor wie in katholischen Barockkirchen – stattdessen herrscht in ihr "protestantische" Nüchternheit pur. Und das weiterhin Besondere dieser Kirche: Sie ist baulich eng mit dem Rathaus verbunden, Symbol für von der im Absolutismus geprägten Vorstellung der Einheit von Thron und Altar. Die Weilburger Schlosskirche ist gebauter Protestantismus.
Schlosskirche mit Rathaus verbunden
Wie das? Dafür steht eine ungewöhnliche Bau-Idee. Die Schlosskirche steht nämlich nicht allein, sondern bildet mit dem Rathaus einen verbundenen Baukomplex. Und was ist daran so Besonderes? Dies ergibt eine einzigartige Symbiose aus höfischem Gotteshaus und städtischem Verwaltungsgebäude. Die enge Verbindung drückt symbolisch aus, dass der städtische Rat mit seiner Administration stets auf den Fürsten von Gottes Gnaden und sein lutherisches Bekenntnis bezogen und unterworfen ist. Für dieses ganz besondere, einmalige Bau-Ensemble ist der Begriff "städtisch-höfische Integrationsarchitektur" von Kunsthistoriker Matthias Müller, Mainz, geprägt worden. Der wechselseitige Bezug, die Schnittstelle höfisch/bürgerlich, ist Leitmotiv der gesamten Architektur der Weilburger Schlosskirche. Signifikantes Beispiel: Der Hauptraum im Innern steht als öffentlich-sakraler Raum mit dem öffentlich-profanen Raum des Marktplatzes vor der Schlosskirche in Beziehung und umgekehrt. Ein weiteres spezifisches Charakteristikum des barocken Gotteshauses ist der Quersaal – daher auch Querkirche genannt – mit verglasten Fürsten-Logen, wodurch sich die Weilburger Schlosskirche von den üblichen Längskirchen deutlich unterscheidet.
Dank ihrer schönen Akustik dient die Schlosskirche neben evangelischen Gottesdiensten auch der "Alten Musik im Weilburger Schloss" als Konzertsaal.
Mittelpunkt der Residenzstadt
Die Weilburger Schlosskirche zählt zu den bedeutendsten, originellsten evangelisch-lutherischen Kirchenbauten nicht nur des 18. Jahrhunderts. Schnell wurde sie zum stilistischen Vorbild für andere Kirchen, insbesondere für die Paulskirche in Kirchheimbolanden (erbaut 1739–1744), wohin Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg seine Residenz verlagerte. Dort ließ er die "alte Residenz Weilburg" samt der Schlosskirche originalgetreu nachbauen. Als er am 1. Dezember 1702 den Auftrag für die drei Weilburger Projekte Schlossplatz, Obere Orangerie und Marstall an den Architekten Julius Ludwig Rothweil erteilte – der gerade mit dem Bau des Biebricher Schlosses bei Wiesbaden für den Fürsten Georg August von Nassau-Usingen beschäftigt war –,war ein Abriss der alten Schlosskirche beim Baubeginn 1703 nicht vorgesehen. Der Entschluss dazu kam drei Jahre später; 1706. Der Neubau der Schlosskirche begann 1707 nach dem Abbruch der alten Doppelkirche und wurde 1712 abgeschlossen. Im Kirchturm ist ein Wasserspeicher enthalten, der die Springbrunnen in der Orangerie mit Wasser zum Sprühen versorgt. Wie der Neptunbrunnen die Mitte des Marktplatzes darstellt, so ist die Schlosskirche der Mittelpunkt der ganzen, neu gestalteten Residenzstadt Weilburg, wie man bei einem Stadtrundgang unschwer erkennen kann.
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