Handyempfang durch die Luft=Rundfunk Foto: E.B.

Urheberrechtsnovelle stimmt rechtlich nicht, YouTube ist eigentlich ein Sender

Soll das EU-Parlament das Hochladen auf YouTube u.a. Plattformen regulieren? Dafür genügen die bestehenden Gesetze. Das Recht muss logsch bleiben. Hier wird ein Weg durch das juristische Dickicht vorgeschlagen. Die Verlage haben sich in dem Dickicht verheddert und damit zur Verwirrung beigetragen.

Am 26.3. soll das Europaparlament in letzter Lesung striktere Regelungen für das Internet beschließen. Die Gruppe, die das am meisten vorangetrieben hat, sind die Verlage. Sie wollen an den Einnahmen der Plattformen beteiligt werden. Die intensive Diskussion hat endlich bewusst gemacht, dass das Internet mehr ist als ein Verteilmedium, denn seine Strukturen bestimmen Kultur und Politik erheblich. Die jetzige Debatte betrifft allerdings nur einen Nebenkriegsschauplatz, nämlich das Recht, das die Ausstrahlung von Videos und die Bereitstellung von Text- und Foto-Beiträgen regelt, das Urheberrecht. Die entscheidenden Fragen sind noch gar nicht angegangen: Fakenews werden vom Urheberrecht erst gar nicht erfasst und können sich ohne stärkere Regulierung vervielfachen. Die Sammlung von Daten, die weit über die Möglichkeiten der früheren Geheimdienste hinausgeht, bedroht die Demokratie und bedarf dringend einer Korrektur.
Jetzt aber zur Debatte, konkret um YouTube und eine strengere Überprüfung der Urheberrechte an den Videos, die diese Plattform zur Verfügung stellt.

YouTube ist das Modell für den Fernsehkanal der Zukunft, wird aber vom Gesetz nicht als Rundfunk definiert

Wenn nicht nur ein Link auf eine andere Homepage verweist, sondern der gesamte Beitrag auf dem Server des Anbieters liegt, dann ist das kein Unterschied zu einem Sender. Faktisch nutzen YouTube u.a. kostenfrei das, wofür die Fernsehsender die Autoren, Drehbuchschreiber u.a. bezahlen. Ob man aber eine Video auf vom Server eines Senders abruft oder von einer Plattform wie YouTube, macht technisch keinen Unterschied mehr und rechtlich überhaupt nicht. Jeder kann das überprüfen, wenn er vom ZDF oder von YouTube ein Video über den Internetkanal anschaut. Bei dem einen beginnt die URL mit ZDF, bei dem anderen mit YouTube.    
Nimmt man die Definition für das was Rundfunk ist, dann könnten die über Internet verbreiteten Videos erfasst sein, jedoch zeigt der Rundfunkstaatsvertrag der Länder, dass nur private und öffentlich-rechtliche Sender im Blick sind. Wenn von „Leitungen“ gesprochen wird, ist das Kabelfernsehen gemeint. Das Internet nähert sich insofern auch dem Rundfunkbegriff, als die Übertragung auf das Handy wie beim Radio und Frnsehen durch die Luft erfolgt. Das hieße, dass YouTube u.a. Plattformen in das Rundfunkrecht integriert werden müssen. Nun wird diese Zuordnung von YouTube zu den bisherigen Sendern erst einmal überraschen, ist der Kanal doch für kleine Videoproduzenten und Macher ausgelegt. Das trifft auf die Entstehung der meisten Beiträge zu, jedoch stehen auch diese „Belieferer“ unter dem Schutz des  Urheberrechts. Ihnen gehört das „Werk“ und sie müssen ausdrücklich zustimmen, wenn es jemand anderes zugänglich macht.
Diese Regelungen des geltenden Rechts sind in dem Beitrag  Urheberrechtsnovelle und Journalismus kurz dargestellt.
Anders als bei YouTube liegen bei Googele die Beiträge nicht auf dem Server von Google, sondern bei den Anbietern, z.B. dieser Textbeitrag bei explizit.net

Die Verwirrung, die die Verlage angerichtet haben

Eigentlich hätten die Juristen des Verbandes der Zeitungsverleger wie die der Sender längst darauf dringen können, dass das Rundfunkrecht das Internet einbezieht, zumal die Sender in ihrer Mediathek Programme über Internet zugänglich machen. Inzwischen sind Netflix u.a. Plattformen hinzugekommen, die Fernsehprogramme zum Abruf bereitstellen. Das Fernsehen wandert auch deshalb ins Internet, weil per Livestream die Programme über den Internetzugang geschaut werden können.  Genau hier haben die Verlage erreicht, dass ARD und ZDF Sendungen nicht unbegrenzt in ihrer Mediathek bereitstellen dürfen, YouTube aber nicht von der Pflicht zum Löschen betroffen ist. Das ist insofern eine unsinnige Forderung, als die Gebührenzahler eigentlich ein Anrecht darauf haben, bereits ausgestrahlte Sendungen beliebig lange abrufen zu können. Durch das Verbot wird zur Verletzung des Uhreberrechts insofern motiviert, als Fernsehzuschauer sich aufgefordert fühlen, Sendungen zu kopieren und bei YouTube hochzuladen.
Würde YouTube in der Gesetzgebung für Hörfunk, Fernsehen und die Telediente der Sender integriert, kämen die Macher auch zu Geld. Was die GEMA bei YouTube bereits durchgesetzt hat, käme auch den Videomachern zugute: Sie müssten das Recht zur Speicherung auf dessen Servern explizit an die jeweilige Plattform abgeben und könnten mit einer Honorierung rechnen, so wie die Produzenten, die für Sendeanstalten arbeiten. Das zu dem diskutieren § 13.

Fehl-Strategie der Verlage – wie komme ich doch nicht an das Geld von Google

Google verdient sein Geld, indem es Beiträge listet, so dass der interessierte Leser auf die Seite der Zeitung gelangt. Dafür greift Google auf die Überschrift und die ersten 140 Worte eines Artikels zu. Daraus haben die Zeitungsverlage das Konstrukt gemacht, Google nutze Inhalte, die unter den Schutz des Urheberrechts fallen. Das Parlament hat sich diesem Anliegen geöffnet, die Zeitungsverlage bekommen trotzdem nichts von den Suchmaschinen. Denn Google sitzt am längeren Hebel. Die Zeitungen verlieren Klicks, wenn ihre Artikel bei Google nicht gelistet werden. Das bereits eingeführte Recht zu zitieren, kann Google nämlich für sich beanspruchen. Der § 11 ist auf Betreiben der Verlage falsch angelegt. Er enthält aber eine Bestimmung, die ausbaufähig ist: Nur wer mit den Werbeeinnahmen seiner Plattform einen bestimmten Millionenbetrag überschreitet, soll zahlen. Das muss aber juristisch besser begründet werden. Das Modell mit Bibliotheksgroschen und Abgabe für Drucker kann nicht einfach übertragen werden. Denn die Bibliothek macht den Beitrag direkt zugänglich, mit dem Drucker können Beiträge aus dem Internet ausgedruckt werden. Zitation dagegen ist bisher nicht kostenpflichtig, weil ja der Leser den Beitrag nicht lesen kann, sondern nur auf ihn aufmerksam gemacht wird. Das ist bei den Suchmaschinen nicht anders. Allerdings muss man sich das zitierte Buch oder die Fachzeitschrift besorgen, bei den Google-Links genügt ein Klick. Google nutzt also eine Struktur wie Lastwagen die Autobahn.

Abgabe für die Vernetzung

Es gibt noch keine rechtliche Lösung, wie das Internet in seiner Vernetzung erfasst wird. Denn anders als in einem Buch profitiert Google ja davon, dass der interessierte Leser nicht in die Bibliothek gehen muss, sondern nur den Link anzuklicken braucht. Es könnte ein Art Maut für die Nutzung des Internets eingeführt werden. Die ist für Lastwagen deshalb sinnvoll, weil sie ein Vielfaches zur Abnutzung des Straßenbelages betragen als die PKW`s. Als praktischer Monopolist muss sich Google sowieso eine striktere rechtliche Regelung gefallen lassen. Diese darf aber nicht, dies an die Adresse der Verleger und ihre Lobbyisten im EU-Parlament gerichtet, das allgemeine Recht auf Zitation beeinträchtigen.

Ich ende hier mit den Überlegungen und setze auf Juristen, die das Recht organisch weiter entwickeln. explizit.net veröffentlicht gerne weitere Beiträge zu dem Thema, ob diese die oben entwickelte Argumentation unterstützen oder diese kritisieren. Es müssen alle Argumente auf den Tisch.

Link Urheberechtsnovelle und Journalismus


Kategorie: explizit.net Medien

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