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Streit um Iran und Syrien

(explizit.net) „Warum nicht“, sagte Israels Präsident Schimon Peres am Sonntag auf die Journalistenfrage, ob er sich wohl mit seinem iranischen Gegenüber Hasan Ruhani treffen würde. Das wäre keine Frage der Persönlichkeiten, sondern der Politik. Das Ziel sei es, Feinde in Freunde zu verwandeln. Es habe einmal eine Zeit gegeben, in der man sich zum Beispiel nicht mit Yasir Arafat traf, bis dann dessen Organisation Israel anerkannt habe. Nun möge man alle Bemühungen darauf richten, dass Iran keine nukleare Gefahr für die gesamte Welt werde.

(explizit.net) „Warum nicht“, sagte Israels Präsident Schimon Peres am Sonntag auf die Journalistenfrage, ob er sich wohl mit seinem iranischen Gegenüber Hasan Ruhani treffen würde. Das wäre keine Frage der Persönlichkeiten, sondern der Politik. Das Ziel sei es, Feinde in Freunde zu verwandeln. Es habe einmal eine Zeit gegeben, in der man sich zum Beispiel nicht mit Yasir Arafat traf, bis dann dessen Organisation Israel anerkannt habe. Nun möge man alle Bemühungen darauf richten, dass Iran keine nukleare Gefahr für die gesamte Welt werde.

In Peres’ Worten liegt Hoffen und Bangen, das viele teilen, zumal Ansichten Regierender in Amerika und Israel zum Iranpakt der Weltmächte vom 24. November divergieren. So erhellte am Wochenende eine zweitägige Telekonferenz des Washingtoner Saban Centers für Mittelostpolitik Zwiste. Samstag sprach es Präsident Obama an. Er könne sich einen Endpakt mit Iran vorstellen, der diesem eine Urananreicherung für die Stromerzeugung mit genügenden Restriktionen gegen die Produktion nuklearer Waffen erlaube, die Israels und der Welt Sicherheit gewähren. Es gäbe aber keine Garantie, dass so ein Abkommen im nächsten Halbjahr folge, wohl nicht mehr als 50 Prozent. Aber man müsse es probieren. Er baute hohe Erwartungen ab und meinte, dass man Irans Führern nicht trauen könne. Der Westen sollte annehmen, Ruhanis Ideologie wäre feindlich gegen Amerika und Israel. Er rede sehr offen mit Netanjahu. Jedoch hätten sie auch signifikante taktische Differenzen.

Taten

Was Wunder, es gab schäumende Beiträge, wonach die westlichen Gesellschaften in Iran Schlange stehen und Iraner diese nun freundlich einladen würden. Solche Aufrufe gingen auch an amerikanische Erdölfirmen. Iranern selbst kann man wohl ihre Hoffnungen nicht verwehren, nachdem ein Jahrzehnt an Boykotten infolge des Teheraner Kurses Miseren zeitigten. Sie wählten Ruhani zum Präsidenten, der ein Ende der Nuklearkrise versprach.

Abgesehen von der frühen Hochstimmung hat sich noch nicht viel getan. Im Gegenteil, eine Ernüchterung und weitere Zweifel an der Durchführbarkeit des Interimsabkommens mit Teheran nehmen zu. Zwar sind dort die ersten Inspekteure für den bislang durch sie nicht begehbaren Arak-Reaktor eingetroffen. Doch stehen klare Ergebnisse der Absichten noch aus. Was am Ende schließlich zählt, sind nicht Worte, sondern überzeugende Taten.

Am Sonntag hakte hier Israels Premier Benjamin Netanjahu vor jenem Saban-Zentrum nach, das ein Teil der Brookings Institution bildet. Die Weltmächte mögen von Iran auch einen Wandel in dessen genozidaler Politik fordern, wenn sie ein endgültiges Abkommen verhandeln. Jeder langfristige Vertrag müsse ein Ende für Irans nukleare Militärkapazität erbringen. „Das Urteil darüber steht noch an. Iran ist gefährlich nahe daran, das nukleare Limit zu erreichen.“ Dieses Regime habe sich verpflichtete, Israel zu vernichten.

Und gegen diese Politik müsse es eine bedingunglose Forderung geben, den Kurs zu ändern. Zudem betonte Benjamin Netanjahu, dass der iranische Führer Israel als den „tollwütigen Hund Mittelosts“ bezeichnet hatte. Indes liefert Iran tausende Raketen an islamistische Gruppen, die gegen Israel arbeiten. Zu diesen „iranischen Stellvertretern“ zählten die Hizballah, Hamas und der Islamische Jihad. Inzwischen mag man noch den am Sonntag angesagten Pakt zwischen Iran und Afghanistan hinzufügen, den Ruhanis Twitter-Account mit der Forderung nach dem „Abzug aller ausländischen Truppen aus der Region“ propagiert hat.

Stresstest

So gesehen betreibt dieses Teheraner Regime den alten Kurs weiter. Zwar wäre es ein Fortschritt, ihm den „nuklearen Zahn“ zu ziehen, doch hat sich das Regime keineswegs grundlegend verändert. Nach allem, was wir mit den vergleichbaren Regimes und deren Ideologien wissen, gibt es dort massiv retardierende Momente. Kreative Leute sollten beginnen, die Dogmen des Teheraner Islamismus von innen abzubauen. Zwar läuft ein unterschwelliger Prozess, doch fehlt die offene und grundlegende Auseinandersetzung.

Ob Hasan Ruhani dies leisten will, ist zu bezweifeln. Zwar wird sein Doktorenkabinett mit einem halben Dutzend Männern gerühmt, die wie Außenminister Javad Zarif ihren „Ph.D.“ in Amerika ablegten. Jedoch wenn im Innern wenig läuft, folgt kein ehrliches Entrümpeln des Gestern. Iran steht Ähnliches wie am Nil bevor, kurz: Islamismus adé.

Andererseits gab es im Westen stets viele Lager der Gutgläubigen und Realisten. Mal hatten die einen, mal die anderen das Sagen. Die Erfahrungen aus dem Niedergang des Kommunismus lehren, dass genau diese Wechselbäder die tiefen Stresstests in totalitären Regimes besorgt und die inneren Auseinandersetzungen beflügelt haben. Das bedeutet nicht, dass der Westen, wenn er einmal in der Position der Stärke ist, diese vergeben darf. Denn wer jüngst in Mittelost größere Fehler begangen hat, wird sich erst noch erweisen. Amerika steckt in einer erschöpfenden Debatte um seine Gesundheitsreform. Wie in der Geschichte auch 1998 und 2009 zeigten, nutzten al-Qaida Co. diesen Selbstfokus aus.

Kriegserfahren

Mittlerweile gleitet der Raum zwischen Libanon und Iran in viele Kleinkriege. In Syrien sollen seit März 2011 etwa 126.000 Menschen getötet worden sein. Da die Niederlande und Deutschland absagten, bei sich chemische Waffen zu entsorgen, führt dies Amerika auf hoher See aus. Aber dies stockt und ist im Bürgerkrieg mit enormen Risiken behaftet. Die Islamisten der an-Nusra Front und des „Islamstaates von Iraq und Sham“ arbeiten am Kalifatskern. Sie haben an Positionen gewonnen. Die Freie Armee des Salim Idris verlor und wurde durch die Islamische Front überholt, auch in der Stärke ihrer Truppen. Überall unter Nachbarn, wie der Türkei und Jordanien, mehren sich die Probleme der Flüchtlinge.

So auch im Libanon. Von dort schlagen sich Soldaten der Hizballah auf die Seite des Regimes von Bashshar al-Assad. Er wittert Morgenluft. Sie vertiefen Konfessionskriege, siehe Morde an Hizballahführern wie Hasan al-Laqiz in Bairut. Im Irak beschleunigt sich die Abwärtspirale, wo sich das autonome Kurdistan unter türkischem Einfluss heraushebt. Außerhalb dieser Region stehen Gewinne der frühen Jahre in Frage, was die Wahlen im April erhellen. Saudi-Arabien und die Golfstaaten wirken unkoordiniert, widersprüchlich.

Europa wird tiefer von den Konflikten zwischen Iran und Libanon ergriffen. Einerseits fliehen mehr Menschen in die Europäische Union. Andererseits nimmt laut Wallstreet Journal der Austausch unter den Jihadis zu, die zwischen Amerika, Mittelost und Europa in den Konflikten als Krieger auftreten und dann heimkehren. Geschätzte 1.000 Kämpfer sind es, die vor allem aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden pendeln. Einige erfahren Training und Kriegstaufe in Syrien. Ohnehin radikalisiert, setzen sie sodann ihre Erfahrung daheim um. Oft sind es bis zu Mittdreißiger, nunmehr mit der Kriegsautorität.

<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>



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