Die Europaidee kommt aus dem Lotharingen des frühen Mittealters
Es gibt eine Einheitsidee für Europa: Kleinteilig, vor Ort und doch universell. Sie stammt aus einer Region, in der das Neue Europa nach dem Zweiten Weltkrieg konzipiert wurde. Es ist das alte Lotharingen zwischen Frankreich und Deutschland.
· Robert Schumann, der französische Außenminister, der am 9. Mai 1950 die Idee einer Kohle-Stahl-
Behörde ins Spiel brachte, war Deutscher, stammte aus Lothringen.
· Alcide De Gasperi, ebenso Gründervater des neuen Europas, stammte aus Südtirol, sein Geburtsort
bei Trient liegt an der alten Straße von Innsbruck nach Rom.
· Konrad Adenauer als Kölner war eher nach Westen hin orientiert. Er hat die Chance ergriffen,
Deutschland zu einem Teil Europas zu machen.
· Charles de Gaulle, der Motor des französischen Widerstands gegen die deutsche Besatzung,
stammte aus Lille im französischen Flandern. Seinen Lebensabend verbrachte er in Lothringen.
De Gaulle hat Konrad Adenauer die Hand gereicht, um die Jahrhunderte alte Feindschaft zwischen dem westfränkischen und ostfränkischen Reich zu überwinden. Denn die eigentlichen Urväter des nach-römischen Europa sind Karl Martell, Pippin und sein Sohn Karl, der uns bis heute als der Große gilt. Sie herrschten über das Frankenreich,das nördlich der Loire bis ins heutige Deutshcland reichte. Erst unter den Enkeln Karls d.Gr. kam es zur Teilung. Es waren damals drei Reiche, denn neben Frankreich und Deutschland gab es das Lotharingen, mit den Niederlanden, Lothringen, Elsass, der Schweiz, Burgund und Italien. Lothar war der älteste Enkel Karls d.Gr.
Wer in dieser Region groß geworden ist, versteht es, jedem der beiden großen Nachbarn seinen Platz zu geben, eine Einheit zu bauen, die Vielfalt zu erhalten, lieber zu verhandeln als zu den Waffen zu greifen. Das sind die nachahmenswerten Tugenden der Gründerväter, die auf dem Boden des Katholischen die ersten Balken des Nachkriegshauses Europa zusammenfügten. Das Gebälk ächzt, ist aber, wenn wir diese Balken elastisch halten, auch zukünftigen Stürmen gewachsen.
Föderation, nicht Einheitsstaat
Das alte Lotharingen war bereits wie das heutige Europa zusammengesetzt, hatte kein Zentrum. Es war auch nicht stark, um über das fränkische Westreich noch über Deutschland zu herrschen. Auch deshalb muss das heutige Europa aus der Mitte heraus regiert werden. Wer keinen Krieg will, muss die ausgleichenden, die verbinden Regionen stark machen.
Straßburg, Luxemburg, Brüssel als europäische Zentren sind im alten Lotharingen beheimatet. Die Gründung der europäischen Union fußt auf den Römischen Verträgen – Italien gehörte deshalb zum frühen Lotharingen, weil die Kaiserwürde vom Papst verliehen wurde und daher dem Enkel Lothar als dme Ältesten zustand. .
Die Idee Europas wurzelt im Christentum
Warum konnten die Gründerväter Europas sich auf einem katholisch geprägten Fundament verständigen. Die Entscheidung dafür liegt bereits bei der Zusammenführung der germanischen Stämme durch Frankenkönigen Chlodwig kurz vor dem Jahr 500, seinen Nachfolgern bis zu Karl d.Gr. So sehr die Kriege diese Geschichte auch prägten, das Fundament entstand mit der Bekehrung zu dem einen Gott. Die germanischen wie die slawischen Stämme hatten jeweils eigene Gottheiten. Keiner der Kulte war so überzeugend, dass die anderen sich von ihrer Gottheit lossagten. Erst die universelle Idee des Christentums ermöglichte die Gründung größerer Reiche. Es liegt bis heute auch an dem Gründer des Christentums.
Anders als Mohammed war Jesus nicht als Heerführer erfolgreich, sondern durch seine Auferstehung. Dieser Sieger über den Tod überzeugte die Germanen und später auch den Kiewer Großfürsten Wladimir. Hinzu kamen die Schriftkenntnisse der Mönche, denn ohne Dokumente und einen Gesetzeskodex konnte ein Reich wie das Karls d.Gr. nicht zusammengehalten werden.
Europa der Universitäten
Auf dem Boden der Buchreligionen Judentum und Christentum wuchsen aus deren Schulen die Universitäten, eine der nachhaltigsten Erfindungen Europas, geboren aus den Schulen an den Kathedralen und den Abteien. Weder Christentum noch Europa gehen ohne Bildung und Kultur. So wie die Studenten und Studentinnen heute in Europa unterwegs sind, so waren es die Scholaren im Mittelalter. Auch ihre Lehrer, vor allem die Franziskaner und Dominikaner, waren ebenso auf dem Kontinent unterwegs,
Die Orden
Die Orden überlebten, weil sie europaweit und dann in den Missionsgebieten Nachwuchs fanden. Wenn sich eine Gemeinschaft nur auf eine Region oder ein Bistum eingrenzte, überlebten diese selten. Eine besondere Internationalität gelingt den Benediktinern und Zisterziensern. Wer sich ihnen anschließt, bleibt zwar an die jeweilige Abtei gebunden. Aber die Idee pflanzt sich überall ein, auch in China oder Afrika, es genügt die gerade mal ein Heft ausfüllende Regel des hl. Benedikt.
Wallfahrten
Eine mittelalterliche Europaidee übt heute wieder große Anziehungskraft aus, die Wallfahrten. Wahrscheinlich waren im Mittelalter sogar mehr Menschen nach Santiago des Compostella unterwegs als heute. Ob das Apostelgrab im Nordwesten Spaniens oder Petrus und Paulus in Rom, die geheimnisvolle Anziehung wirkt bis heute. Hinzugekommen sind Lourdes, Tschenstochau. Taizé ist mit seinen Neujahrs-Treffen in einer der Metropolen europaweit präsent.
Ökumene
Zerbrochen ist die europäische Freizügigkeit in den Konfessionskriegen, ebenso der erste europäische Wirtschaftsverbund, die Hanse. Deshalb gibt es Europa nur im Miteinander der Konfessionen. Ökumene ist daher eine notwendige Investition der Kirchen in das neue Europa. Als Christen erkennen wir: Kein anderes Haus passt zu uns so wie das verwinkelte Europa.
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