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Russland gegen USA und Europa

Auch für die Bürger des Landes sind die USA auf der politischen Ebene der Hauptgegner. Sie sehen sich durch die USA nicht nur dominiert, sondern mit dem Umsturz in der Ukraine und der Aufstellung von Abwehrraketen auch

 

Die Ablehnung des Westens aus politisch-militärischer Sicht hat unser Moskaukorrespondent Vladmir Pachkov aus der <link url_id="2597"> Warum die Russen sich bedroht fühlen: Hier wird die augenblickliche Gemengelage beschrieben. Es geht vor allem um die Abwehr des destruktiven westlichen Einflusses, des liberalen Lebensstils.

Auch für die Bürger des Landes sind die USA auf der politischen Ebene der Hauptgegner. Sie sehen sich durch die USA nicht nur dominiert, sondern mit dem Umsturz in der Ukraine und der Aufstellung von Abwehrraketen auch

 

Die Ablehnung des Westens aus politisch-militärischer Sicht hat unser Moskaukorrespondent Vladmir Pachkov aus der <link url_id="2597"> Warum die Russen sich bedroht fühlen: Hier wird die augenblickliche Gemengelage beschrieben. Es geht vor allem um die Abwehr des destruktiven westlichen Einflusses, des liberalen Lebensstils.</p> <p>Für das Empfinden der Russen heute sind die neunziger Jahre prägend. Sie waren durch große Turbulenzen und Unsicherheiten geprägt. Korruption war das vorherrschende Muster, die Polizei arbeitete mit kriminellen Banden zusammen und raubte russische Bürger aus. Ein ungezügelter Kapitalismus machte wenige reich und schob die Mehrheit der Bürger in unsichere finanzielle Verhältnisse, die sie aus der kommunistischen Zeit nicht kannten. Diese destruktiven Tendenzen wurden im Westen als Spätfolgen des Kommunismus interpretiert, anders in Russland, nämlich als Übergreifen des westlichen liberalen Lebensstils auf die Gesellschaft. Zuerst ging es allerdings um eine neue Identität Russlands nach dem Auseinanderbrechen des sowjetischen Imperiums.</p> <h2>Der russische Nationalismus</h2> <p>Die Sowjetunion als Vielvölkerstaat ist nicht allein deshalb zerbrochen, weil die kommunistische Ideologie am Ende war. Es ist auch die Option Jelzins wie auch vieler Russen gewesen, sich auf die nationalen Belange zu konzentrieren. Als mit der Gefangennahme Gorbatschows die Sowjetmacht sich selbst „enthauptet“ hatte, erklärte die von Jelzin geführte Russische Föderation ihre Unabhängigkeit gegenüber der Sowjetunion. Für Jelzin schienen die zentralasiatischen Staaten eine zu große Belastung, so dass er sie in die Unabhängigkeit entließ. Diese neuen Staaten waren zwar schon in der Sowjetunion eigene Republiken, aber nicht wie die Ukraine oder der baltischen Staaten von dem Wunsch nach Unabhängigkeit von Russland bestimmt. Da das Ende des Sowjetkommunismus zugleich das Auseinanderfallen des von den Zaren eroberten russischen Reiches herbeiführte, verstehen sich die Russen nationalistischer und zugleich als die Hegemonialmacht für die Ostslawen wie für Zentralasien. Da schon von den Zaren wie von der kommunistischen Regierung viele Russen in den Ländern, ob im Baltikum, in der Ukraine oder in Zentralasien angesiedelt wurden, um die russische Oberhoheit zu sichern, versteht sich der Anspruch der Regierung, Schutzmacht dieser Russen zu sein. Allerdings lassen die Lebensbedingungen in den zentralistischen Staaten und zugleich der Nationalismus, vor allem in Kasachstan viele Russen in diesen Ländern an eine Übersiedlung in die Russische Föderation denken. Die, die bleiben wollen, sehen sich veranlasst, ihre Namen zu ändern, so dass diese weniger russisch klingen. Wenn man diese nationale Identitätsfindung als notwendig erkennt, dann entsteht die Frage, wohin sich Russland orientiert.</p> <h2>Russland versteht sich nicht als Teil Europas</h2> <p>Ein Land, das von der Ostsee bis zum Stillen Ozean reicht, das seine eigene Geschichte zu einem guten Teil mit asiatischen Völkern verbindet, in dessen Straßenbild Kasachen, Usbeken u.a. Völker Zentralasiens präsent sind, wird sich nicht einfach als Mitglied der europäischen Völkerfamilie verstehen. Die Karte des Landes zeigt das eindrücklich. Es gibt zwar immer wieder Bewegungen in Richtung Westen. Der bekannteste Protagonist ist bis heute Peter d.Gr. Auch Putin war anfangs prowestlich eingestellt. Auf dem Weg, Russland wieder als einen global Player zu etablieren, setzten ihm die USA Grenzen, so dass er die Erlöse auf dem Verkauf der Bodenschätze nicht für Investitionen in die Industrie einsetzte, sondern in die Modernisierung der Armee. Die Ukraine ist auch für den russischen Bürger der Beweis, dass die USA nicht nur das Hochkommen Russlands verhindert, sondern aggressiv gegen das Land vorgeht, ist es doch mit ihrer Präsenz in der Ukraine direkt bis zur russischen Grenze vorgerückt. Die Europäer werden als Vasallen der USA eingeschätzt. Die wenigsten Russen gehen davon aus, dass die Ukrainer selbst die Unabhängigkeit von Russland wollen. Sie können sich auch nicht vorstellen, dass die Ukrainer sogar befürchten, mit einer größeren Nähe zu Russland zurück in den Stalinismus gedrängt zu werden. Ein weiteres kommt hinzu, nämlich die liberalen Lebensstilvorbilder des Westens.</p> <h2>Der dekadente Westen</h2> <p>Die russische Regierung, mit ihr viele Russen wie auch die Orthodoxe Kirche sehen ihr Land zerstörerischen Tendenzen ausgesetzt, wenn der westliche liberale Lebensstil noch mehr in die russische Gesellschaft eindringt. Kristallisationspunkt ist die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften als Infragestellung der traditionellen Ehe. Kirche wie Regierung sehen in diesem traditionellen Lebensmodell die Basis für die Zukunft der Gesellschaft. Wenn man negativ über die EU sprechen will, benutzt man das Wort „Gay-Union“. Es geht also nicht nur um die politische Identität, sondern um den Ausdruck moralischer Überlegenheit. Das Unterlegenheitsgefühl wird zumindest auf zweifache Weise vom Westen induziert. Einmal wird Russland als politisch und wirtschaftlich rückständig beschrieben. Zudem wird dem Land vom Westen demokratische Unreife attestiert. Weniger explizit, aber vielleicht desto wirkungsvoller ist die Überschwemmung des russischen Marktes mit westlichen Produkten. Nicht nur sieht man auf den Straßen fast nur Autos, die aus Europa und Japan stammen, auch wenn sie zu einem guten Teil in Russland produziert werden. Der russische Haushalt und nicht zuletzt das Kaufhaus GUM sind weitgehend mit westlichen Produkten bestückt. Diese Verwestlichung durch die Konsumartikel hat sich nach Beobachtern, die seit dem Ende der Sowjetunion mit Russland vertraut sind, gegenüber den neunziger Jahren massiv verstärkt.</p> <h2>Es gibt nur dieses Russland </h2> <p>Wenn immer Hoffnungen genährt werden, Russland würde sich von innen her ändern und die Regierung durch Protest vertreiben, sind illusionär. Es gibt nur dieses Russland und für die Russen keine Alternative zu Putin. Entweder man kommt mit diesem Russland klar oder man hat es gegen sich. Europa sollte auf eine Politik der Konfrontation verzichten. Das ist für den Autor das Resumé vieler Gespräche in Moskau.</p> <p>Links</p> <p>

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