Foto: explizit.net E.B.

Priester: pädophil und überflüssig?

20 Seiten über das Priesterbild werden für die Katholische Kirche in Deutschland zum 11. März hin verbschiedet. Eine Spezies, die von Pädophilie und Machtmissbrauch bedroht ist. So der erste Teil des Dokuments. Im zweiten Teil werden Aussagen aus den Jahren des Konzils und den Siebzigern aufgewärmt. Irgendwie zusammengeklebt. Kein Funken Hoffnung. Für junge Menschen unzumutbar.

Ich schreibe aus einer breiten Kenntnis von Pfarrern. 20 Jahre habe ich sie bei Gottesdienstübertragungen begleitet, danach habe ich in drei Diözesen Leitungstrainings durchgeführt. Ich war jedoch kein Priesterseelsorger wie andere Jesuiten, denn dann müsste ich wegen des Beichtgeheimnisses schweigen. Ich will mit diesem provokativen Text anregen, dass möglichst Viele das Papier des Synodalen Weges lesen. Der dort beschriebene Typ, klerikal machtbesessen, lasziv, übergriffig ist in meinen Kursen nicht aufgetaucht. Dieses Pfarrerbild wurde von 26 Personen entwickelt, 6 waren dagegen. So steht es auf dem Deckblatt. Wieso wird ein Dokument verabschiedet, über das keine Einstimmigkeit erzielt wurde? Soll wieder Rom entscheiden? Drei Themenschwerpunkte seien kritisch angeschaut:

Zum Machtmissbrauch heißt es:

        
Das „innenblinde(s) Regime monopolisierter männlich-zölibatärer Sakralmacht“
         ist zu überwinden. S. 9

Diese u.a. Zeilen rufen bei mir das Bild unseres Pfarrers in den fünfziger Jahren hervor, eine wichtige Gestalt in einer westfälischen Kleinstadt. Der heutige vierzigjährige Pfarrer, von seinem Smartphone gelenkt, kommt mir dabei nicht in den Sinn. Die vielen Pfarrer, die ich beobachten konnte, werden von ihren Terminen und Verpflichtungen erdrückt und müssen an vielen Ecken Konfliktfeuer löschen. Der heutige Smartphone-gelenkte Pfarrer ist incl. Kindergarten und in Westen der alten Bundesrepublik noch mit einem pfarreigenen Krankenhaus tatsächlich mit viel Macht ausgestattet. Die hatte der Propst in der Kleinstadt nicht in dem Maße, die Frauengemeinschaft, Kolping und wir als Pfadfinder haben uns selbst verwaltet. Er war zudem mit Messen, Beichthören, Krankenkommunion und damals noch Kommunionvorbereitung ziemlich ausgelastet. Er hatte allerdings mit dem CDU-Chef ein gutes Verhältnis. Seine Macht bestand darin, dass zu vier Messen die Leute am Sonntag sich in seiner Kirche versammelten und man deshalb nicht an ihm vorbeikam. Diese Volkskirche mit vielen Mitgliedern gibt es nicht mehr. Sie schwebt aber dem Synodalen Weg noch vor. 
Macht, wie sie bis in die siebziger Jahre dem Pfarrer von außen zugesprochen wurde, gibt es nicht mehr, weil das Gefüge zusammengebrochen ist. Die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod ist dem größeren Teil der Bevölkerung unzugänglich und die Gottesdienstbesucher nur noch Leser der Printausgabe der Zeitung.

Zur Pädophilie

„Prävention Sexueller Gewalt“ wird überraschenderweise nicht von dem Synodalforum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe Leben in Sexualität und Partnerschaft“ behandelt. Das ist die deutlichste Stellungnahme zu Pädophilie. Sie kommt bei Priestern vor. Wenn dann noch 5 der 20 Seiten des Dokuments der Pädophilie gewidmet sind, stellt sich dem Leser die Frage, warum dann noch Priester? Wenn der Missbrauch bei den Priestern verhandelt wird, dann können sich die Nicht-Priester den bedrohlichen Seiten der Sexualität offensichtlich entziehen. Warum es fast keinen Priesternachwuchs mehr gibt, ist dann auch wie folgt einfach zu erklären:

Ein Priesteramt, das theoretisch nur heterosexuellen Männern vorbehalten sein soll, erscheint fragwürdig und mit der gelebten Praxis nicht vereinbar.

Der Zulassungsausschluss von Frauen vom Priesteramt sorgt für Unverständnis und dessen Überprüfung wird deutlich eingefordert.

Die Begründung für den Zölibat als verpflichtende priesterliche Lebensform ist weitgehend nicht mehr akzeptiert.

Die Besprechbarkeit von Homosexualität auch bei Priestern wird explizit eingefordert.
S.2

Beschrieben werden die Priestertypen, die zu Tätern werden. Das haben die Journalisten schon längst gemacht. Ein kirchliches Gremium wäre doch dazu da, eine Therapie auf den Weg zu bringen. Die reichste Kirche der Welt kann sich zwar Alkoholkliniken, aber keine sexualtherapeutischen leisten. Setzt die Nicht-Behandelbarkeit dieser Neigung durch die katholische Kirche dem Heilswillen Gottes eine Grenze? Oder soll der Eindruck erzeugt werden, dass mit dem Eintritt in das Priesterseminar junge Männer Mitglied einer pädophil verschworenen Gemeinschaft werden.
Wäre eine solche Aussage z.B. gegenüber den Trainern von Mädchensportgruppen gerechtfertigt, dass die Clubmitglieder einen solchen bereits schon deshalb verdächtigen, weil er diese Aufgabe übernimmt? Wenn jeder siebte Erwachsene von sexuellem Missbrauch betroffen sein soll, würden alle Priester wohl nicht ausreichen, unter Katholiken diese Zahlen erreicht zu haben. Was in dem Papier völlig abwesend ist, ist ein Weg des Bekenntnisses und der Buße. Die Opfer brauchen zuerst das Tateingeständnis der Täter. Würde die Synode wirklich das Problem angehen wollen, müssten sie sich ja mit den für viele Übergriffe verantwortlichen Täter interessieren. 25% von ihnen sollen eine pädophile Orientierung haben. Sie haben sich nicht einfach aus Zufall zu Tätern gemacht, sondern finden sich in dieser sexuellen Orientierung vor. Gibt es da außer Prävention für eine Kirche kein heilendes Programm für die Täter, wie es die Charité betreibt.

Zur Notwendigkeit von Priestern heißt es auf S. 10

Das traditionelle priesterliche Ideal hat nicht nur durch die Missbrauchskrise tiefe Risse erhalten. Es wirkt aufgrund einer lange verweigerten bzw. verschleppten theologischen und kirchlichen Adaptation und nicht zuletzt durch viele ständische Relikte, die keineswegs zum Amt gehören, in vielem wie aus der Zeit gefallen. Der Priester ist nicht mehr selbstverständlich und sein amtliches Handeln auch binnenkirchlich nicht mehr plausibel. Dies gilt es, nüchtern anzuerkennen.

Jetzt ist man gespannt, was nach der Expertise über Machtmissbrauch und Pädophilie theologisch als Weg in die Zukunft entwickelt wird. Auf S. 10 wird noch ein Neuanfang gefordert:

Wenn eine neue Plausibilität für den sakramentalen Dienst des Priesters gefunden werden soll, die den Herausforderungen der Theologie und der Gegenwart gerecht werden soll, bedarf es einer bewussten Neu-Akzentuierung anhand der biblischen und theologischen Quellen.

Auf Seite 11 wechselt das Dokument dann in die Vorstellungswelt und Sprache, die in den achtziger Jahren ausgelaufen war. Es werden die Sätze wiederholt, die beim Konzil und danach gefunden wurden. Diese werden von dem Dokument so verkauft, als stecke darin die Lösung für eine ganz andere kulturelle Situation. Alle, die das Konzil miterlebt haben, hielten schon damals das Priesterdokument für einen Notnagel, der noch schnell geschmiedet wurde, nachdem Bischöfe in ihrer Rolle neu beschrieben und der Diakonat erst wieder als eigenes Amt eingeführt worden war. Es hat nur den Pfarrpriester im Blick, obwohl es damals noch viele Priester gab, die es in Berufsschulen und Gymnasien als Religionslehrer gab. Dass es in Orden Priester gibt, wird auch weiterhin vom Synodalen Weg übergangen. Da werden den Lesern Sätze untergeschoben, die jeder Priester schon x-mal gehört hat. Das ist alles richtig, aber wer soll auf diesen hölzernen Sätzen seine Existenz aufbauen. Hier zeigt sich, dass dieser Synodale Weg nicht an die spirituellen Grundströme der Kirche angeschlossen ist.

Berufung ist der innere Kern

Das Dokument des Synodalen Weges zeigt sich als bürokratisches Produkt an der entscheidenden Frage, die sich Priester vor ihrer Entscheidung für diesen Lebensweg gestellt haben: Bin ich berufen, nicht von meiner Mutter, meinem Pfarrer oder Religionslehrer, sondern spüre ich einen Ruf von Gott in mir? Was für ein Priesterbild schlägt der Synodale Weg einem Pfarrer vor, bei dem sich die Mitteilungen über Kirchenaustritte stapeln? Hat er vom Synodalen Weg irgendetwas bekommen, das ihn auf die Zukunft der Kirche in Deutschland bauen lässt. Diese Kirche hat schon ähnlich einschneidende Mitgliederverluste erlebt. Wenn Neues sich entwickelte, dann aus der persönlichen Berufung einzelner. Sie wird in allen Evangelien an den Berufungsgeschichten der ersten Jünger dargestellt. Diese Berufungssituation wurde früher nur für Ordensleute und Priester angenommen, sie gilt aber jedem. Menschen können mich zur Person Jesu führen, aber Christ bin ich nicht wegen meiner Eltern, wegen des Pfarrers noch wegen der Religionslehrerin. Dies sollte doch auch ein synodales Gremium ausstrahlen.

Trotz dieser Einwände: Der Synodale Weg sollte weitermachen. Um die Katholische Kirche auf eine völlig andere Situation vorzubereiten, in der sie auch dann noch Ausstrahlung gewinnt, wenn sie auf 5% geschrumpft ist. Entsprechend wird die Zahl der Hauptamtlichen schrumpfen. Wenn es gelingt, die Katholiken anderer Muttersprache in die Pfarreien zu integrieren, könnte es bei 10% bleiben, d.h. der Synodale Weg sollte zumindest in städtischen Regionen mit 50% Ausländern unter den Katholiken rechnen. Welche Potenzen da schlummern, wird in den nächsten Tagen in einem Erfahrungsbericht dargestellt.

Das Priesterbild, das sich aus der der Zukunft einer Minderheitenkirche ergibt, zeichnet Christian Hennecke – nicht von seinem Schreibtisch aus, sondern nach Recherchen auf mehreren Kontinenten: Priester für kleine christlichen Gemeinschaften
Die Vorlage des Synodalen Weges: Priesterliche Existenz heute
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Kategorie: Kirche

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