Es passt die Faust aufs Auge: die Regierung greift die Demokratie an, kontrolliert die Presse und will jetzt die totale Überwachung der polnischen Bürger - so die Argumentation der Opposition. Aber was hat es wirklich auf sich mit dem neuen Gesetz über die Polizei?
Es passt die Faust aufs Auge: die Regierung greift die Demokratie an, kontrolliert die Presse und will jetzt die totale Überwachung der polnischen Bürger - so die Argumentation der Opposition. Aber was hat es wirklich auf sich mit dem neuen Gesetz über die Polizei?
Abhörrekord 2014 in Polen
Am 30. Juli 2014 entschied das polnische Verfassungsgericht, dass die Befugnisse der Polizei und der Geheimdienste in Bezug auf die Abhöraktivitäten zu weit gingen. Im Jahr 2014 beispielsweise gingen über 2 Millionen Anfragen nach Verbindungsdaten an Mobilfunkanbieter - eine rekordverdächtige Menge im EU-weiten Vergleich. Die Anbieter mussten die Daten übergeben, es gab keinen Widerspruch, keine gerichtliche Kontrolle. Das Verfassungsgericht setzte der damals noch regierenden Koalition aus Bürgerplattform (PO) und Polnischer Volkspartei (PSL) eine Frist von 18 Monaten, um das Gesetz zu ändern. Diese läuft im Februar 2016 ab.
Verfassungsgericht fordert Änderungen
Das Verfassungsgericht forderte unter anderem, eine feste Frist zu setzen, nach denen eine Forderung nach Daten nicht mehr möglich sein sollte - bisher konnte die Frist von drei Monaten immer wieder verlängert werden. Weiterhin verlangten die Richter eine gerichtliche Kontrolle der Datenanfragen. Zusätzlich sollte der Gesetzgeber einen expliziten Katalog von Straftaten erstellen, sodass es nur noch in bestimmten Verdachtsfällen erlaubt sein sollte, Mobilfunkverbindungen zu überwachen.
Bürgerplattform ist vorsichtig - gebranntes Kind…
In der gesetzten Frist für die Gesetzesänderung beschäftigte sich die PO-PSL-Regierung die meiste Zeit nicht mit dem Thema. Sie wollte es möglichst umgehen. Denn bei der Ratifizierung des umstrittenen Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) im Jahr 2012 hatte sie die öffentliche Reaktion unterschätzt. Amnesty International hatte ACTA als problematisch in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre, auf die Informations- sowie Meinungsfreiheit bezeichnet.
Massenproteste in Polen für Tusk irrelevant, EU-Meinungen wichtig
Im Januar und Februar 2012 kam es in Polen zu Massenprotesten, deren Ausmaße an die Solidarność der 1980er Jahre erinnerten. Doch Donald Tusk hatte das Abkommen schon unterschrieben. Er sagte, dass eine Regierung, die sich von Forderungen einer Gruppe umstimmen lasse, gleich zurücktreten könne. Polen war eines der ersten Länder, in denen Bürger gegen ACTA protestierten. Nach zwei Wochen, in denen sich auch in anderen EU-Ländern Widerstand bildete, gestand Tusk ein: „Ich hatte nicht recht. Die Argumente haben mich überzeugt.“
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