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Neujahr – verabschiedet sich das Alte ins Nichts?

Weihnachten feiern wir das neue Leben. Auch wenn der Winter erst im Januar in seiner Kälte deutlich spürbar wird, die längste Nach liegt hinter uns. Zugleich ist an Weihnachten das Jahr fast ausgeschöpft. Wo geht es hin? Versinkt es im Nichts?

Der Mensch erfährt jeden Morgen die Neugeburt der Zeit und zugleich ihr Vergehen. Mit der Zeit vergeht auch das eigene Leben und am Ende der ganze Kosmos. Wohin verschwindet das, was vergeht? Kehrt es zu seinem Ursprung zurück oder löst es sich ins Nichts auf? Kommt dann das Neue aus diesem Nichts? Aber was heißt das, ins Nichts sinken. Die Zeit ist ja irgendwie noch als Vergangenheit da. Wie können wir das Nichts denken?

Das Nichts gibt es nur von uns gedacht

Wir versuchen, das Nichts zu denken. Dafür müssen wir es uns vorstellen, als das Meer, das die Kontinente umgibt. Das was existiert, wäre wie die Inseln vom Meer des Nichts umgeben. Wie etwas ins Wasser fallen und dann versinken kann, so scheint alles in dieser Welt in das es umfassende Meer des Nichts zu fallen. So wie die Materie in die Schwarze Löcher gesogen wird. Physikalisch würde das allerdings nur bedeuten, dass es in einen anderen Energiezustand wechselt. Denn die Physik geht davon aus, dass die Energie in ihrer Summe konstant bleibt. Das würde bedeuten, dass im Letzten alles fließt und hin und wieder sich Inseln herausbilden, die sich dann wieder in Fließendes auflösen. Das Nichts, das uns tödlich bedroht, wäre dann nur die Auflösung des Festen in ein es umgebendes Fließendes. Aber geht es immer so weiter.

Alles Zeitliche muss einen Anfang und ein Ende haben

Irgendwann wird auch dieser Kosmos vergehen. Denn Zeitliches kann nicht ewig dauern. Das kann man sich auch nur gedanklich, nicht in der Vorstellung klarmachen. Denn „ewig“  heißt ja, dass es kein Nacheinander mehr gibt. Man kann sich das nach rückwärts klar machen. Solange wir zurückgehen, bleibt das nacheinander Zeit. Wenn unser Kosmos aber anfangslos, dann müsste im Zurückgehen irgendwann das Nacheinander der Zeit in das Zeitlose münden. Denn im Zurückgehen des Zeitlichen müsste entweder ein Anfang erreicht werden oder man kommt da an, wo es kein Nacheinander mehr gibt. Etwa so erklärt die Physik das Entstehen von Raum und Zeit. Denn seit wir wissen, dass sich das Weltall ausdehnt, gibt es die Erklärung des Urknalls, der etwa 13 Milliarden Jahre zurückliegt. Der Kosmos, so die Überlegungen der Physiker, hat in einem raum- und zeitlosen Punkt begonnen. Was vor dem Urknall liegt, kann die Physik nicht erreichen. Denn nicht nur Energie und Masse gibt es erst seit dem Urknall. Vielmehr geht die Physik davon aus, dass erst mit dem Urknall so etwas wie Raum und Zeit gibt.
Diese Überlegungen können wir nicht ins unseren Vorstellungen nachvollziehen, denn wir können uns etwas zeitlich und räumlich vorstellen können. Aber das ist nur Vorstellung. Wir können nicht außerhalb dieser Vorstellungsschemata denken. Jedoch lehrt uns die Physik, dass diese Vorstellungsschemata nur in diesem Kosmos funktionieren. Denn außerhalb unseres Kosmos gibt es weder Raum noch Zeit. Unsere Welt muss daher aus einem zeit- und raumlosen Punkt hervorgegangen sein. Dies haben die Menschen vielleicht schon geahnt. Auch wir feiern Weihnachten oder Ostern deshalb in der Nacht, weil das, was kommen soll, noch im Unbestimmten liegt. Aus was kommt dann aber die Welt? Die Physik kann nur bis zum Urknall zurückgehen, weil sie nur Physikalisches, also Energie und Masse registrieren kann. Die gab es aber vor dem Big Bang noch nicht. Es gab auch vorher keine Zeit. Was war aber vor dem Anfang? Wir können nur sagen: Etwas Nicht-Zeitliches und Nicht-Räumliches

Ist der Geist der zeitlose Ursprung?

Aus einem Etwas muss die Welt hervorgegangen sein. Weil sie Gesetzen folgt, die auch für die aktuelle Physik weltweit gelten, gingen die Menschen von einem planenden Geist aus. In der Bibel wird dieser mit Weisheit oder mit dem griechischen Wort "Logos" benannt. Aber soll der Mensch diesen Geist suchen, den Urheber der Gesetze, sei es der physikalischen oder der Regeln für das Zusammenleben?
An Weihnachten heißt es nach dem Johannesevangelium: In ihm ist alles erschaffen. „Ihm“ meint den Logos, das Wort. Umfängt der Logos alles? Oder muss man nicht doch mit dem Islam sagen, dass Gott und Kosmos durch einen unüberbrückbaren Graben getrennt sein müssen, damit Gott sich nicht mit Zeitlichem vermischt? Aber Gott wird durch nichts begrenzt, auch nicht durch dieses Weltall, das vor 13 Milliarden Jahren ins Dasein trat. So wie ein Komponist nicht durch die von ihm komponierte Musik begrenzt würde, wird Gott durch seine Schöpfung nicht gemindert.
An Weihnachten hören wir die Melodie etwas deutlicher, die Gott auf der Geige dieser Welt spielt. Auch wenn alles vergeht, auch wir selber, so fällt nichts aus Gott heraus, kein Spatz und kein Haar von unserem Kopf, sagt Jesus. Es steht uns Neugeburt bevor. Der Jahreswechsel blickt nach vorne. Jedoch nehmen wir das Misslungene mit. Deshalb bleibt die schwierige Frage:

Wie werden wir vom Schlechten befreit?

Untaten, Verrat, Lüge, Gewalt, Krieg zielen darauf, dass etwas nicht ist. Der Neid gönnt dem anderen nicht das Gelingen, der Dieb nicht den Besitz, die Lüge leitet den anderen in die Irre. Was sein könnte, verunmöglicht die Sünde. Sie richtet sich gegen Mitbewohner der Erde. Letztlich soll der andere nicht sein, weil ich dann mehr bin. Kain und Abel passiert jeden Tag neu. Untaten bewirken Nichtung: wohin fällt dann das, was nicht sein soll, wenn das Nichts als verschlingendes Meer und das  Existierende als Inseln im Meer des Nichts von uns vorgestellt werden? Die Untat stößt das Vorhaben des anderen und dann ihn selbst in das Meer des Nichts. Aber gibt es einen solchen Ort, wo nichts ist oder fällt der andere nicht in die Hände Gottes. Wenn Gott diesen Kosmos umfängt, sind wir nicht vom Nichts, sondern von dem Ursprung umgeben. Dann aber kann Gott nicht nur die Untat verzeihen, sondern das Wesen auffangen, sowohl den, dessen Leben vereitelt wurde wie auch den, der sich verrannt hat. Erlösung ist dann nicht bloß Rettung des Sünders, sondern die Wiederherstellung des Zerstörten. Das erklärt vielleicht, warum Gott die Untaten der Menschen aushalten kann.

Das Böse wandle sich in Sehnsucht nach dem Guten

Damit blitzt ein Verständnis von Ostern auf: Gott lässt das Leben nicht ins Nichts fallen, sondern fängt es auf. Was neu wird, bleibt das schon vorher Existierende, das vorher Lebende. Dann wäre das, was Bibel mit Hölle bezeichnet, ein Ort, der auch von Gott umschlossen wäre und wäre letztlich nicht vom Teufel beherrscht. Die Vorstellung von der Hölle wäre dann auch nur eine, die der Mensch aus seinen Vorstellungsschemata hervorbringt. Sie wäre eigentlich die Sehnsucht nach Gott. Das erklärt, warum der auferstandene Gekreuzigte zur Hölle hinabgestiegen ist. Das wäre dann keine mythische Vorstellung, die aufgeklärte Christen beiseite lassen sollten, sondern Antwort, wie Gott das Böse überwindet. Wir ahnen es bereits an Weihnachten: Er vernichtet es nicht, sondern verwandelt es in die Sehnsucht nach dem Guten.


Kategorie: Entdecken

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