(explizit.net) Geht es um Glaubwürdigkeit oder um Glauben?
In dem Bistum wird seit Jahren um die Renovierung alter Häuser auf dem Domberg gestritten. Jetzt ist der Kostenplan überschritten. Und das Bistum, so hört man, habe seine Glaubwürdigkeit verloren. Ursprünglich waren die Kosten vom Domkapitel einmal höher veranschlagt, es war noch in der Sparperiode und der jetzige Bischof noch nicht gewählt. Es gab Proteste und es wurden dann ein paar Millionen weniger eingeplant. Aber, so fragt sich jeder, der von solchen Renovierungsprojekten schon gehört hat. Weiß man im Bistum Limburg nicht, dass die Kosten für eine solche Baumaßnahme nie genau abgeschätzt werden können. Es wird immer teurer als am Anfang kalkuliert. Aber war es nicht bei dem Dom schon genau so und noch schlimmer.
Der Limburger Dom ist überflüssig
Die Proteste müssten sich eigentlich gegen den Bau des Limburger Doms selbst richten. Denn nur wegen dieses Bauwerks werden die Häuser renoviert. Als der Dom gebaut wurde, stand nur wenige Kilometer eine gleich große romanische Kirche in Dietkirchen, die dem Apostel des Lahn-Gaus, Lubentius gewidmet ist. Das Stift, für das diese Kirche gebaut wurde, hat bereits im 9. Jahrhundert bestanden, über mehrere Jahrhunderte wurde an der Kirche gebaut, die ältesten Funde gehen auf das 8. Jahrhundert zurück, um 1000 wurde mit dem Bau des jetzigen Gebäudes begonnen. Man kann diese Basilika von der Autobahn aus sehen, wenn man an der großen Limburger Brücke nicht auf Limburg, sondern auf die andere Seite schaut. Aber die meisten schauen auf die Limburger Seite und überlegen, ob sie nicht einen Abstecher in die Stadt machen sollten, um das harmonische Bauwerk von Innen anzuschauen. Der Limburger Dom ist gegenüber Dietkirchen ein Neubau, ebenfalls für ein Stift, der Baubeginn ist um 1180 anzusetzen und übernimmt die Impulse der Gotik aus Frankreich. Eigentlich war der Bau völlig überflüssig und entsprechend dem modernen Denken wäre es eigentlich in den siebziger Jahren spätesten Zeit gewesen, entweder die Basilika in Dietkirchen oder den Limburger Dom abzureißen. Dann wären auch die alten Häuser auf dem Domberg gleich mit aufgeräumt worden. Man hätte immense Renovierungskosten gespart, wenn man die alten Gemäuer durch moderne Leichtbauweise ersetzt hätte. Nur würde man heute feststellen müssen, dass die Bauweise der siebziger Jahre nicht so dauerhaft war, denn die Monier-Eisen wären inzwischen durchgerostet.
Die Limburger wollen den Domberg
Nach aktuellen Nachrichten sind die Limburger Bürger mit der Renovierung der alten Häuser auf dem Domberg zufrieden. Sie denken sicher wie die Menschen, die den Bau der Kirche ermöglicht haben. Damals ging es nicht bloß darum, Kirchensteuermittel zu verteilen, sondern die Bürger mussten selbst mit anpacken und Hand- und Spanndienste leisten. Hätte man ihnen damals am Beginn gesagt, welche Lasten eine solche Großbaustelle mit sich bringt, hätten sich wahrscheinlich auch viele gegen die Baumaßnahme ausgesprochen. Heute will, nachdem die siebziger Jahre überstanden sind, niemand die Bauten missen. Sie sind noch nicht einmal zu Museen geworden, sondern Orte der Gottesdienstfeier geblieben. Aber da könnte man doch fragen, was aus den Gottesdiensten im Bistum Limburg geworden ist.
Glaubensschwund heißt Gottesdienstschwund
Im Vergleich zu den Zeiten, als der Dom gebaut wurde oder zu der Nachkriegsszeit müssen im Limburger Bistum, wie auch überall in Deutschland, viel weniger Gottesdiente gefeiert werden, bei denen auch niemand mehr stehen muss. Es gibt immer genügend Platz in den Bänken. Wenn man von Glaubwürdigkeit spricht, dann geht es doch bei der Kirche erst einmal um den Glauben. Um den sollten sich alle im Bistum doch sehr viel mehr Sorgen machen als über einige Renovierungen. Es ist doch irrig zu meinen, eine gute PR würde zu mehr Glauben führen. Sicher steht ein Bistum im Scheinwerferlicht der Medien, Glaube ist keine Privatsache, so lehrt es die gerade veröffentlichte Enzyklika zum Jahr des Glaubens. Aber zündet dieses Jahr des Glaubens im Bistum oder beschäftigt man sich doch zu sehr mit der Verteilung der Kirchensteuermittel, die übrigens wieder reichlich fließen. Eine riesige Chance haben die Limburger Katholiken sich in Sachen Glauben entgehen lassen.
Die hl. Hildegard – aktuelle Glaubenslehrerin
Papst Benedikt hat im letzten Jahr dem Bistum Limburg eine leuchtende Glaubensgestalt als Kirchenlehrerin geschenkt. Ihr Grab liegt im heutigen Bistumsgebiet. Wer sich mit der Theologie der hl. Hildegard befasst hat und anderen davon erzählt, bemerkt erstaunt, dass Zeitgenossen auf diese Theologie sehr interessiert reagieren. Es sind nicht nur die Dinkel-Fans, die sich von Hildegard ansprechen lassen würden – wenn doch darüber gepredigt, Bildungsabende gehalten würden. Ihre Grundidee ist nämlich, dass Gott den Menschen in die Mitte der Schöpfung gestellt hat, damit er Gott für den ganzen Kosmos repräsentiert. Wenn der Mensch allerdings vergisst, dass er von Gott diesen Platz erhalten hat und meint, er habe sich selbst dahin gestellt, dann gerät alles aus dem Gleichgewicht. Dass die Moderne Vieles aus dem Gleichgewicht gebracht hat, dass spüren die Menschen. Sie finden über den ökologischen Gedanken Zugang zu der Kirchenlehrerin. Eine Entdeckung dieses geistigen Erbes steht für das Bistum Limburg noch aus. Zwar hat Limburg für die Verbreitung der Ideen der hl. Hildegard viel mehr getan als der Großteil der deutschen Bistümer. Aber der Funke ist nicht übergesprungen. Man hört nicht, dass die Texte, die leicht zugänglich sind, studiert würden, dass man sihc Gedanken macht, warum Hildegard Menschen anspricht, die sonst mit der Kirche nichts zu tun haben wollen. Und man könnte doch auch darüber nachdenken, ob die Initiative nicht von einfach von einem deutschen Papst kam, sondern dieser eine Eingebung weiterleitete, die der Geist Gottes den Katholiken in Deutschland als Hilfe anbietet, nicht anbiedernd „niederschwellig“, sondern in klarer Sprache von Gott zu sprechen.
.
Von Rom kam die Initiative, Hildegard neu kennenzulernen. In Deutschland hat das keine nennenswerte Resonanz erzeugt hat. Von Rom kann man darüber hinaus lernen, wie man mit Geldproblemen fertig wird.
Skandal-Bearbeitung in Rom und in Limburg
In Limburg wurde kein Bestechungsfall aufgedeckt, es wurde kein Geld gewaschen, es ist einfach nur teurer geworden. Deine Kostenüberschreitung sollte natürlich in Grenzen gehalten werden. Jedoch geht es bei der Vatikanbank schon heftiger zu. Aber warum reagieren die Medien auf diesen wirklichen Skandal nicht so skandalträchtig wie sich Haupt- und Ehrenamtliche von der Etatüberschreitung in ihrem Bistum „tief betroffen zeigen“?
In Rom muss der Papst wirklich aufräumen, den Auftrag hat er offensichtlich von dem Kardinalskollegium mit auf den Weg bekommen. Jedoch von den Meldungen, die uns aus Rom erreichen, macht die Vatikanbank sehr viel weniger aus als im Vergleich der Domberg in Limburg. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Papst jede Woche ein neues Thema setzt, ob mit einer Morgenpredigt, die Zuhörer aufschreiben, oder wenn er auf die Flüchtlingsinsel Lampedusa fährt.
Die Lehre, die die Katholiken in Deutschland daraus ziehen sollten: Sich um den Glauben kümmern und nicht ständig darauf achten, ob man glaubwürdig ist. Denn wenn man den Glauben in die Mitte stellt, kann man auch erheblich anecken. Zuviel Bemühen um ein gutes Standing in der Öffentlichkeit kann dem Glauben auch schaden.
Und mit der jetzigen Resonanz der Medien auf Papst Franziskus wird es auch einmal vorbei sein. Denn auf die Dauer wird man ihm diese Präsenz in den Medien nicht gönnen. In absehbarer Zeit wird es Leute geben, die beschließen, dieser medialen Erfolgsstory ein Ende zu bereiten. Johannes Paul II. musste das in den neunziger Jahren auch ertragen.
<emphasize>Dr. Eckhard Bieger S.J.</emphasize>
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!