Vom einfachen Arbeiter zum Präsidenten - vom Friedensnobelpreisträger zum Verräter. Schon wieder gibt es Vorwürfe gegen Lech Wałęsa. Er soll mit dem kommunistischen Geheimdienst (SB) zusammengearbeitet haben. Was bedeutet das für Polen?
Die ersten Vorwürfe wurden 1992 laut. Seitdem sind sie trotz Gerichtsurteilen immer wieder umstritten. Zuletzt urteilte das Institut für Nationales Gedenken (IPN) im Jahr 2011, dass der SB in den 1980er Jahren Dokumente gefälscht habe, um Wałęsas Ansehen vor dem Nobelkomitee zu schaden.
2016: Stunde der Wahrheit
Trotzdem warfen auch danach immer wieder einzelne Personen Wałęsa eine angebliche Zusammenarbeit vor. Im Januar 2016 wollte Wałęsa endlich alle Zweifel ausräumen. Im März sollten sich alle Zweifler mit ihm in der Zentrale des Instituts zu einer Debatte treffen. Die Formulierung der Veranstaltung gefiel Wałęsa jedoch nicht. Er sagte ab und wollte gegen das Institut klagen.
General Kiszczaks geheime Dokumente
Kurz danach wandte sich Maria Kiszczak an das Institut. Ihr Ehemann, Czesław Kiszczak war im kommunistischen Polen General gewesen und hatte unter anderem für den Militärgeheimdienst gearbeitet. Er war 1989 auch einer der kommunistischen Führer am Runden Tisch und für kurze Zeit Premierminister. In ihrem Haus hatte er eine Reihe von Dokumenten aufbewahrt. Er war im November 2015 verstorben.
Laut dem IPN enthalten die Dokumente unter anderem Wałęsas Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst sowie von ihm eigenhändig unterschriebene Quittungen für erhaltene Zahlungen.
Fälschung oder Wahrheit?
Das IPN hält die Dokumente für authentisch, während andere meinen, sie müssten noch ausführlich überprüft werden. Wałesa behauptet, die Dokumente enthieltenkeine Fakten. Jedoch weigert er sich auch, seine Version der Fakten offen darzulegen.
Die Aufdeckung der Dokumente spaltet die polnische Gesellschaft noch stärker. Kritiker und Verteidiger Wałęsas streiten sich öffentlich, Wałęsa gibt hin und wieder einen Kommentar ab.
Legende, Witzfigur oder Verräter?
Die Vorwürfe waren in den letzten Jahren eher unbedeutend geworden. Die meisten Polen schätzten seinen Einsatz für ein freies Polen hoch, aber nahmen ihn als Person nicht mehr ernst. Seine politische Wechselhaftigkeit und seine unbedachten Kommentare hatten dafür gesorgt.
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