(c) www.kremlin.ru

Kopenhagen, Merkel, Putin und Obama

(explizit.net) In Kopenhagens City tötete am Samstag der Terrorist Umar Abd al-Hamid al-Husain im Doppelanschlag den dänischen Dokumentarfilmer Finn Nørgaard und in der Nacht den jüdischen Wachmann Dan Uzan vor der Kopenhagener Synagoge. Sicherlich galt dieser Anschlag, bei dem noch fünf Polizeibeamte verletzt wurden, dem schwedischen Zeichner Lars Vilks im „Karikaturenstreit“. Im Kulturcafé ging es um die Kunst, Gotteslästerung und Meinungsfreiheit. Der Täter floh und mordete noch vor der Synagoge, in der eine Bat Mitzwa-Feier ablief, wurde aber am frühen Sonntagmorgen durch die Polizei erschossen. Bürger legten Blumen vor der Synagoge nieder. Premier Helle Thorning-Schmidt meinte, diese sei Terror, aber nicht der Start „des Kriegs zwischen dem Islam und dem Westen“ gewesen. Wer Unschuldige und Juden erschieße, „greife unsere Demokratie an.“ Laut Spionagechef Jens Madsen regte den Täter wohl der Pariser „Charlie Hebdo“-Anschlag an. Kanzlerin Merkel kondolierte und sicherte engen Kontakt im Kampf gegen Terror zu.

(explizit.net) In Kopenhagens City tötete am Samstag der Terrorist Umar Abd al-Hamid al-Husain im Doppelanschlag den dänischen Dokumentarfilmer Finn Nørgaard und in der Nacht den jüdischen Wachmann Dan Uzan vor der Kopenhagener Synagoge. Sicherlich galt dieser Anschlag, bei dem noch fünf Polizeibeamte verletzt wurden, dem schwedischen Zeichner Lars Vilks im „Karikaturenstreit“. Im Kulturcafé ging es um die Kunst, Gotteslästerung und Meinungsfreiheit. Der Täter floh und mordete noch vor der Synagoge, in der eine Bat Mitzwa-Feier ablief, wurde aber am frühen Sonntagmorgen durch die Polizei erschossen. Bürger legten Blumen vor der Synagoge nieder. Premier Helle Thorning-Schmidt meinte, diese sei Terror, aber nicht der Start „des Kriegs zwischen dem Islam und dem Westen“ gewesen. Wer Unschuldige und Juden erschieße, „greife unsere Demokratie an.“ Laut Spionagechef Jens Madsen regte den Täter wohl der Pariser „Charlie Hebdo“-Anschlag an. Kanzlerin Merkel kondolierte und sicherte engen Kontakt im Kampf gegen Terror zu.

Papiertiger

Zuvor trat in Minsk ein zufriedener Präsident Putin auf. Das Abkommen zur Waffenruhe aus den Morgenstunden des Donnerstags vermied ein neues Embargo und erlaubt den mit ihm liierten Separatisten, ihre Stellung auszubauen. Samstag zeigten Satellitenfotos das russische Militär im ukrainischen Debaltzewe und Shachtar. Putin brach sein Wort am 5. September 2014, Kämpfer, Gerät und Rebellen abzuziehen. In der Ostukraine sollte dafür eine Art Autonomie folgen. Nicht minder fraglich ist die jüngste Minsker Vereinbarung vom 12. Februar. Zwar sollte Sonntag die Waffenruhe eintreten, mit der Putin Zugewinne erlangte, und dann schwere Waffen zurückgeholt und Wahlen in der Ostukraine realisiert werden. Doch ist es offen: Rebellen der „Volksrepublik Donetzk“ wollen weiterkämpfen.

Eigen wirkte, dass die Unterzeichner Angela Merkel, François Hollande, Wladimir W. Putin und Alexander O. Poroschenko die „Achtung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit der Ukraine bekräftigen“, aber nicht die Krim erwähnen. Auch Kanzlerin Merkel war skeptisch, es wäre nicht mehr und nicht weniger als ein Hoffnungsschimmer.

Doch erklärten Staats- und Regierungschefs der G7-Gruppe mit Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien, Amerika und Präsidenten des Europäischen Rates wie der Europäischen Kommission in Brüssel am Donnerstag, den 12. Februar, zu jener Minsker Vereinbarung, geeignete Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die gegen das Minsker Paket verstoßen, und somit die Kosten für diese zu erhöhen, insbesondere für alle, die die vereinbarte umfassende Waffenruhe und den Waffenabzug verletzen. Die Europäer verurteilten erneut die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland. Viele Zähne hat der Papiertiger nicht. Putin mag weiter an den Fäden seiner Leute ziehen.

Eurasien

Für die Ukrainer geht eine harte Zeit weiter, gleichwohl in wirtschaftlicher Hinsicht. Sie bedürfen einer Verschnaufpause, in der die Finanzspritze des Weltwährungsfonds über 17,5 Milliarden Dollar nur einen Teil ihrer Geldlücke von 40 Milliarden Dollar deckt. Die Zentralbank in Kiew verfügt nur noch über eine Devisenreserve von 6,4 Milliarden Dollar, wobei ihr der jüngste Krieg bis zu zehn Millionen Dollar täglich kosten soll. Putin hatte am 26. Dezember die vierte Militärdoktrin seit 1991 abgesegnet. Darin werden die „neuen Bedrohungen“ durch die NATO und Amerika benannt: westliche Kräfte in seinen Nachbarstaaten, ein ABM-Raketenabwehrsystem und Schnelle Eingreiftruppen. Dabei weist die Formulierung einer „aktuellen Weltkonkurrenz zwischen Völkern verschiedener Zivilisationen und Werte“ auf eine neue Eskalationsstufe im laufenden Globalkrieg hin.

Der Kreml alliiert sich mit den Staaten seiner „Kollektiven Sicherheitspakt-Organisation“ Abchasien, Armenien, Kasachstan, Kirgisistan, Südossetin, Tadschikistan und Belarus (Beobachter darin sind Afghanistan und Serbien). Ebenso konzentriert sich Moskau auf die BRICS-Länder (Brasilien, Indien, China, Südafrika). Der Pazifik liegt auch im Fokus

Putins. Als Partner zählen China, Belarus und Kasachstan. Sein Augenmerk gilt dem „Kampf gegen den Terrorismus“, darunter den einheimischen und den in Mittelost. Doch bewegt sich Putin selbst auf dünnem Eis. Fast drei Viertel seiner Einnahmen kommen aus Erdöl und Erdgas. Deren Preise sind halbiert, bleiben wohl längere Zeit so. Er kann sich keine Embargos oder Wettrüsten leisten. Wie lange mag er noch abenteuerlich handeln?

Halbe Kampfansage

Zwar erklärte Obamas Sicherheitsberaterin Susan E. Rice am 6. Februar, Amerika sehe keine Existenzbedrohung mehr wie im Zweiten Weltkrieg. Doch die Realität ist anders. Diesmal ist es die islamistische Expansion. Wenn Putin verlässlich wäre, könnte er dabei Brücken zur Europäischen Union bauen. Er hat das gleiche Problem. Wegen der Angriffe gegen „Charlie Hebdo“ erklärten Staats- und Regierungschefs samt Europäischer Rat in Brüssel am 12. Februar, Ziel der Anschläge waren die Grundwerte und Menschenrechte. Alle hätten das Recht auf ein Leben ohne Angst. Man werde gemeinsamen Werte wahren und alle Bürger vor ethnisch oder religiös motivierter und rassistischer Gewalt schützen.

Dies bedeute auch, „dass wir die Feinde unserer Werte bekämpfen.“ Gegen den Terror, den Brüssel freilich nicht benannte, wurden einige Punkte als Richtschnur für die Arbeit in den nächsten Monaten dienen. Darunter sind eine Richtlinie für Fluggastdatensätze, Kontrollen an den Außengrenzen, Abgleich der Terrordatenbanken, Kooperation von Europol und Eurojust, Bekämpfung des Handels mit Feuerwaffen, der Geldwäsche der Finanzierung des Terrors. Gut, dass diese Euromedaille eine sehr wichtige Kehrseite hat.

Sie besteht in Schritten gegen die Radikalisierung und in der Wahrung der Werte. Das soll Internetseiten betreffen, die Terror propagieren. Zudem geht es um Strategien der Kommunikation von Toleranz, Nichtdiskriminierung und Freiheit. Terrorideologien mögen widerlegt – ungenannt –, der Dialog zwischen Religionen und Gemeinschaften intensiviert werden. Gefragt sind Aktionen der allgemeinen und beruflichen Bildung, Beschäftigungsmöglichkeiten, Integration und Resozialisierung, um den Faktoren der Radikalisierung auch in Haftanstalten entgegenzuwirken. Europas Außenbeziehungen sollen dem dienen, auch in Syrien, Libyen, Mittelost und Mittelafrika. Im April gehe es um die Sicherheitsagenda. Der Rat bilanziert dann die genannten Schritte im Juni.

Aber wie steht es in Europa um Säkularisierung, Islamisierung und Antiislamismus? Wie werden Mehrheiten zu Minoritäten und wirkt das judäo-christliche Kulturerbe fort? Für alle steht das Grundgesetz als die Messlatte. Solche Punkte mag die evangelische Christin Merkel in ihrer zweiten Audienz beim Papst Franziskus am 21. Februar in Rom erörtern.

Halbe Kampfabsage

Präsident Obama ersuchte am Donnerstag den Kongress, ihm Kriegsvollmachten gegen den „Islamstaat“, seine Zweige und Partner zu erteilen. Aber allein für drei Jahre, ohne längeren Einsatz von Bodentruppen. Dies fand viele Kritiker unter Abgeordneten. Einige sagten, man möge den „Islamstaat“ nicht halbherzig, sondern nur mit aller Kraft angehen. Inzwischen sind 30.000 Jihadis auf dem Vormarsch. Immerhin griffen 25 den al-Asad-Luftstützpunkt im Westirak bei al-Baghdadi an, wo 300 Amerikaner als Trainer wirken. Sicher fehlt in Washington eine klare Strategie und Taktik und es gab zu viel Boden auf.

Jihadis beglichen Verluste durch Rekrutierung. Hunderte sind in Afghanistan – wie ex-Taliban Abd ar-Rauf Khadim, den vorige Woche eine Drohne traf –, Algerien, auf Sinai – 38 Tote durch die Ansar Bait al-Maqdis am 29. Januar – und in Libyen, wo 21 Christen am 14. Februar enthauptet wurden. Ägyptens Präsident Abd al-Fattah as-Sisi hat für den blutigen Akt am Strand nahe Tripolis Rache angekündigt. Im Webvideo droht ein Jihadi, von Sicherheit könnten „Kreuzfahrer“ nur noch träumen. Wie falsch es von Obama war, in dieses Klima noch die verfehlte Rede auf die Kreuzzüge zu bringen, ist offenkundig.

As-Sisi fühlt sich durch den „Islamstaat“ in die Mangel genommen: auf Sinai wüten im Osten die Ansar al-Bait al-Maqdis und im libyschen Westen Ihresgleichen. Ein Konflikt dehnt sich aus. Aber IS-Jihadis kamen in auch Pakistan auf. Jemen fiel in die Hand des „Islamstaats“, der al-Huthi, hinter den Iran wirkt, und der al-Qaida. Dieses Land zerfällt.

Vergleicht man Europas Vorhaben mit denen Amerikas, so fällt auf, dass die Definition der Gegner unscharf ist. Zweitens fokussiert sich Amerika auf das Militär, indes Europa Softpower favorisiert, aber wenig akademische Potenziale erschließt. Zudem sollten Militär und Ideologie transatlantisch ineinander greifen. „Die Feinde unserer Werte“, so die Europäer, agieren transregional und global. Dementsprechend muss also die Abwehr ausfallen, soll sie denn wirksam sein. Schließlich fehlen kurz-, mittel- und langfristige Analysen, die erklären, wie die Welt in den aktuellen Globalkrieg glitt, wodurch, wann und in welcher Zeit dieser überwunden werden soll. Dies befasst mehrere Generationen. Die Welt dreht sich erst noch in Anfangsstadien in diesen heißkalten Globalkrieg hinein. Eigentlich hat sie viele andere Probleme. Doch fehlen Weisheit, Wissen und Konsequenz.

<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>


Schlagworte: #Merkel #Obama #Putin

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang