Frankfurter Buchmesse 2025 - Foto: Christian Schnaubelt

Kommentar: "Die taz nur noch am Wochenende zum Anfassen"

Das Digitale verleibt sich die gedruckten Zeitungen ein. Der "taz", die jetzt ihre gedruckte Werktagsausgabe einstellte, werden auch andere Medien folgen (müssen). Zeitung gibt es dann nur noch am Wochenende zum Anfassen. Journalistische Qualität gibt es nicht umsonst, wir müssen entscheiden, wo wir sie bezahlen. Qualität bekommen wir nur, wenn wir sie bezahlen. Ein Kommentar zur Lage der (Print-) Medien.

- ein Artikel im Rahmen des explizit.net - Monatsthemas "(Digitales) Lesen 2025" in Kooperation mit dem Portal www.kath.de -  

Hintergrund: Die gedruckte "taz" erscheint jetzt nur noch am Wochenende

Wie die "taz" am 17. Oktober 2025 mitteilte wird die Zeitung - nach 46 Jahren - werktags nur noch digital und nur noch am Wochenende gedruckt erscheinen. Die Gründe dafür führte die "taz" auf ihrer Website an. Bei der Frankfurter Buchmesse 2025 verteilte die Zeitung eine Sonderausgabe zur "Zukunft des Journalismus" (s. Foto). 

Der Blick aufs Ganze zersplittert


Zeitung auf Papier ist auch ein Gefühl, nicht nur, etwas in der Hand zu haben, sondern die Welt auf 24 oder 36 Seiten zu finden. Was ich in den Abendnachrichten gehört oder gesehen habe, kann ich morgens gründlicher nachlesen, ergänzt durch das Lokale. Ich bin in der ganzen Welt zu Hause und kann in mein Büro oder meine Werkstatt gehen, um mich auf den Ausschnitt des Gesamten zu widmen, den ich zu meinem Beruf gemacht habe. Was ich dort tue, ist zwar nur ein geringer Teil des Ganzen. Weil so viele aber auch die Welt verändern, gibt es heute Abend wieder Nachrichten. Diese war bisher in der Zeitung zusammengefasst. Es wurde durch Wochenzeitungen und Zeitschriften ergänzt, vom Kicker bis zu Kirchenzeitung. Die Zeitung gab dem Leben einen Takt. Bereits die stündlichen Nachrichten im Radio wie im Fernsehen beschleunigten den Takt, aus dem Handy fließt ununterbrochen Neues.

Jeder kann auf seinem Account „zeitigen“, was mit ihm los ist

Seit Beginn dieses Jahrhunderts ist ein Turbo hinzugekommen, der das Lokale durch das Persönliche erweitert. Zuerst auf Facebook und inzwischen über Instagram, TikTok u.a. erscheinen auch Zeitungen, die Menschen über mit Fotos und Rexten bestücken. Das war bisher den Fürstenhäusern und Stars vorbehalten. Für diese gibt es immer noch Gala und die Yellow Press, aber die Stars müssen auch ihre Zeitung in den Social Media möglichst täglich neu herausbringen, damit sie im Gespräch bleiben. Das hat für die bisherige Zeitung, die ihre Leser:innen immer noch zuverlässig durchs Leben führt, zwei Konsequenzen.

  1. Der eine Lotse, der morgens im Briefkasten den Zustand der Welt abgeliefert hat, ist durch viele, auf bestimmte Gebiete spezialisierte Dienste und Newsletter ergänzt worden und hat damit an Relevanz verloren. Die Auflage der Zeitungen geht zurück. 

  2. Je geringer die Auflage der gedruckten Zeitung, desto teurer wird das einzelne Exemplar. Die Einrichtung der Druckmaschinen kostet gleich viel, ob 10.000 oder 100.000 Exemplare gedruckt werden. Die Austräger gehen an immer mehr Briefkästen vorbei, in die sie früher eine Zeitung gesteckt haben. Je geringer die Auflage, desto weniger Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft.

Es trifft zuerst die Blätter mit einer geringen Auflage. Die "taz" hat 14.000. Diese auch noch bundesweit in 14 Tsd. Briefkästen zu stecken, ist bei gestiegenen Papierpreisen und höheren Löhnen nicht mehr möglich. Die Lokalzeitungen werden länger durchhalten und sich wahrscheinlich immer mehr auf das Lokale beschränken.

Wie gewinnen die Leser:innen dann den Überblick über Politik, Wirtschaft und Kultur? 

Die Wochenzeitung wird wohl auch weiterhin auf Papier gelesen. Ob die Linksammlungen auf Firefox u.a. die Zusammenhänge herstellen werden, um über das Ganze im Bilde zu bleiben, ist fraglich. Die Wochenzeitungen sind es in ihrer jetzigen Anlage auch nicht, denn sie setzen die Leser:innen voraus, der/die das Weltgeschehen die Woche über verfolgt hat und sich durch gründliches Lesen darauf einen Reim machen will. 

Fazit: Wir Leser:innen haben es in der Hand, indem wir entscheiden für welche Inhalte wir zahlen. Wir sollten nur Qualität fördern! 

Ob die Tageszeitung oder andere Anbieter uns den Überblick über das Ganze ermöglichen, ist noch offen. Ob das über Papier oder den Bildschirm besser gelingt, ist noch nicht ausgemacht. Für Papier spricht nicht nur das weniger Flüchtige, sondern auch das geringere Risiko, von Fakenews belästigt zu werden. Für Digital die Aktualität und Möglichkeit, auf weitere Darstellungen zu verlinken.

Ein Kommentar von Eckhard Bieger S.J.


Kategorie: Medien Monatsthema

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