Maria imKapitol, Köln; F:explizit.net, E.B.

Kirche ent-institutionalisieren

Die zentralisierte Katholische Kirche kommt nicht aus den Schlagzeilen. Dabei geht es nicht um den Glauben, sondern um Mängel in den Verwaltungen. Das beschleunigt den Trend zu neuen Formen, Kirche zu leben. Nicht mehr der Bischof mit seinen Hauptamtlichen "backt" das Brot, so wie nicht mehr zehntausende Brötchen aus der Fabrik kommen, sondern aus der Backstube nebenan. „Wir backen unser Brot selber“, wie geht das?

Das Pfingsmotiv auf dem Foto oben, zeigt,wie die Kirche entstanden ist

Industriell hergestellte Brötchen sind preisgünstiger, jedoch verlieren sie ihren Geschmack. Ähnlich geht es den Kirchen mit ihren Angeboten. Immer mehr haben diese ihren Geschmack verloren. Die Missbrauchsthematik zeigt auch für andere Bereiche: Die Verwaltungen sind nicht handlungsfähig, sondern wie beim Missbrauch nicht selten selbst das Problem. Aufarbeitung heißt verwaltungstechnisch: „Akten auszuwerten“. Das hilft aber keinem der Opfer und zeigt wieder deutlich, dass Verwaltungen Prozesse endlos in die Länge ziehen können. Damit haben sie den Eindruck verfestigt, dass die Institution Katholische Kirche keine glaubwürdige Antwort auf den Missbrauch zu finden scheint. Was die Opfer brauchen, ist nicht die Auswertung von Akten, sondern die Begegnung mit dem Täter und daher Bischöfe, die nicht Rechtsanwälte beauftragen, sondern Täter motivieren, ihre Verbrechen einzugestehen und die Opfer wenigstens um Verzeihung zu bitten. 
Ein Seismograph für das Glaubensleben ist die Gebetspraxis. Beobachtungen von Mitgliedern des Vereins zur Förderung des Gebets zeigen, dass zukunftsfähige Ansätze Kontur gewinnen.  

Verwaltungen verwalten

Eine bischöfliche Verwaltung "glaubt" eben nicht, noch kann sie beten, sie kann nur verwalten. Sie schafft es inzwischen sogar, aus einem Gottesdienst einen Verwaltungsvorgang zu "machen". Nun demonstrieren die Verwaltungen gerade, dass sie die Missbrauchsproblematik auch im 12. Jahr nicht lösen werden. Die katholische Kirche präsentiert sich als Institution und mit einer Theologie, die in Handbüchern und Lexika abgespeichert ist. Hinzukommen die Schreiben, Rahmenordnungen, Leitlinien, allein 109 sind von den Deutschen Bischöfen veröffentlicht bzw. erlassen. Es scheint: Die Institution sichert das Glaubensleben.
Kann die bischöfliche Verwaltung mit der Steuerung der Finanzen und den vielen Regularien aber das Glaubensleben lebendig erhalten. Sie legt Pfarreien zusammen, aber die Unterlagen für Liturgie und religiöse Bildung befördern Pfarrbüros schon seit Jahren ungelesen in den Papierkorb. Die durch die Zentralisierung uniformierte Glaubenspraxis bringt die Menschen nicht mehr auf den Geschmack. Das gilt auch für die theologischen Handbücher und Lexika. Die daraus entwickelten Predigten locken die Gläubigen nicht mehr in die Gottesdienste. Das kann das Fernsehen inzwischen sogar besser, so dass beide Konfessionen mit den Übertragungen im ZDF mehr Menschen erreichen als sich in ihren Kirchen versammeln. Was zeichnet sich ab:

Kirche selber machen,

  • -        in kleinen Gemeinschaften,
  • -        auf die Person, ihre Glaubensüberzeugungen und Wertorientierung zu setzen,
  • -        die Frauen zum Zuge kommen lassen,
  • -        Neu beten
  • -        Feste feiern

Ein neues, vom Glauben der Person getragenes kirchliches Leben wird in seinen Konturen erkennbar. An der Erstkommunionvorbereitung zeigt sich das so: Es werden nicht mehr die von der Diözese herausgegeben Mappen zugrunde gelegt, sondern Erwachsene erzählen in ihren Worten die biblischen Geschichten. Denn das Überzeugende liegt nicht in den Unterlagen, sondern in der Überzeugung der Personen. Das zeigen auch alle medialen Bemühungen, Glaubensleben zu vermitteln. Angeschaut werden die Videos und Sendungen, in denen die Person zur Sprache kommt.

Gebetsgruppen wachsen, noch als zarte Pflanzen

Eine weitere Zukunftsperspektive zeichnet sich in den Gebetsgruppen ab, die in der Pandemie auch digitale Treffpunkte entwickelt haben. Diese werden vor Ort und im Internet wahrgenommen, sind jedoch von den Verwaltungen nicht erfasst. Da die Homepages die Abteilungen in der Verwaltung abbilden, jedoch keine Abteilung sich zuständig zu fühlen scheint, bleiben sie unterhalb der institutionellen Wahrnehmung. Der Förderverein ist dabei, eine Plattform aufzubauen, auf der sich die Gebetsgruppen vorstellen und vernetzen können.

Nachwuchsmangelführt zum Abbau der Hierarchien

Institutionen brauchen Hauptamtliche. Ob Gerichte, Schulen, Krankenhäuser, sie bieten Stellen für Hauptamtliche. Um eine solche Stelle zu bekommen, muss man eine Ausbildung durchlaufen und ein Abschlusszeugnis vorlegen. Dass die Institution Kirche in Deutschland in einer Krise steckt, wird an dem fehlenden Nachwuchs deutlich. Viele theologische Fakultäten werden aufgegeben, weil die Universitäten bei so wenig Studierenden die Lehrstühle auf die Fächer umwidmen, die die Hörsäle füllen. Es gibt ein inneres Moment, das nicht mehr an der Kirche andockt. Sich, wie es im Wort Beruf anklingt, gerufen fühlen. Wenn das Problem nicht bei den jungen Menschen sucht und in der Bibel nachliest, dann gibt es die von Gottes Geist geweckten Berufungen. Sie docken offensichtlich nicht mehr an der Institution „Kirche“ an. Auch andere Berufe brauchen Menschen, die den inneren Ruf hören. Pflegekräfte, Richter, Forscher, Künstler haben über diese innere Stimme ihren Weg in den Beruf gefunden. Bei Lehrern ist inzwischen deutlich, dass diejenigen die höchsten Lernleistungen freisetzen, die eine solche innere Berufung deutlicher spüren. Für eine Aufgabe in einer Religionsgemeinschaft ist die religiöse Berufung zentral, die sich in verschiedenen Begabungen, den Charismen entfalten. Paulus verwendet das Bild des Leibes, um die verschiedenen Charismen als Einzelaufgaben für das größere Ganze zu verstehen. Wenn die neue Glaubenspraxis auf die einzelne Person setzt, wird auch das Charisma jedes Einzelnen in den Blick kommen. Das wird die Rolle der Hauptamtlichen auflösen. Man wird nicht mehr Gemeindereferentinnen von Pastoralreferenten unterscheiden und schon gar nicht zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen. Auch die Priester-Rolle wird nicht mehr zwingend mit der Leitungsrolle verbunden bleiben. Denn nicht jeder, der die Berufung zum Priestertum spürt, hat das Charisma zu leiten. In den Orden wird das längst praktiziert. Dort gehen die Priester ihren priesterlichen Aufgaben nach, jedoch nur einige sind befähigt, ein Kloster zu leiten.
Diese Egalisierung, die eintritt, wenn nicht der Fachhochschul- oder Universitätsabschluss den beruflichen Einsatz steuert, sondern das Charisma, wird den Frauen die Wirkmöglichkeiten wieder eröffnen, die sie in der frühen Kirche hatten. Das Christentum wird, anders als der Islam von Frauen getragen. Sie verstehen offensichtlich die Botschaft Jesu schneller.

Feste

Bis zur Pandemie waren Feste wie Christi Himmelfahrt und auch Ostern und Pfingsten Anlass, Urlaub zu machen. Auch feierte man eher Partys als einen Feiertag durch einen Gottesdienst zum Festereignis zu machen. Es deutet sich eine Wiederbelebung der Feste an. Glauben braucht das Fest, um ganzheitlich erfahrbar zu werden.

Das Neue zeigt Konturen. In der mit ihrer überreicht mit Finanzmitteln ausgestatteten deutschen Kirche und den damit etablierten Strukturen, die dann auch finanziell gesteuert werden, tut sich schwer, Neuem Raum zu geben. Dieser Platz würde sich sofort zeigen, wenn christliche Gemeinden von den Personen her entwickelt werden, auf deren Glaubenspraxis und ihre Begabungen. Der Geist Gottes baut bereits die neue Kirche.  

Es folgen weitere Beiträge, so zu den Pfadfindern und, wie Schrebergartenvereine Menschen zusammenbringen.

Link: Kleine christliche Gemeinschaften, Christian Hennecke hat weltweit recherchiert, wie man Kirche ohne das viele Geld hinbekommt:
Priester – für kleine christliche Gemeinschaften

Die Caritas ist der Nährboden für neue Gemeindeformen

Die Französische Kirche hat nur drei Monate gebraucht, um einen Fonds aufzubauen und sich den Opfern zuzuwenden: Vatican-News, Fonds zur finanziellen Entschädigung


Kategorie: Kirche

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