(c) Thomas Porwol

Kein Interesse für ein christliches Theologiestudium

Seit 1995 bis 2012 ist die Anzahl der Studienanfänger in Deutschland um fast die Hälfte gestiegen.Die am meisten gewählten Studienfächer sind Betriebswirtschaftslehre, Maschinenbau und Rechtswissenschaft. 2012 wurden in Deutschland 495.088 Studienanfänger registriert. Je Semester also etwa 247.544 neue Studenten. Im Wintersemester 2008/2009 haben sich 672 Studierende für das Fach katholische Theologie eingeschrieben und 993 für die evangelische Theologie, zusammen also 1665 Studienanfänger der christlichen Theologie. Eine aktuellere Studie, die die Anzahl sowohl von katholischen und evangelischen Theologiestudienanfängern getrennt auffasst, gibt es noch keine. Diesen Zahlen entsprechend haben die Studienanfänger im Fach Theologie einen Anteil von 0,67 Prozent an der Gesamtzahl der Studienanfänger. Was sind die Gründe dafür, dass sich die Studierendengeneration nicht mehr für ein Theologiestudium entscheidet?

Seit 1995 bis 2012 ist die Anzahl der Studienanfänger in Deutschland um fast die Hälfte gestiegen.Die am meisten gewählten Studienfächer sind Betriebswirtschaftslehre, Maschinenbau und Rechtswissenschaft. 2012 wurden in Deutschland 495.088 Studienanfänger registriert. Je Semester also etwa 247.544 neue Studenten. Im Wintersemester 2008/2009 haben sich 672 Studierende für das Fach katholische Theologie eingeschrieben und 993 für die evangelische Theologie, zusammen also 1665 Studienanfänger der christlichen Theologie. Eine aktuellere Studie, die die Anzahl sowohl von katholischen und evangelischen Theologiestudienanfängern getrennt auffasst, gibt es noch keine. Diesen Zahlen entsprechend haben die Studienanfänger im Fach Theologie einen Anteil von 0,67 Prozent an der Gesamtzahl der Studienanfänger. Was sind die Gründe dafür, dass sich die Studierendengeneration nicht mehr für ein Theologiestudium entscheidet?

Theologie ist keine Alternative mehr

In der Schule sind die naturwissenschaftlichen Fächer bedeutend, wenn es darum geht, die Wirklichkeit zu verstehen. Ihnen wird höchste Erklärungsautorität zugesprochen. Andere Interpretationsalternativen erscheinen nicht notwendig, auch stehen sie in der Gesellschaft nicht hoch im Kurs. Es gilt: Mathematik, Physik, Biologie und Chemie erklären Tatsachen. Religion und Ethik gelten im Vergleich als ungenau und auf der Ebene von Deutungsrelevanz nicht miteinander zu vergleichen. Die durch diese Erkenntniskultur geprägte Haltung zeigt sich auch in der geringen Zahl der Philosophiestudenten. 2008 gab es in Deutschland ungefähr 15.000 Philosophiestudenten (

<p>). Im gleichen Jahr wurden in Deutschland insgesamt 2.025.742 Studierende registriert (</p> <p>

<p>). Was soll man also mit Theologie anfangen können, wenn sie so wenig zu sagen hat? Es liegt bei Philosophie wie bei Theologie auch daran, dass die Berufschancen, die ein solches Studium eröffnet, sind sehr viel weniger bekannt, als für die meisten anderen Fächer.</p> <h2>Berufschancen, die ein Theologiestudium eröffnet</h2> <p>Die Oberschüler wissen nicht, dass Theologen auch außerhalb des kirchlichen Betriebs vielfältig tätig sind. Der Anteil der Priesteramtskandidaten ist von der Anzahl der Theologiestudenten der weitaus kleinere Teil. Der Verleger Manuel Herder schildert seine Beobachtungen in „Berufschancen für Theologinnen und Theologen“ so: „Theologen sind geisteswissenschaftliche Allrounder, sie beherrschen den Umgang mit Texten, sie können in großen Zusammenhängen denken, sie haben gelernt, was Loyalität heißt, und sie besitzen ein hohes Berufsethos; alle diese Punkte führen dazu, dass ich keineswegs darüber verwundert bin, wenn ehemalige Herder-Praktikanten – und nur auf die habe ich in diesem Beitrag Bezug genommen – derzeit in vielen außerkirchlichen Berufen zu finden sind, in Verlagen ebenso wie in Banken, als KNA-Redakteure ebenso wie als McKinsey-Berater, in kommunalen Behörden ebenso wie in Länder-Ministerien.“ (Patrick Becker: </p> <p><emphasize>Berufschancen für Theologinnen und Theologen</emphasize>

<p> / Georg Pelzer (Hg.). Freiburg : Herder, 2006, 59.)</p> <h2>Theologie befindet sich in Deutungskonkurrenz mit weltanschaulichen Evolutionstheorien</h2> <p>Am Beispiel der Frage nach der Entstehung des Menschen wird deutlich, dass die Theologie sich in einer Deutungskonkurrenz befindet. Diese Frage scheint für die Mehrzahl der Studierenden durch die Evolutionstheorie genügend geklärt. Sie wird von breiten Kreisen der Bevölkerung als Weltanschauung verstanden. Aber gibt die Evolutionstheorie wirklich die ganze Wahrheit über die Herkunft des Menschen preis, oder hat hier auch die Theologie mitzureden? Vielen Christen fehlen zu diesem Thema die Begriffe, um ihren Glauben, als eigenständige und verlässliche Antwort auf die tiefergehende Frage nach der Herkunft der Person, nicht nur des biologischen Individuums, auszudrücken. Es bestehen Artikulationsschwierigkeiten bezüglich der Dimension des göttlichen Schaffens und des Zusammenhangs einer christlichen Wirklichkeitsauffassung. Evolutionstheorie und Schöpfungstheologie gewinnen ihr Wissen von grundverschiedenen Erkenntnisquellen. Wie die Antworten dieser beiden Disziplinen jedoch aufgefasst und ins Verhältnis gestellt werden, das sagt viel darüber aus, wie der Mensch die Wirklichkeit und sich selbst versteht. Schöpfungstheologie hat nicht nur berechtigte, sondern auch gute Antworten. Jedoch erreicht sie die meisten Menschen von heute nicht.</p> <h2>Die Theologie muss ihr Welt- und Menschenbild ins Gespräch bringen</h2> <p>Theologie als wissenschaftliche Disziplin bleibt nicht ausschließlich wertvoll für die Gemeinschaft der Gläubigen. Sie prägt die Erkenntniskultur eines Landes entscheidend mit. Mit einer Vorbildung in Philosophie erkennt der Theologe, dass es unterschiedliche Wege gibt, an die Wirklichkeit heranzugehen und kann diese deutlich machen. Dabei gibt es auch Wege, die von Einseitigkeit geprägt sind und zu logischen Denkfehlern führen. Z.B. hilft die Physik oder Biologie wenig, wenn es um die Frage der Menschenrechte geht. Wenn sich eine Gesellschaft ausschließlich auf wenige Methoden der Erkenntnisgewinnung konzentriert und andere weglässt, dann gewöhnt sich der Mensch an diese. Er wird sich selbst schließlich durch diese Methoden zu erklären suchen. Das Ergebnis kann dann Hilflosigkeit und Verzweiflung sein. Die Folge ist eine Verflachung der Kultur, wenn entscheidende Fragen übersehen werde: Wozu bin ich gemacht? Wie geht es mir in und mit meinem Leben? Wie viel Einfluss habe ich? Kann ich glücklich werden? Was kann ich tun, damit mein Leben gelingt? Fragen dieser Art können mit den Methoden der Naturwissenschaft nicht befriedigend beantwortet werden. Hier kann die Theologie tragfähigere Antworten geben.</p> <p>Florian Wolny</p>


Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang