Sebastian Sehr | DPSG

Jugendverbände überholt - Stimmt nicht, es gibt Ausnahmen

(explizit.net) Jugendverbände überholt - Stimmt nicht, die Pfadfinder müssten nicht die Ausnahme sein

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In den siebziger Jahren blühten die Jugendverbände. Sie boten den flügge gewordenen jungen Menschen den Raum, um mit Gleichaltrigen zusammen zu sein und etwas zu unternehmen. Den Zeitläufen folgend wurde nicht nur die Gestaltung des eignen Lebensraumes, sondern die Gesellschaft Thema. Mit der Studentenbewegung wollten auch die kirchlichen Jugendverbände Mitspracherechte erkämpfen. Mit dem Auslaufen des Politischen in der Gesellschaft verlor auch das Thema an Attraktivität. Die Wenigen, die sich für Politik interessieren, gehen gleich in die entsprechenden Jugendorganisationen der Parteien. Der größere Teil der Jugendlichen hat mitbekommen, dass die Politik nicht so viel ändern kann, wie es sich die Achtundsechziger versprochen hatten. Zudem haben sich viele Reformvorhaben gerade im Bildungssystem, wo die jungen Leute den besten Einblick haben, nicht zu Verbesserungen geführt, sondern nicht wenige Reformen haben sich als Sackgasse entpuppt.

(explizit.net) Jugendverbände überholt - Stimmt nicht, die Pfadfinder müssten nicht die Ausnahme sein

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In den siebziger Jahren blühten die Jugendverbände. Sie boten den flügge gewordenen jungen Menschen den Raum, um mit Gleichaltrigen zusammen zu sein und etwas zu unternehmen. Den Zeitläufen folgend wurde nicht nur die Gestaltung des eignen Lebensraumes, sondern die Gesellschaft Thema. Mit der Studentenbewegung wollten auch die kirchlichen Jugendverbände Mitspracherechte erkämpfen. Mit dem Auslaufen des Politischen in der Gesellschaft verlor auch das Thema an Attraktivität. Die Wenigen, die sich für Politik interessieren, gehen gleich in die entsprechenden Jugendorganisationen der Parteien. Der größere Teil der Jugendlichen hat mitbekommen, dass die Politik nicht so viel ändern kann, wie es sich die Achtundsechziger versprochen hatten. Zudem haben sich viele Reformvorhaben gerade im Bildungssystem, wo die jungen Leute den besten Einblick haben, nicht zu Verbesserungen geführt, sondern nicht wenige Reformen haben sich als Sackgasse entpuppt.

Die Pfadfinder sind eigenständiger

Wegen ihrer internationalen Vernetzung sind die Pfadfinder nicht so nahe auf die aktuellen Trends der Gesellschaft eingegangen und haben ihre Identität anders bewahrt als z.B. die Katholische Junge Gemeinde, die KJG, die mit dem nachkonziliaren Aufbruch enger verbunden war und die mit dem Leerlauf dieses Kirchenmodells auch an Elan verloren haben. Die KSJ, die Katholische Studierende Jugend, hat ihr Monopol verloren, das sie bis zur Bildungsreformen hatte, nämlich, dass sie praktisch als einziger katholischer Jugendverband Gymnasiasten angesprochen hatte. Inzwischen sind auch die Mitglieder der Landjugend weitgehend Schüler - wie auch die der Pfadfinder.

Letztere hatten, anders als die aus der Jungschar hervorgegangene Katholische Junge Gemeinde, eine größere Eigenständigkeit gegenüber der Pfarrei. Zwar sind die Pfadfinder auch mit einer Pfarrei verbunden, organisieren sich aber unabhängiger. Insgesamt gestalten sie ihr Gruppenleben eigenständiger und daher mit größerer Distanz auch zum aktuellen Seelsorgspersonal. Die Pfarrei kann die Pfadfinder unterstützen, aber kaum in eine Richtung lenken. Die holt sich die örtliche Gruppe, der "Stamm", aus dem Verband. Was aber funktioniert in der Postmoderne?

  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Nicht die Leistung, sondern die Person zähltNeben der Schule sind es auch der Sportverein wie die Musikschule, die von den Kindern und Jugendlichen Leistung fordern. Anders die Pfadfinder; sie stellen den einzelnen in der Gruppe in den Mittelpunkt. Die Gruppen absolvieren kein vorgegebenes Training oder ein Programm, sondern bestimmen gemeinsam über das, was sie tun wollen. Das gilt auch für die Siebenjährigen, die Altersgruppe, die zuerst Pfadfinder werden können, diese können bereits in der DPSG mitbestimmen. </paragraph>
  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Erleben im MachenDie Weltbewältigung wird bei den Pfadfindern nicht vor allem über Theoriearbeit angegangen, sondern im Umgang mit der Natur und durch die Gemeinschaft. Schon jedes Kind kann ein Feuer anmachen, Zelte aufbauen, für das Essen mitsorgen, zumindest spülen und so seine Fähigkeiten und seinen Beitrag für das Projekt der Gruppe in verschiedenen Spielen, bei Schnitzeljagden und den anderen Formen, die sich in früheren Generationen bewährt haben, erproben.</paragraph>
  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Die ProjektmethodeJe älter die Pfadfinder werden, desto mehr strukturiert sich das Gruppenleben durch Projekte, die die Gruppenmitglieder selbst auswählen und gemeinsam umsetzen. Diese Projekte können sich auf die eigene Gruppe, die Unterstützung der Jüngeren aber auch ein Projekt in der Kirchengemeinde oder für das lokale Umfeld oder eine Partnerschaft mit einem Stamm in einem anderen Land, sogar auf einem anderen Kontinent beziehen. Das Hauptprojekt eines Pfadfinderstammes bleibt, wie seit Generationen: </paragraph>
  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Das Sommerlager Den höchsten Erlebniswert hat das Lager, das nicht mehr nur in der Nähe, sondern auch häufiger im Ausland stattfinden kann. Da die Pfadfinder internationale Lager, sog. Jamborees veranstalten, gewinnt ein Mitglied internationale Erfahrungen und über solche Treffen auch eine Partnerschaften im Ausland.</paragraph>
  • <paragraph xmlns:tmp="http://ez.no/namespaces/ezpublish3/temporary/">Die Stufen, die man als Pfadfinder durchläuft.Die Pfadfinder haben nicht einfach Gruppen, in die man eintritt und dann in ihr bleibt. Vielmehr sind die Gruppen altermäßig zusammengesetzt:Wölflinge bis zum Ende der Grundschule, Jungpfadfinder bis etwa zum 8. Schuljahr, Pfadfinder und dann ab etwa 16 Jahren die Rover. Wenn man das Alter erreicht hat, wechselt man in die nächst höhere Gruppe.Die Leitung ist ebenfalls differenziert. Die Altersgruppen werden von Älteren geleitet. Die Altersgruppen sind manchmal untergliedert, eine solche Untergruppe leitet ein Gleichaltriger, welcher von der Gruppe gewählt wird.</paragraph>

Jugendbewegung, Demokratie-Verständnis und Leitungspersönlichkeiten

Die Pfadfinderbewegung hat die Elemente der Jugendbewegung in Deutschland aufgegriffen, die jedoch für die Pfadfinderbewegung nicht so neu waren. Das Leben in der Natur, die Selbstbestimmung in den Aktionen und Projekten, Gemeinschaft im Lager erleben, sich dazugehörig fühlen, das alles trifft bei den Pfadfindern auf eine vorgegebene Struktur, die die Übernahme von Verantwortung kennt. Hatte die Achtundsechziger Demokratiebewegung das Ideal, dass eine Gruppe sich jeweils als Ganzes steuert und allenfalls eine Leitung braucht, um die Gruppe nach außen zu vertreten, haben die Pfadfinder Leitung immer als eine Aufgabe verstanden, die der Gruppe dient, jedoch auch spezielle Kenntnisse braucht. Die Gruppendynamik wurde in den siebziger Jahren integriert. Leitung kann man lernen, dazu bieten die Diözesanverbände Kursmodule an, die das Risiko eines Scheiterns stark vermindern und den Pfadfindern im Vergleich zu anderen Verbänden eine relativ größere Zahl von Mitgliedern beschert, die bereit sind, ein Leitungsaufgabe zu übernehmen. Über die Jahre zeigt sich, dass es einige sind, die sich längere Zeit engagieren und damit einen Stamm, d.h. die örtliche Gruppe, stabilisieren. Das ist deshalb notwendig, weil ein Jugendverband im Verlauf von 3 oder 5 Jahren mehr Mitglieder gewinnen muss als eine Erwachsenengruppierung. Im Vergleich zu den Nachkriegsjahren sind die Leitungskräfte heute älter, sie müssen sogar für einen Großteil der Aktivitäten und Projekte mindestens 18 Jahre als sein. Um die Arbeit der Leiterinnen und Leiter zu stärken und den Verband qualitativ und quantitativ weiterzuentwickeln hat die DPSG-Bundesversammlung an Fronleichnam 2014 einen fünfjährigen Verbandsentwicklungsprozess beschlossen.

Weibliche Mitglieder

Die Pfadfinder erkannten schon früh die Fähigkeiten von Frauen für Leitungsaufgaben. So bestand international die Regel, dass die Jüngsten, die Wölflinge, von einer Frau geleitet werden. Da die Gruppenaktivitäten der Jüngsten nach dem Modell des Dschungelbuches gestaltet wurde, hieß diese Leiterin früher Akela, im Dschungelbuch der Name des Leitwolfs. Mit der Achtundsechziger Bewegung wurde auch in den Jugendverbänden die strikte Geschlechtertrennung aufgehoben und die koedukative Arbeit aufgenommen. Seit Mitte der siebziger Jahre werden Mädchen wie Jungen aufgenommen. Oft leiten heute eine junge Frau mit einem jungen Mann einen Stamm.

Herausforderung Medienwelt

Wie alle Vereine und Verbände ist auch für die Pfadfinder die Durchdringung der Kinder- und Jugendwelten mit den digitalen Medien die größte Herausforderung. Warum etwas selbst ausprobieren oder sich mit anderen treffen, wenn das Internet und die Social Media schon alles bereithalten?. Es ist dann einerseits das gemeinsame Erleben von Natur und Abenteuer sowie das Willkommensgefühl, das die Leitungen vermitteln, was iPod und Smartphone ausstechen. Andererseits können die Pfadfinder ihre internationale Arbeit und Kontakte bestens über das Internet und Soziale Netzwerke pflegen. Allerdings müssen die Pfadfinder bereits die Kinder früh für das Wölflingsrudel gewinnen, wollen sie noch die Jugendlichen im Pubertätsalter an sich binden.

Bürokratisierung

Wie das übrige Leben wird auch das der Jugendverbände immer mehr von Vorschriften eingeengt. Hatte die Jugendbewegung die Bevormundung durch Erwachsene abgeschüttelt und sich „aus grauer Städte Mauern“ in die Natur zurückgezogen, ist der Erwachsenenwelt gelungen, die Jugendgruppen wieder mit einem Netz von Kontrollen zu überziehen, Gesundheitsämter, Ordnungsämter u.a. wachen über alles, was sich etwas außerhalb der Wohnungen abspielt. So können Zelte heute mancherorts nicht mehr einfach auf einer Weide, die ein Bauer zur Verfügung gestellt hat, aufgerichtet werden. Es müssen praktisch die Campingstandards erfüllt werden. Dass bei größeren Treffen das Gesundheitsamt kommt und das gekochte Essen überprüft zeigt, wie die Erwachsenenwelt meint, die Jugendarbeit unterstützen zu müssen. Was diese Bürokratie kostet, wird dann an den Fördermitteln eingespart.

Trotzdem ist es den Pfadfindern gelungen einerseits ihre über 100 jährige Tradition zu erhalten und andererseits die Arbeit an der Lebenswirklichkeit der heutigen Kinder- und Jugendlichen auszurichten. Der DPSG gehören bundesweit rund 95.000 Mitglieder an, in Deutschland gibt es insgesamt rund 220.000 anerkannte Pfadfinderinnen und Pfadfinder. Weitere Infos auf:

<p> und </p> <p>

<p>.</p> <p><emphasize>Eckhard Bieger S.J. </emphasize>

<p><emphasize>(ehemals Mitglied des Stammes St. Agatha, Dorsten)</emphasize>


Schlagworte: #DPSG #Jugend

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