Sonntag vor einer Woche wurde der Führungswechsel bei der Deutschen Bank bekannt gegeben. Die mediale Begleitung richtete sich dabei vorzugsweise auf Anshu Jain. Der Abgang von Jürgen Fitschen wurde weit weniger beachtet. Dazu war letzterer eher zu farblos, zum anderen scheint man froh zu sein, dass sich Angeklagte im Kirch-Prozess nicht in der aktuellen Führung der Bank finden.
Eine Lesart, vielleicht die am meisten verbreitete zum Abgang von Anshu Jain, lautet: Er war ein unglaublich genialer und erfolgreicher Investment-Banker. Er ist in Folge des Libor und ähnlicher Skandale zum Rücktritt gekommen. Jetzt teilt sich die öffentliche Meinung in zwei Lesarten; je nachdem ob man annimmt, dass er von den Skandalen und Manipulationen wusste oder nicht.
Übermensch oder Letztveranwortlicher
Anshu Jains Einsetzung als Vorstandsvorsitzender erfolgte in einer Doppelspitze. Das war das erste Hindernis. Die öffentliche Zuschreibung zu ihm blieb weiter als Investmentbanker. Und gerade diese Zuschreibung und Tätigkeit war öffentlich umstritten.
Auch die Zuschreibung als einzigartig genialer Investmentbanker mit einem Gefolge von "Soldaten" ist problematisch, als sei er die Inkarnation eines übermenschlichen Geldmachers. In der Finanzindustrie gibt es viele geniale Mathematiker, theoretische Physiker etc. die mit entsprechendem Finanzkenntnissen oder Unterstützung sehr erfolgreich ihren Spieltrieb in Hedgefonds oder der Konzeptionierung neuartiger Finanzprodukte ausleben. Man werfe nur einen Blick auf manche Konferenz oder z.B. um einen Namen zu nennen in Publikationen von
<p> oder </p> <p> <p>.</p> <p>Zur Frage ob er von den Unregelmäßigkeiten gewusst hat: Wenn man jetzt nicht gerade ein Komplott gegen die Deutschen Bank annimmt, müsste man sagen: Er hätte gerade mit seiner Vorbildung, wissen können, was da passiert. Und das reicht, damit er Verantwortung übernehmen muss.</p> <h2>Scheitern durch sich-Verstecken </h2> <p>Anshu Jain ist aber aus anderen Gründen gescheitert. Die eine Lesart wäre: Die Doppelspitze war immer nur ein Interregnum. Solange bis der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner sich entschieden hat. Die andere Lesart, die unabhängig von der vorigen zutrifft ist: Anshu Jain hat nicht vermocht, als Vorsitzender angemessen zu handeln und aufzutreten; vor allem ihm ist nicht gelungen, sich als Vorstandsvorsitzender neu zu erfinden. Denn mit der Übernahme der Position des Vorstandsvorsitzenden war Anshu Jain nicht mehr nur der geniale Investmentbanker, sondern Vorstandsvorsitzender eines globalen Stake Holders. Ein Vorsitzender der Deutschen Bank muss am öffentlichen Diskurs aktiv teilnehmen und ihn prägen. Das hat lokal und global zu erfolgen. Das kann wie bei Josef Ackermann teilweise schief gehen, auch wenn fraglich ist, wer das bei ihm zu verantworten hat, aber er muss es tun. Aber was Anshu Jain gemacht hat, war Versteck spielen. Gerade die letzten drei Jahre hätte er das Gesicht der DB sein müssen. Auch wenn das bedeutet hätte, dass er wöchentlich in einer Talk Runde im Fernsehen auftritt. </p> <p>Anshu Jain hätte diese Position viel mehr ausfüllen müssen, nicht notwendigerweise so wie ein Josef Ackermann oder die Vorsitzenden der der Bank in den 70er oder 80er Jahren. Eine authentische Präsentation durch ihn hätte genügt, aber nicht ein Vergraben der Talente. Mögen die Umstände und die Gegenspieler noch so widrig gegen Anshu Jain gewesen sein, er hat die Rolle des Vorsitzenden nicht adäquat aktiv angenommen und alleine deswegen musste er scheitern.</p> <p>Ullrich Spreitzer</p>
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