Bank des Hl. Geistes, Lissabon, Foto: explizit.net

Grundeinkommen soll Sozialhilfe ersetzen

Wenn der Staat allen Bürgern einen Betrag auszahlt, unabhängig davon, ob er bedürftig ist, wird diskutiert. Im französischen Präsidentenwahlkampf war es Thema. Der sozialistische Kandidat Benoît Hamon propagierte es, ohne damit seine Wahlniederlage verhindern zu können. explizit.net bringt zwei Beiträge, die das Thema aufreißen.

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens

Manche halten es für verrückt, absurd oder unrealistisch, andere finden es längst überfällig und dringend nötig: Das bedingungslose Grundeinkommen. Die Idee: Der Staat gibt jedem Bürger ohne Gegenleistungen Geld, das zur Existenzsicherung ausreicht. Dadurch wird es jedem ermöglicht frei zu entscheiden, wie viel, wann, wo und ob er arbeitet. Arbeiten, um zu leben, ist den Verfechtern des Grundeinkommens ein Dorn im Auge. Der freie, vernunftbegabte Mensch, der sich frei für Arbeit entscheidet, steht im Vordergrund.

Wie kann das Grundeinkommen gestaltet sein? 

Die Meinungen zum bedingungslosen Grundeinkommen gehen nicht nur in Deutschland weit auseinander. Finnland probiert es gerade aus: Dort bekommen 2.000 zufällig ausgewählte Arbeitslose zwei Jahre lang ein Grundeinkommen. Bedingungslos, ohne Gegenleistung. 560 Euro jeden Monat.
Die Schweiz wollte ebenfalls zufällig ausgewählten Bürgern 2.500 Franken geben. Allerdings war die Mehrheit der Schweizer davon nicht überzeugt. Im vergangenen Jahr haben in einer Volksabstimmung 78 Prozent gegen die Einführung des Grundeinkommens gestimmt.

Deutsche Initiativen

Auch in Deutschland findet die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens ihre Anhänger. So sind verschiedene Initiativen entstanden, die sich die Umsetzung des Grundeinkommens auf die Fahnen geschrieben haben.
Eine Initiative ist das Netzwerk Grundeinkommen. Daraus ist inzwischen eine eigene Partei "Bündnis Grundeinkommen" (BGE) geworden. Die Partei will 2017 zur Bundestagswahl in allen Bundesländern mit Landesliste antreten. Ziel der Partei ist die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland. Ist das Ziel erreicht, soll die Partei wieder aufgelöst werden.

Eine Vision hat auch Michael Bohmeyer mit seiner Online-Plattform "mein-grundeinkommen.de". Auf seiner Homepage kann man ein einjähriges Grundeinkommen gewinnen, 1.000 Euro werden bei einem Gewinn monatlich ausgezahlt. Das Grundeinkommen wird unter allen registrierten Nutzern verlost. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten: Als sogenanntes Crowdhörnchen spenden Teilnehmer monatlich einen selbst festgelegten Betrag. Jedem Crowdhörnchen wird bei allen Verlosungen automatisch eine Losnummer zugeteilt, mit der die Person an der Ziehung teilnimmt. So wird diese Initiative auch finanziert. Der Initiator hat immer wieder neue Ideen und entwickelt seine Plattform wie auch die Umsetzung der Initiative stetig weiter. So gibt es auch andere Möglichkeiten, das Projekt finanziell zu unterstützen. Neben den klassischen Einzelspenden gibt es auch noch andere Arten der Spende wie beispielsweise das Crowdphone. Hier gehen zehn Prozent der Einnahmen von Mobilfunkverträgen mit dem Anbieter goood, an die Initiative von mein-grundeinkommen.de. So haben bisher schon 47.000 Menschen für 70 Menschen ein Jahr Grundeinkommen finanziert. Immer wenn 12.000 Euro zusammenkommen, wird ein neues Grundeinkommen verlost. Gewinnen können dabei nicht nur Erwachsene. Denn auch eine Registrierung als Familie ist möglich. So erhöhen sich die Gewinnchancen durch die eigenen, registrierten Kinder.

Das Grundeinkommen in anderen europäischen Ländern

Finanzierung durch Internet-Verlosung: Im Kleinen und Privaten kann ein Grundeinkommen so aufgebracht werden. Für einen Staat, selbst für einen kleinen, wird die Frage der Finanzierung schon schwieriger. In der Schweiz etwa hätte das Grundeinkommen ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts gekostet. Vermutlich ein wichtiger Grund, weshalb die Schweizer Nein zur Initiative gesagt haben.

Auch im französischen Präsidentschaftswahlkampf spielt die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens eine Rolle. Benoît Hamon, Kandidat der Sozialisten, nennt das bedingungslose Grundeinkommen als eine zentrale Forderung seines linken Wahlprogramms. Er will ein bedingungsloses Grundeinkommen von 750 Euro für alle volljährigen Franzosen. Hamon sieht eine schrittweise Einführung des Grundeinkommens vor, indem zunächst die Mindestsicherung um zehn Prozent erhöht werden soll. Anschließend soll das Grundeinkommen für alle 18- bis 25-Jährigen eingeführt werden. Dann im dritten Schritt erst soll das bedingungslose Grundeinkommen für alle umgesetzt werden. Die Kosten würden sich auf ca. 400 Milliarden Euro jährlich belaufen.

Die Entscheidung Finnlands, 560 Euro monatlich auszuzahlen, sorgt aber ebenfalls für Diskussionen. Dies ist kein Betrag, der in Skandinavien für ein gutes, sorgenfreies Leben ausreichend ist. Doch die Definition des bedingungslosen Grundeinkommens ist weiterhin umstritten. Soll das Grundeinkommen für ein durchschnittliches Leben ausreichen oder nur zusätzlich zu den regulären Einkünften sein? Finnland versucht dadurch das soziale System des Landes zu vereinfachen und mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es ist bewusst nicht auf eine vollständige Existenzsicherung angelegt. Das Grundeinkommen soll kein Ersatz für Arbeitslosengeld oder ähnliches sein und wird auch nicht versteuert. Es soll als Zusatz zu den normalen Einkünften einen höheren Lebensstandard ermöglichen und so den Menschen mehr Sicherheit geben.

Die Idee geht um die Welt

Das gleiche Konzept steckt auch hinter der Idee, das Grundeinkommen in Kenia noch in diesem Jahr zu verwirklichen. Die amerikanische Wohltätigkeitsorganisation givedirectly hat sich zum Ziel gesetzt, die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens und seine bestmögliche Umsetzung in Kenia auszuprobieren. Insgesamt werden 30 Millionen Dollar benötigt, um das Grundeinkommen in Kenia zu testen. Knapp 24 Millionen sind schon zusammengekommen, auch dank privater Großspender wie dem Ebay Gründer Pierre Omidyar. Er hat eine halbe Million Dollar über seine Investmentplattform Omidyar Network gespendet. Ziel ist, neben der Verbesserung der Lebensumstände, vor allem die Wirkungen des Grundeinkommens zu erforschen. Daher gibt es drei Testgruppen. Die erste Gruppe besteht aus 80 kenianischen Dörfern (ca. 10.000 Menschen) und bekommt das Geld in Form einer Einmalzahlung ausgehändigt. Die zweite Gruppe, die ebenfalls aus 80 Dörfern (ca. 12.000 Menschen) besteht, erhält das Einkommen über einen Zeitraum von zwei Jahren. Die dritte Gruppe, die aus 40 Dörfern (6000 Menschen) besteht, bekommt über 12 Jahre jeden Monat das Geld in Höhe von umgerechnet 20 Euro ausgezahlt. Zusätzlich gibt es eine vierte Gruppe (100 Dörfer), die kein zusätzliches Einkommen erhält und zur Kontrolle beziehungsweise zum Vergleich dient.

Grundeinkommen fordert ein Umdenken in Wirtschaft und Gesellschaft

Es wird sich zeigen, welche Gruppe das bedingungslose Grundeinkommen am sinnvollsten eingesetzt hat und welche Auswirkungen die Ergebnisse von Kenia auf die Wirtschaft und auf andere Länder und deren Finanzierungsmodelle haben.

Eins steht jedoch fest: Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens muss realisierbar sein und von der Gesellschaft getragen werden. Die Idee ist weltweit im Aufwind und wird immer beliebter, auch bei Großunternehmern wie Götz Werner, dem Chef der Drogeriemarktkette DM. Er sieht im bedingungslosen Grundeinkommen auch eine Chance, den Begriff und Wert von Arbeit neu zu definieren und ein Umdenken in Wirtschaft und Gesellschaft zu bewirken mit mehr Lebensqualität für den Einzelnen.

Dass es ein Umdenken in der Gesellschaft braucht und die Menschen sich nicht mehr primär über ihre Arbeit definieren sollten, sehen auch Bill Gates und Elon Musk, der Chef und Gründer von Tesla und SpaceX. Durch  den technischen Fortschritt in Form von Robotern und künstlicher Intelligenz ergibt sich laut Musk eine bevorstehende Massenarbeitslosigkeit und eine damit verbundene soziale Herausforderung. Das Grundeinkommen ist seiner Meinung nach ein wichtiger Schritt dem entgegen zu wirken.

Kommentar: Grundeinkommen als Chance zur individuellen Freiheit im christlichen Sinne

In der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens steckt auch eine christliche Perspektive: Bei diesem Konzept wird der Mensch als eigenständiges, selbst denkendes und entscheidendes Wesen in seiner Würde und seinem Wert wahrgenommen und geachtet. Der Mensch hat von Gott die Freiheit bekommen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und indeterminiert zu handeln. Diese Chance wird durch das Grundeinkommen wieder neu entdeckt.

Katharina Penits

s.a. Beitrag "Grundeinkommen gegen Hartz IV"



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