EM-Gottesdienst in der "Glückauf" - Kampfbahn

Generalvikar Klaus Pfeffer am 09.06.24 in Gelsenkirchen

"Fußball und der liebe Gott" - Interview mit Generalvikar Klaus Pfeffer

Heute (14. Juni) startet die Fußball-Europameisterschaft der Männer in Deutschland. Glaube und Fußball verbindet, überall auf der Welt. Besonders intensiv ist diese Verbindung im Ruhrgebiet, wo der Generalvikar des Bistums Essen am letzten Sonntag einen Gottesdienst zur EM feierte. Im Rahmen der Serie "Fußball und der liebe Gott" hat explizit.net Klaus Pfeffer zum Thema "Fußball und Religion" interviewt.

explizit.net veröffentlicht anlässlich der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland eine Artikelreihe zum Thema "Fußball & Religon".

1. Herr Generalvikar Pfeffer, sie haben am letzten Sonntag einen Gottesdienst im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft an einem Ort mit viel Fußballgeschichte zelebriert. Wo fand der Gottesdienst statt und was haben Sie dabei den Gläubigen und Fans mit auf den Weg gegeben?

Pfeffer: Die Glückauf-Kampfbahn in Gelsenkirchen-Schalke war der Ort, an dem wir einen ungewöhnlichen und stimmungsvollen Gottesdienst gefeiert haben. Der Ort hatte einen besonderen Reiz: Hier ist der FC Schalke 04 groß geworden und hat gleichzeitig den Stadtteil Schalke geprägt und den Menschen hier enorm viel gegeben. Fußball trägt dazu bei, Menschen und Regionen zu stärken, sie bis in ihre Identität hinein zu stützen. Einige ältere Leute, die dabei waren, erzählten mit leuchtenden Augen, wie es in den Nachkriegsjahren war, wenn die Menschen in die Glückauf-Kampfbahn strömten und teilweise auf Bäumen saßen, um die Spiele zu verfolgen. Die Bedeutung des Fußballs kann wirklich enorm sein – und deshalb macht es Sinn, vor einem so großen Ereignis wie einer Europameisterschaft einen Gottesdienst zu feiern. Mir war wichtig, an die verbindende Kraft des Fußballs zu erinnern und dafür zu werben, dass es hier wie überall im Leben nicht um Gegnerschaft oder gar Feindschaft geht, sondern um das Miteinander von Menschen, Kulturen, Nationen. Wir müssen all denen die „rote Karte“ zeigen, die den Fußball dazu missbrauchen, um Hass und Gewalt zu verbreiten. Im Fußball wie überall im Leben dürfen wir „die anderen“ nicht zu Feinden erklären, sondern müssen begreifen, dass das Spiel auf dem Platz und das große Spiel des Lebens nur im Miteinander geht. Auch deshalb haben wir für einen friedlichen Verlauf des Turniers gebetet – und darum, dass die nächsten Wochen dazu beitragen, ein europäisches Fest der Verständigung und des Friedens zu feiern.           

2. Fußball und Religion gehören besonders im Ruhrgebiet eng zusammen. In Gelsenkirchen gibt es beispielsweise eine "Fußballkirche" mit dem wahrscheinlich einzigen Kirchenfenster mit einem fußballspielenden Heiligen und in der "Arena auf Schalke" gibt es eine ökumenisch genutzte Kapelle. Ist das Ruhrgebiet besonders (Fußball-) gläubig?

Pfeffer: Die Fußballvereine im Ruhrgebiet haben teilweise eine historische Verbindung zu Kirchengemeinden, weil sie in einer Zeit entstanden, als unsere Region noch stark von den Volkskirchen geprägt waren. Die kirchlich gebundene Religiosität verschwindet im Ruhrgebiet heute allerdings genauso wie anderswo in Deutschland. Die Begeisterung für den Fußball ist geblieben und prägt das Ruhrgebiet vielleicht stärker als manch andere Region in unserem Land. Das hängt damit zusammen, dass die Clubs über viele Jahrzehnte identitätsstiftend waren für ihre Städte oder Ortsteile, in denen die Menschen im Bergbau und der Stahlindustrie hart arbeiten mussten. Sicher kommt hinzu, dass der Fußball durchaus Phänomene aufzeigt, die es auch in Religionen gibt. „Schalke ist meine Religion“, heißt es bei manchen Fans. Und wahrscheinlich könnten das die Fans vom BvB, vom RWE, VfL oder MSV ähnlich sagen. Natürlich ist der Fußball keine echte Religion, aber für viele Menschen hat er – zumindest zeitweise – eine fast schon existentielle Bedeutung.

3. Hand aufs Herz: Für welche Mannschaft schlägt ihr Herz bei der Europameisterschaft und welche Bundesliga-Mannschaft feuern sie an? Und darf bzw. sollte man eigentlich für den Sieg einer Fußballmannschaft beten? Denn mit Gott sind wir doch alle Sieger, oder?


Pfeffer: Das ist für mich keine Frage: Natürlich fiebere ich mit der DFB-Elf und hoffe sehr darauf, dass wir endlich mal wieder aus dem tiefen Tal der letzten enttäuschenden Turniere herauskommen. Und „mein“ Verein, das wissen viele ja auch, ist der FC Schalke. Seit ich denken kann, schlägt mein Herz für die Blauweißen und seit vielen Jahren bin ich auch Mitglied. Und was das Beten betrifft: Ich kann Gott alles erzählen und ihm auch meine Wünsche vortragen. Da gibt’s keine Verbote. Ich habe als Kind tatsächlich auch mal für eine Schalker Meisterschaft gebetet – leider ohne Erfolg. Macht aber nix. Denn heute weiß ich, dass Gott nicht dazu da ist, alle unsere Wünsche zu erfüllen, sondern uns ein erfülltes Leben zu schenken, auch wenn nicht alles nach unseren Wünschen läuft. Und mit Schalke habe ich auch ohne Meisterschaft großartige Momente erlebt! Und ich freue mich auch, wenn die anderen Revierclubs erfolgreich sind! Jetzt aber gilt erst einmal, dass die EM zu einem großen Fest wird.    

Lesetipp "Fußball – Glücksmomente und Niedergeschlagenheit" bei hinsehen.net:
https://hinsehen.net/artikel/fussball-gluecksmomente-und-niedergeschlagenheit/


Interview und Fotos:
Christian Schnaubelt
(Chefredakteur & Herausgeber von kath.de)


Kategorie: Religion

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