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Die Jugend zieht es ihn die Städte

(explizit.net) Die Jugend will weg vom Land. Immer mehr junge Menschen wollen sich lieber in der Stadt selbst verwirklichen als auf dem Lande, denn dortige Arbeits- und Bildungsmöglichkeitensind beschränkt, die Freizeitangebote sind mager oder kaum vorhanden und dasdemographische Gefälle steigt ebenfalls mit den Jahren. Was macht die Land- undDorfregionen so unbeliebt?

(explizit.net) Die Jugend will weg vom Land. Immer mehr junge Menschen wollen sich lieber in der Stadt selbst verwirklichen als auf dem Lande, denn dortige Arbeits- und Bildungsmöglichkeitensind beschränkt, die Freizeitangebote sind mager oder kaum vorhanden und dasdemographische Gefälle steigt ebenfalls mit den Jahren. Was macht die Land- undDorfregionen so unbeliebt?

Die deutschen Metropolen erfahren seit Jahren einen ungemein starken Zulauf. Zunehmendmehr Bürger sind der Meinung, dass sie sich nur in den Großstädten verwirklichen können.Vor allem junge Paare und Singles wandern in prosperierende Ballungsräume, in denen vorallem die größeren Arbeitgeber dichter angesiedelt sind und Jobchancen ehererfolgsversprechend ausfallen. Die urbane Wiederbelebung oder Reurbanisierung, wie sie inder Presse bezeichnet wird, ist grade mal ein paar Jahre alt. Sie bleibt jedoch nicht ohneKonsequenzen.

Der Zyklus zwischen Stadt und Land

Noch Ende der 90er Jahre hatten viele Städte mit der Stadtflucht, also der Abwanderung inländliche Randgebiete, zu kämpfen. Arbeiter, junge Familien der Babyboomer-Generationund Häuslebauer sorgten für „Urbane Schlafplätze“ rund um die Speckgürtel derBallungszentren. Die Stadt hatte damals an Attraktivität verloren, die Ruhe in derWohnumgebung und ein stressfreies Umfeld waren entscheidende Faktoren, welche für vieleMenschen Grund genug waren, die Stadt als Wohn- und Lebensraum zu verlassen. DasRuhrgebiet hatte in den 80ern über 600.000 Menschen an das Umland verloren. Vorwiegenddas Münsterland und Westfalen waren bevorzugte Umzugsgebiete. Nun scheint dieStadtflucht seit ein paar Jahren endgültig gestoppt zu sein, denn schon 2011 kündigte dasSchweizer Wirtschaftsforschungsinstitut im Prognos Zukunftsatlas eine Kehrtwende an.

Die Polis war immer beliebt, damals wie heute

Selbst Familien mit Kindern nehmen wieder vermehrt die Stadt als anziehenden Wohnortwahr. Mangelnde Spielplätze, Verkehrschaos und schlechte Luft scheinen keine handfestenArgumente mehr gegen den Ortswechsel zu sein. Wer in der Stadt bereits wohnt, arrangiertsich damit und entdeckt die Vielfalt der urbanen Kultur: Einkaufen bis in die Abendstunden,Musik und Freizeit Angebote in der unmittelbaren Nähe, gute öffentlicheVerkehrsanbindung, vitales Leben mit Kunst und Clubs in den urbanen Milieus. Und dieStädte bessern nach: Stadtplaner machen sich zunehmend mehr Gedanken, wie familiäresLeben in Stadt attraktiv werden kann, so wuchs das Image der großen deutschen Städte inden letzten Jahren deutlich. Mit all dem kann ein ländliches Dorf nicht mithalten. Vor allemdie Bildungsmöglichkeiten sind dort minimal. Die Hälfte der Jugendlichen in Deutschlanderlangt die Hochschulreife, somit ist die Wahrscheinlichkeit, eine akademische Ausbildunganzustreben, sehr hoch. Dies gelingt besser, wenn man in der Nähe einer Fach/Hochschule oder Universität wohnt. Ist dies nicht der Fall, steht ein Umzug an, der immer weniger miteiner Rückkehr in die alte Heimat endet.

Die Landregionen müssen sinkende Bevölkerungszahlen hinnehmen

So läuft Jahr für Jahr den Landregionen die Jugend davon, denn die wirtschaftlicheEntwicklung wird verstärkt vom demografischen Wandel geprägt. Da der Weggang der 20-bis 40-Jährigen das Geburtendefizit weiter zuspitzt, entsteht bei andauerndem Fortgang einTeufelskreis. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) legt Zahlen vor,in denen das Durchschnittsalter der Bevölkerung bis 2030 von derzeit 43 Jahren auf über 47Jahre steigen wird, dabei ist die Entwicklung in den ostdeutschen Gebieten noch weitausgravierender. Prognosen nach wird in den ländlichen Gebieten die Bevölkerung um einFünftel schrumpfen. Wenn selbst Pfarreien schließen, Kirchengemeinden sich dezimierenund Schulen geschlossen werden, verschwindet ein Großteil des kulturellen Lebens.

Infrastruktur maßgeblich entscheidend für den Zulauf in deutsche Metropolen

Den Umfragen nach, wären die Umzugswilligen oder bereits Umgezogenen junge Familiendurchaus bereit in ländlichen Gebieten zu wohnen, wenn die infrastrukturellen Bedingungenbesser wären. Das Dorf ist also keineswegs abstoßend, es mangelt den Gemeinden nurhäufig an guten Zufahrtstrassen und schnellen Anbindungen zu den Arbeitsplätzen, denn derArbeitsmarkt ist auf dem Lande ohnehin deutlich schlechter als im Umland großer Städte.Der öffentliche Nahverkehr, Ärtzevielfalt und eine gute Nahversorgung mit schnellemInternet bilden ein Teil des heutigen sozialen Lebens. Wo dieses Leben ermöglicht wird, istauch ein kleiner Ort zum Wohnen interessant, sofern es nicht den Charme einesStraßendorfes hat, das generell als unattraktiv gewertet wird.Die Infrastruktur ist entscheidend, ob ländliche Regionen überleben werden, denn einezentrale Lage ist für die Entwicklung vieler Gemeinden entscheidend. Ist diese nichtvorhanden, muss das durch gute Infrastruktur kompensiert werden. Gelingt auch dies nicht,sind die Dörfer in ihrem Bestand gefährdet.

Stadtluft macht frei

Vor allem die Jugend zieht es in die Stadt. Einige Gründe dafür lassen sich benennen:Deutschland ist Single-Land. Über 16 Millionen Single-Haushalte sprechen für sich und dieMehrheit der Singles wohnt in den Großstädten. Die Wahl des Partners in ländlichenRegionen gestaltet sich zunehmend schwieriger. Trash-TV Formate wie „Bauer sucht Frau“befeuern dieses alte Vorurteil und prägen damit das Bild der Menschen, die „abseits“wohnen. Die Vielfalt bzw. das Angebot in der Partnerwahl war schon immer ein nicht zuunterschätzender Faktor und Grund von Mobilität junger Menschen. Auch das Wohnumfeldund Präferenzen für weniger traditionelle Lebensstile als Abwanderungsmotive spielen eineRolle, die mit einer Imageaufwertung korreliert, denn jede Stadt verspricht auch einbestimmtes Image. Somit verändert der demografische und wirtschaftliche Wandelnachweisbar die Siedlungsstruktur in Deutschland, was sich auch finanziell bemerkbarmachen wird, denn durch den Einwohnerrückgang in den ländlichen Regionen entstehen zusätzliche Kosten, etwa bei der Trinkwasserversorgung oder beim Abwasser. Denn dieAufrechterhaltung der Wasserversorgung ist ein teures Unternehmen. Wenn bestehendeWasser und Kanalisationssysteme unterdurchschnittlich genutzt werden, obwohl sie für einegrößere Last konzipiert wurden, dann ist der Verfall nur mit sehr viel höheren Kostenaufzuhalten, da Abwasserkanäle und Leitungen regelmäßig per Verordnung auf Schädengeprüft und repariert werden müssen. Diese Kosten müssen die Kommunen tragen.

Ungleichmäßigkeit in den Regionen wird bleiben

Doch wird wahrscheinlich in naher Zukunft der Großstädter die Liebe zu den leeren undverlassenen Landstrichen wieder entdecken und den Boom umkehren. So lange der Trendaber zur Stadt weitergeht, ist antizyklisches Handeln wichtig. Die ländlichen Regionenmüssen ihre Infrastruktur verbessern um der Entwertung von Immobilien entgegen zuwirken, dem gänzlichen Verschwinden kleinerer Dörfer muss mit Realitätssinn begegnetwerden, der Natur dürfen einige Flächen zurückgegeben werden, was in bestimmtenGebieten womöglich den sanften Tourismus fördern wird. Hier kann Politik von den Kirchenlernen, Großgemeinden bilden und mit mehr Handlungsspielräumen versehen, die regionaleUngleichheit akzeptieren und hinnehmen, dass einige Dörfer im Laufe der Zeit aufgegebenwerden müssen. Zwar wird das nicht das Problem überall lösen, aber die Abwanderungverlangsamen.

<emphasize>Thomas Porwol</emphasize>



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