Wie verhilft man einer Partei, deren Erfolg man eigentlich nicht will, erst richtig zum Erfolg? Eine geniale Medienstrategie und die anderen Parteien bringen auch den letzten Wähler auf die Idee, diese Partie zu wählen. Die Wahlwerbung spiegelt nur, was Medien und die anderen Parteien der AfD vorwerfen. Wer ist für den Erfolg verantwortlich? In Baden Württemberg 15,1 % in Mecklenburg-Vorpommern 20,8 %, in Berlin dann nur 14,2 %. Wie kann man die Dynamik erklären?
Die Nichtwähler zur Wahl bringen
Um den Erfolg zu erklären, fängt man am besten bei den Nichtwählern an. Diese gehen ja deshalb nicht zur Wahl, weil sie keine Partei so überzeugend finden, dass sie sich für sie der Weg zum Wahllokal lohnen würde. Unter diesen und auch den anderen Wählern gibt es viele, die sich mehr von der Politik versprochen hatten. Das nicht zu Unrecht, denn die Parteien hatten ja vor der Wahl allerhand versprochen, eben damit die Menschen zur Wahl gehen. Die Wähler machen dann auch eher das Kreuz bei der Partei, die am meisten verspricht. Am besten schneiden die Parteien ab, die viel versprechen und dabei versichern, dass sich nichts ändern muss. Frankreich laboriert daran, weil der Francois Hollande versprochen hatte, dass alles besser wird und die Reformen nicht notwendig sind. Tsipras hat mit dem gleichen Versprechen gewonnen. Am Ende stehen dann zwei Frauen, in Frankreich Marine Le Pen, in Deutschland Frauke Petry, die versprechen, möglichst alles zu ändern und werden dann noch gewählt. Wie haben die Parteien im Zusammenspiel mit den liberalen Medien das so gut hinbekommen?
Die Wähler zur Wahl locken
Zurück zu den Nichtwählern und den enttäuschten Wählern. Diese Gruppe ist größer als die Wähler der AFD. Denn jeder hatte sich mehr von der Regierung und ihrer parlamentarischen Mehrheit versprochen. Wenn die Politiker, wie in vielen Ländern, auch in Europa, den Erfolg ihrer Wahl im Einheimsen von Bestechungsgeld und anderen Vorteilen sehen, dann sind diese Parlamentarier wie auch ihre Wahlhelfer zufrieden. Aber die können damit fertig werden, die keine persönlichen Vorteile aus dem Amt geschöpft haben- Selbst wenn einige resignieren, sie hatten zumindest ein interessantes Leben. Aber was mit den Wählern, denen versprochen wurde, dass sich für sie etwas zum Besseren ändert, die selbst nicht angepackt, sondern gewartet haben. Sie schauen auf die Politiker, denen sie ja Macht gegeben haben, die aber mit der Macht, so scheint es doch, nichts richtig anfangen konnten. Das ist anders bei denjenigen, die ihr Leben aktiv betreiben, die selbst Unternehmer sind, die brauchen die Politik auch, aber nicht, damit sich ihr Leben verbessert, sondern für gute Rahmenbedingungen.
Den Unentschlossen und Enttäuschten eine Partei richtig nahebringen
Denjenigen, die nicht zur Wahl geht oder zögern, welcher Partei sie überhaupt eine effektive Politik zutrauen, denen kann man leichter eine Alternative zeigen als den Stammwählern. Letztere gehen zur Wahl, damit es nicht noch schlimmer wird, indem ihre Partei regieren kann. Die sog. Wechselwähler, deren Anteil mit der Achtundsechziger-Revolution sehr viel größer geworden ist, haben keine Partei, die gewinnen muss, sondern wählen aus dem Politikangebot aus, was ihnen für ihre Lebenssituation am meisten verspricht. Wenn keine Partei ein überzeugendes Angebot hat und, wie mit der Flüchtlingskrise, die Probleme nur noch vermehrt, werden die Wechselwähler in eine noch größere Distanz zur Politik getrieben. Dann kommt natürlich eine Partei, die das aufgreift. "Unbequem, echt, mutig" - so dreht man die Vorwürfe der Gegner zum eigenen Image.
Die AFD über längere Zeit ins Rampenlicht stellen
Nun müsste eine Partei, die nicht regiert hat, nicht so viele Stimmen bekommen, wie die AFD. Die Grünen mussten sich lange bis zu zweistelligen Wahlergebnissen in den Ländern hocharbeiten. Die anderen Parteien und die Medien haben es ihnen nicht so leicht wie der AfD gemacht. Aber besser als das Wohlwollen ist noch der Ärger der Medienmacher. Sie begleiten die Politik kritisch, picken die Fehler auf und sind auch eher unzufrieden. Sonst wären sie ja Ärzte oder Unternehmer geworden So finden sie schon bei den regierenden Parteien bis zu 90% kritikwürdig. Dann kommt für ARD, ZDF, für Spiegel, Süddeutsche, Tagesspiegel u.a. die AfD, wo man seiner Kritikwut mal richtig freien Lauf lassen kann. Wie wurden die Piraten hofiert. Die alte und die neue AFD, sie erhalten nicht nur viel mediale Aufmerksamkeit, es wird auch ständig registriert, wie sie auf dem Vormarsch sind und bisherige Koalitionen rechnerisch verunmöglichen. Die Attitüde des von sich selbst überzeugten kritischen Journalismus drängt die regierenden Parteien in die Defensive, weil diese ständig mit der wachsenden Protestpartei verglichen werden. Die Medien zeigen es ja: Es kommt eine neue Kraft, die die bisherigen Amtsinhaber bedrängt und mehr Dynamik verspricht.
Die "Lügenpresse" befördert den Erfolg ihrer Verleumder
Die kritischen Journalisten fühlen sich noch dadurch angespornt, dass die Medien als von neuen Parteien meist Mitverursacher allen Übels verbal angegriffen werden. Also widmen sie der Partei noch mehr Aufmerksamkeit, noch mehr Raum und Sendezeit. Man kann sich richtig aufregen, wie schlimm die Ansichten der Partei sind und in Political Correctness schwelgen. Natürlich betreiben die Vertreter der angegriffenen Partei dieses Spiel weiter, gewinnen Sie doch noch mehr Aufmerksamkeit. Sie können deshalb nicht nur bei ihren Anhängern mit Verständnis rechnen. Weil die Medien selbst ständig kritisieren, kann man sie problemlos der Kritik unterziehen. Die Journalisten wiederum können sich, wenn sie über die AfD kritisch berichten, zu Verteidigern der Demokratie stilisieren und besorgen genau so die Sache der AfD.
Die Wähler der AfD sind nicht die AfD
Wer die AfD gewählt hat und die heftigen Reaktionen der „Medien“ wie der Politiker verfolgt, fühlt sich selbst angegriffen. Die Medien verlieren Leser an die Kampfzonen des Internets, die Politiker zukünftige Wähler. Wenn der Berliner SPD-Spitzenkandidat Müller nach dem nicht so hohen Abschneiden der AfD in Berlin diese verbal angreift, dann hat er schon die Wähler, die früher SPD gewählt hatten, von der Rückkehr zu seiner Partei ausgeschlossen. Auch Gewerkschaftler und Kirchenmitglieder haben die AfD gewählt. Anstatt die AfD zu verurteilen, sollten diese Institutionen Gewissenserforschung betrieben, was sie unterlassen haben.
Das Erbe der Achtundsechziger aufarbeiten
Was sich jetzt beobachten lässt, kann auf die Medienphilosophie der Achtundsechziger zurückgeführt werden. Grundsätzliche Kritik am System: Was macht die AFD anders als zu erklären, das Bestehende sei in sich schlecht.
Dann weiter die großen Versprechen, mit den vielen Reformen werde alles besser.
Weiter die Aufteilung der Welt in Gut und Böse. Das Muster greift die AFD erfolgreich auf. Und schließlich die völlige Überschätzung der Politik. Die ganze Gesellschaft musste politisiert werden, selbst die Kindergärten und Seniorenclubs. Entgangen ist den Achtundsechzigern, dass inzwischen immer mehr Lebensbereiche nicht politisiert, sondern kommerzialisiert wurden. Nicht nur hat die Betriebswirtschaft die Soziologie als Leitwissenschaft abgelöst, es gibt einen rasanten Verfall der Lesekultur, der Beschäftigung mit gesellschaftlichen und weltanschaulichen Fragen. Offensichtlich ist doch das Grundanliegen der Achtundsechziger, kritisches Bewusstsein zu schaffen, völlig misslungen. Wenn man der AfD etwas entgegensetzen will, dann muss man bei der Kulturund konkreter bei der Bildung ansetzen.
Politik anders darstellen
Die Politik wird von den Bürgern schon lange nicht mehr als das Heilmittel für die Über der Welt gesehen. Aber die meisten Politiker kommen natürlich mit dem Elan, etwas zu verändern. Wenn die AFD heute so gefährlich scheint, dann doch auch deshalb, weil die Politik immer mehr versprochen hat, als es Ideen, qualifizierte Parlamentarier und Beamte gab. Die vielen Reformen werden heute als zwiespältig und oft als Problemverstärker und nicht Problemlöser erkannt. Wenn die etablieren Parteien wie die Medienmacher mit der Reaktion vor allem der Nicht- und Wechselwähler mit dem Kontrast von überzogenen Versprechungen und zu wenig qualifizierten Ministern und Beamten konfrontiert wird, dann darf das Phänomen AFD nicht ständig präsentiert werden, sondern es muss ordentlich berichtet werden. Es geht nicht nur um politische Ethik, sondern um die großen Lebensbereiche wie Bildung, Gesundheit, Verkehr, Kriminalität, den Wirtschaftsstandort Deutschland und auch um Flüchtlinge. Schon beim Auftreten der Piraten waren die Medien auf deren Wahlerfolg fixiert, anstatt ihrer Berichterstattungspflicht nachzukommen und politische Programme für die einzelnen Politikbereichen abzuklopfen, die sich in den Ministerien konkretisieren. Wo kommen ARD und ZDF ihrer durch Landesmediengesetze vorgeschriebenen Berichtspflichten nach, ob in Bezug auf die Piraten oder die AfD, und wann hören Spiegel u.a. linksliberale Medien endlich auf, die AfD mit der Inszenierung ihrer Wahlerfolge in den nächsten Erfolg zu treiben?
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!