Drei Könige, Glasfenster, Baldung Grien, Kunsthalle Karlsruhe

Die Drei Könige auf dem Weg zu Maria 2.0

Die Drei Könige haben nicht Jerusalem zu ihrer Hauptstadt erkoren, sondern Köln. Auf dem Weg dorthin machten sie am Sonntagmorgen Halt in Mannheim und gaben folgendes dem Autor zu Protokoll. Es ging ihnen um Maria.

Uns, den Drei Weisen, in Köln sind wir sogar Könige, ist nicht klar, ob mit Maria 2.0 die Mutter Jesu gemeint? Zu der hatte uns Herodes geschickt. Wir waren sehr erstaunt, dass sie und nicht ihr Mann uns empfing. Wir fanden sie mit dem Neugeborenen. Natürlich sind wir später immer wieder nach Palästina gekommen und auch Christen geworden. Wir sind weiter unterwegs, aber in diesen Tagen müssen wir inkognito bleiben. Wir haben aus Sicherheitsgründen unsere Handys in den Persischen Golf geworfen, wir sind ja Perser, so dass wir achtgeben müssen, dass die Amerikaner uns nicht orten. Man weiß ja nicht, ob Trump uns auch für die Belagerung seiner Botschaft verantwortlich machen wird. Wir konnten deshalb nirgendwo anrufen und Termine ausmachen.
Hier waren wir bei mehreren Universitäten, um uns kundig zu machen, aber da wurden wir von Hausmeistern abgewiesen, vor dem 7. Januar tue sich gar nichts. Bei den Frauen von Maria 2.0 haben wir es gar nicht versucht. Die nutzen ja auch unseren Feiertag, um zu beraten. Aber als Männer hätten die uns gar nicht zu ihren Sitzungen zugelassen. Dabei wissen wir ziemlich gut Bescheid, wie das mit den Frauen wirklich war. Die haben Jesus doch viel besser verstanden als seine Apostel. Das Urteil dürfen wir uns doch als Männer noch erlauben. Es war auch anders angelegt:

Petrus ging nicht aus einem Machtkampf als Sieger hervor

Was heute die Männerkirche genannt wird, kannte doch die Verehrung Marias. Vielleicht kennt man im lateinischen Westen nicht die Kultur des Mittleren Ostens. Da hatten Frauen nie so eine Bedeutung wie in der christlichen Kirche. Mit Verlaub, hat sie nicht bisher verhindert, dass die römische Christenheit zu sehr von den Bischöfen und Priestern dominiert wurde. Und die vielen Ordensfrauen. Jetzt sucht die Aktion Maria 2.0 die Stellung der Frau wieder neu zu festigen. Aber doch mit mehr Anknüpfung an die Tradition. Es geht doch um Jesus. Waren die Frauen nicht immer diejenigen, die ihn früher und besser verstanden haben. Aber es fing ja auch anders an, was heute als Männerkirche bezeichnet wird:
Petrus wurde nicht einfach der erste Papst, der sich im Streit um die Nachfolge Jesu durchgesetzt hätte. Er wurde in einer Krisensituation, als die Zustimmungswerte für Jesus drastisch zurückgingen, zum ersten Papst, Felsen eingesetzt, weil er auf die Frage Jesu „Und für wen haltet ihr mich?“ antwortete, als die anderen Jünger schwiegen: “Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Es ist also die tiefere Erkenntnis, wer Jesus ist, die Petrus zum Papst machte. Aber waren die Frauen da nicht näher dran:

Die Frauen halten durch, die Männer nicht

Diese Worte des Petrus, dass Jesus nicht aus eigenem Antrieb handelt, sondern tatsächlich der Gesandte Gottes ist, wurde in den kommenden Wochen, in denen alles auf eine tödliche Auseinandersetzung hinauslief, zum Prüfstein. Als es wirklich ernst wurde, knickte Petrus und mit ihm die glorreichen Zwölf ein. Nur ein junger Mann blieb bei den Frauen. Bis heute kann man es sehen:
Auf vielen Gemälden sind die Frauen unter dem Kreuz dargestellt, ohne dass die Theologie dem ein Gewicht zugebilligt hätte. Wenn die Nachfolger der Apostel die Eucharistie erklären, fokussieren sie sich natürlich auf die Männerrunde im Abendmahlssaal. Aber hat Jesus nicht selbst seine Worte über Brot und Wein mit der nahenden Hinrichtung verbunden? Da wechselt aber das Personal. Von den Zwölfen sieht man niemanden mehr. Eure mittelalterlichen Altarbilder zeigen fast nie die Abendmahlsszene, sondern meist die Kreuzigung mit den Frauen und dem einzelnen Jünger. 
Aber wurden die Bilder je richtig verstanden. Wenn es hunderte von Kreuzigungsdarstellungen gibt und da die Frauen zu sehen sind, muss das doch eine Bedeutung haben.
Im Barock rückt dann eine Frau in den Mittelpunkt. Auf den Gemälden über dem Altar wird nicht mehr Maria mit dem Kind auf dem Arm dargestellt, sondern ihre Aufnahme in den Himmel. Das zeigt doch, zumindest in der Kunst:

Das Christentum ist eine Frauenreligion

Soweit wir das von außen mitbekommen haben, war das für die Männer ziemlich schwierig, in Jesus weiter den von Gott Gesandten Messias zu erkennen. Wie konnte Gott es zulassen, in einem zu einer schändlichen Hinrichtung verurteilten Volksverhetzer den Messias oder gar den Sohn Gottes zu sehen. Die Frauen hatten da weniger Schwierigkeiten. Für sie blieb Jesus, der, der er war, sie konnten besser erkennen, dass ihm von der Männerwelt übel mitgespielt wurde, er aber sich nicht von seiner Mission abbringen lassen würde. Deshalb, das konnten wir schon in den ersten Jahren der jungen Kirche deutlich erkennen, konnte das Christentum zuerst bei den Frauen auf Zustimmung stoßen. Wenn das Bekenntnis zu Jesus der Dreh- und Angelpunkt für das kirchliche Leben ist, dann gäbe das Christentum ohne die Frauen nicht. 

Jesus bleibt für die Frauen präsent

Das setzt sich in der Begegnung mit dem Auferstandenen fort. Die Frauen waren sich sicher, dass der Verstorbene sich nicht einfach in Nichts aufgelöst hatte, sondern als Person geblieben ist. Für die Männer war die Hinrichtung Jesu nicht nur eine Krise, sondern das abrupte Ende. "An der Sache war doch nichts dran gewesen." Das konnte jeder beobachten: Indem die Frauen sich um die Beisetzung des Leichnams kümmern, verlieren sie nicht den Kontakt zu Jesus. Sie bleiben am Morgen des ersten Wochentages, als die Sabbatruhe nicht mehr gilt, nicht zu Hause, sondern finden sich mit Salben am Grab ein. Die Jünger, die aus Angst vor einer Festnahme, lieber nicht aus dem Haus gingen, erfuhren erst durch die Frauen, dass mit dem Tod Jesu nicht schon alles zu Ende war. Das muss man deutlich sehen: Die größere Nähe zu Jesus eröffnete den Frauen dann auch die Begegnung mit dem Auferstandenen, die erst am Abend des Auferstehungstages für die Männer erfahrbar wurde. Der Glaube bleibt in der Kirche, trotz allen Nachholbedarfs der Jünger, entscheidend für die Besetzung eines Amtes. Aber warum spielt das in der Theologie und der Ordnung der Kirche eine so geringe Rolle:

Die Suche in der Bibel der Juden war auf Männer fokussiert

Als die Theologen unter den Jüngern sich daranmachten, die Bedeutung der Vorgänge zu verstehen, sie mussten ja mit dem Willen Gottes zu tun haben, da wurden nach unserer Beobachtung die Frauen nicht richtig einbezogen. Wir als Perser konnten natürlich lesen und schreiben, ob die Frauen, außer vielleicht die Mutter, eine Schule besucht hatten, müsste man eruieren. Natürlich fanden die Schriftkundigen genügend Texte über Männer, Propheten, Könige u.a. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass das Christentum in seiner Glaubensüberzeugung immer schon von den Frauen getragen wurde. Was für die Frauen römischer Beamten zutrifft, setzte sich dann bei den Germanen fort. Nicht nur die Frau Chlodwigs, die burgundische Prinzessin Chrodechild führte ihren Mann zur Erkenntnis Christi. Die Bedeutung Helenas für ihren Sohn Konstantin ist vielfach belegt. 
Das Bild, das oft von christlichen Frauen gezeichnet wird, nämlich sie seien nur fromm, aber ohne Einfluss gewesen, stimmt nach unseren Beobachtungen nicht. Wer Jesus als den Sohn Gottes erkannt hat, muss sich keiner anderen Macht untertan fühlen. Glaube macht doch selbstbewusst. Die Frauen haben bereits unter dem Kreuz verstanden, wie Jesus Macht ausübt und dass er wirklich mächtig ist. Seine Macht besteht doch daran, dass Menschen auf ihn ihre Hoffnung setzen.

Feministische Theologie braucht es für Jesus nicht

Was wir zum Schluss noch sagen wollen: Die Christenheit muss nicht gegenüber neuen Strömungen beweisen, dass die Frauen eine tragende Rolle spielen. In dem Sinne war das Christentum immer feministisch. Für das, was als Weitergabe des Glaubens beschworen wird, haben die Frauen seit jeher den entscheidenden Beitrag geleistet. Die Frauen haben einen theologisch zentralen Platz in der Kirche.

Soweit unser kurzer Beitrag als unabhängige Beobachter. Wenn wir nächstes Jahr wieder vorbeikommen, sind wir gespannt, wohin Euch der synodale Weg geführt hat.

aufgezeichnet von Eckhard Bieger am 5.1. 2020 in Mannheim



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