Im Rahmen der Artikelserie "Fußball und Religion" sprach explizit.net mit Gregor Lauenburger, Schulseelsorger im Bistum Essen, der gerade - gemeinsam mit dem Gastronomie- und Eventexperten Tim Koch aus Essen - ein Buch über den Kultimbiss veröffentlicht hat. Anlass für diesen Artikel war der "Tag der Currywurst" (04. September), der in dieser Woche begangen wurde.

explizit.net: Fußball und Currywurst gehören zur "DNA des Ruhrgebiets". Aber was ist das Besondere an der Currywurst, die Herbert Grönemeyer im Lied von Diether Krebs und Jürgen Triebel besingt?

Gregor Lauenburger: Im Lied wird besonders deutlich, was unser kollektives Rurpott-Eingeborenen Bewusstsein wohl auch bei Currywurst antriggert. Es ist von Stadt, Schicht Kumpel (Schwager) und Sättigung die Rede. Alles Punkte die das Leben im Ruhrpott ganz basal wie existenziell geprägt haben und immer noch prägen. Darüber hinaus wird von Gemeinschaft und miteinander Erlebtem gesungen und dass auch mal "wat daneben" geht. Je mehr ich darüber nachdenke, ist der Liedtext ja beinahe lebensphilosophisch versteh- und deutbar ;-)!

Schließlich die Symbiose mit Bier und Pommes, die ja auch im realen Leben (und meinem diesbezüglichen Essgewohnheiten) durchaus nahe liegt.

Zusammengefasst also: Die Currywurst als Integrations- und Identifikationssymbol für die Menschen, die den "Pott" ihre Heimat nennen ist sehr offensichtlich. 

explizit.net: Warum kann die Currywurst ein "Brückenbauer" sein und welche Bedeutung hat der Kultimbiss für die pastorale Arbeit im Bistum Essen?

Gregor Lauenburger: Wie ja bereits erwähnt, bedient die Currywurst, zumindest symbolisch und ausdrücklich auch in ihrer Veggie-Form, sehr grundsätzliche Sehnsüchte und Bedürfnisse der Menschen, auch gerade im Ruhrgebiet. Gemeinschaft, Geselligkeit, auch Genuss (für den kleinen Geldbeutel) und der Fakt, dass Essen "Leib und Seele zusammenhält" spielt hier mit hinein. Und die Schnittmengen mit den Aufgaben der Seelsorge sind offensichtlich: Koinonia - die Gemeinsaft aufbauen und Pflegen ist da ganz nah und selbst Diakonia - der Dienst am Nächsten, insbesondere, wenn ich gerade spendierfreudig bin und andere dazu einlade.

Ein solches kleines Gericht, dass doch so viele Freund:innen über alle soziale und ethnische Gruppen hinweg hat, kann eine Art "Türöffner" oder auch, wie in der Frage genannt "Brückenbauer sein. Prosaisch ausgedrückt: Die Currywurst als eine Art "Pontifex" der Lebensmittel. So erklärt sich vermutlichauch, warum unser Bischof (Bischof Franz-Josef Overbeck, Anmerkung der Redaktion) jüngst zu seinem 60sten die Menschen zu Currywurst eingeladen hat. Großartig!

explizit.net: Hand aufs Herz. Die erste Currywurst kommt aus Duisburg, aber wo gibt es die leckerste Currywurst?

Gregor Lauenburger: Diese Frage vermag ich nur für mich selbst zu beantworten und möchte da niemandem das Abenteuer nehmen, sich individuell - durch Versuch und Irrtum - und dann hoffentlich bald Erfolg, den eigenen Favoriten zu entdecken. Allerdings vielleicht als Starthilfe dafür: Mir persönlich schmeckt die Art, wie Currywurst im Pott meist geboten wird (in Stücke geschnitten, in Soße gebadet und ohne viel "Schischi", vor allem ohne zusätzliches Curry- oder sonstwas-Pulver obendrauf), am Besten.

Lesetipp: Buch "Alles Currywurst - oder was? Die ganze Wahrheit über das Kultobjekt", Tim Koch und Gregor Lauenburger, erschienen im Klartext - Verlag. Eine ausführliche Rezension ist am 15. September 2024 erschienen: https://explizit.net/religion/artikel/alles-currywurst-oder-was/. 

Text: Das Interview führte kath.de - Chefredakteur und Herausgeber Christian Schnaubelt