Zum Rückzug der Kirche aus den Tagungshäusern sagt der Mainzer Bischof Kohlgraf: „Wir gestalten den Wandel unserer Kirche“. Als Vertreter und Experte für die Millennial-Generation bringe ich gerne einige Vorschläge ein, wie Bildung für uns gestaltet werden müsste – nämlich digital vernetzt und weiter mit Übernachtungsmöglichkeit:
Wir sind im Netz in Sachen Bildung unterwegs
Meine Altersgruppe ist vorrangig im Internet unterwegs. In der digitalen Welt kann und muss man uns begegnen. Das Internet ist für uns das Einstiegsmedium für Bildung. Bildungsträger finden uns im Netz. Junge Erwachsene, die sich für geisteswissenschaftliche, kulturelle, politische und religiöse Themen sowie Persönlichkeitsbildung interessieren, beschäftigen sich im Internet damit. Sie stoßen dort Diskussionen an, tauschen sich in den sozialen Netzwerken aus. Die junge Meinungsführer*innen werden Influencer*innen genannt und sind die natürlichen Kooperationspartner für Bildungsträger.
Politik beginnt bei Instagram
Influencer*innen, also digitale Meinungsführer sprechen längst über mehr als bloß Mode, Make-up oder Ernährung, nämlich über politische, spirituelle und religiöse Themen. Auch psychologische Themen stehen hoch im Kurs. Es geht um Persönlichkeitsentwicklung, Feminismus, psychische Gesundheit, Burnout-Prophylaxe. Diese hoch engagierten Meinungsführer*innen sprechen dabei konsequent die Sprache der jungen Menschen und nutzen deren Medien. Politische Bildung, das Schwarzbrot vom Haus am Maiberg, beginnt heute bei Instagram.
Bildungsträger sollten also junge Menschen engagieren, die sich ohnehin schon gut mit ihren Themen auskennen und in den Social Media vernetzt sind. Ein Vorbild dafür könnten die Kanäle von „funk“ sein, des jungen Angebots von ARD und ZDF. Viele der jungen Journalisten und Moderatoren dieser Sendungen kommen nicht aus den Sendern, sondern die Funkhäuser haben die bereits bestehenden interessantesten Personen, Formate und Themen aus dem Internet für sich gewonnen und beauftragt. Die interessantesten sind dabei oft diejenigen, die man beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk vielleicht erstmal nicht erwartet.
Was wollt ihr wissen?
In den Videos und Beiträgen fragen die Protagonisten ihre Zuschauer*innen immer wieder, was sie vom aktuellen Beitrag halten und welche Themen sie noch interessieren würden. Diese Art der Nutzerinteraktion sollten sich Bildungseinrichtungen für ihre Programmplanung ebenfalls zunutze machen. Dazu sollte man bei den Wünschen, Ideen und Fragen der Teilnehmenden ansetzen und beginnen. Expert*innen zu dem Thema sollten von den Teilnehmer*innen zu spezifischen Aspekten befragt werden. Vorträge sind nicht mehr unser Bedarf, die sehen wir uns auf YouTube an. Inzwischen lässt sich theoretisches Allgemeinwissen im Vorhinein der Veranstaltung lesen oder über Videos vermitteln. Danach haben potenzielle Teilnehmende Fragen, für die sie das Bildungshaus brauchen, um mit dem Thema weiterzukommen.
Streaming
Präsenz-Veranstaltungen können über Live-Videostreams einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Leute an den Bildschirmen sollten dabei konsequent angesprochen und betreut werden, dazu eingeladen werden, sich mit Fragen im Chat oder per Video-Einspielung zu beteiligen. Sie werden dann auch zu einer Präsenzveranstaltung kommen.
Im Nachgang von Präsenzveranstaltungen sollten die Teilnehmenden zudem über regelmäßige Newsletter und eine Vernetzung in den sozialen Medien mit den Referent*innen und dem Bildungshaus in Verbindung bleiben können, um weiterführende Fragen stellen und sich austauschen zu können. Auf Basis der Nachfragen kann der Bildungsträger weitere Veranstaltungen konzipieren und anbieten.
Was wird aus dem Haus am Maiberg?
Ich bin gerne dort zu Gast gewesen. Was würde ich mir wünschen? Vorteilhaft sind, gerade in Corona-Zeiten, die Einzelzimmer. Ab Mitte, Ende 20 wollen wir nicht mehr in Mehrbettzimmern schlafen. Zudem wollen wir uns mit anderen jungen Erwachsenen vernetzen, uns austauschen und gemeinsam Ideen entwickeln. Die Informationen holen wir uns im Internet, dann sind für uns wie für vorausgehende Generationen Präsenz-Veranstaltungen mit Übernachtungen notwendig. Um mit der Überfülle des Digitalen klarzukommen, brauchen wir mehr als digitale Kommunikation, nämlich den direkten Austausch. Einstieg und Schwerpunkt von Veranstaltungen sollten im Kennenlernen und im Erfahrungsaustausch der Teilnehmenden liegen. Gerade auch für den informellen Austausch bietet das Haus am Maiberg ideale Voraussetzungen: Sehr gutes Essen und eine gemütliche Bar im Keller. Auch für spirituelle und religiöse Einheiten wie Meditation und Gebet ist mit der Kapelle im Garten gesorgt. Die Vernetzung des Hauses mit Unternehmen, Start-ups sowie politischen und sozial-karitativen Akteuren in der Umgebung würde uns helfen, ins Berufsleben einzusteigen und politisch aktiv zu werden
Zum Weiterlesen und -Hören
Digitale Meinungsführer vernetzen Bildungseinrichtungen, Verlage, Kulturträger im publicatio-Themenpool
Themenpool-Seite zu Millennials
Erfahrungen von religiös-digitalen Formaten seit Corona:
Religiöse Kommunikation und Bildung funktionieren per Videokonferenz
Die sozialen Medien sind längst Orte politischer, religiöser, psychologischer Bildung und Persönlichkeitsentwicklung:
Die Sinnfrage in Zeiten von Neoliberalismus und Social Media
Dazu auch drei Radio-Beiträge:
Gott und die Influencer (hr2 Camino)
Gott und die Influencer - Spiritualität im Netz (SWR2 Glauben)
"Yes! Yes! Yes!" - Life-Coaching in den digitalen Medien (Deutschlandfunk)
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!