Zu fünft tauschten wir uns über das Beten aus und uns ist aufgefallen, dass jeder anders betet. Warum jeder anders betet, liegt vorrangig an den verschiedenen Gottesbildern. Wir können nicht alle dasselbe Bild von Gott haben, weil wir nicht dieselben Erfahrungen gemacht haben. Jeder Mensch sieht einen anderen Teil von Gott und wenn ich ihn nicht sehe, heißt das nicht, dass Gott so nicht sein kann, sondern dass ich bisher keine Erfahrungen gemacht habe, die darauf hinweisen, dass Gott so sein kann. Gott ist zu groß, als dass ich alle Aspekte an ihm erkennen könnte. Deshalb sind auch alle mit ihm gemachten Erfahrungen, auch die der Anderen, nur Erweiterungen des Gottesbilds und keine Gegensätze. Wie ich Gott und seine Eigenschaften sehe, wird auch von meinem Charakter bestimmt und verändert sich mit der Zeit durch die neuen Erfahrungen, die ich täglich mache. Wenn ich mich mit anderen über das Beten austausche, erweitert sich auch meine Vorstellung von Gott. Wenn ich zum Beispiel Gott als jemanden sehe, der sich für mich interessiert, vielleicht sogar mehr, als ich mich für mich selbst, dann ist mein Beten eher davon geprägt, Gott zu erzählen, was ich gemacht habe und was ich vielleicht gerne besser gemacht hätte, während ein Anderer eher in der Stille verweilen will, um sich der Gegenwart Gottes bewusst zu werden, weil jener Gott für sie, da er allwissend ist, alles gesehen hat und daher nicht mehr hören muss, was er getan hat. Diese zwei Sichten schließen sich keineswegs aus: Natürlich weiß Gott schon, was ich getan habe, aber er hört mir dennoch gerne zu, weil er mich liebt und er lässt mich auch in Stille da sein, wenn ich nicht reden will.
Sich im Gottesdienst in die Gegenwart Gottes versetzen
- Bei unserem Austausch zu fünft habe ich gemerkt, dass ich mich im Gottesdienst in die Gegenwart Gottes versetzen kann. Oft diene ich im Gottesdienst und dabei fällt es mir leichter, mich im Gottesdienst zu konzentrieren, als wenn ich nicht als Messdiener im Altarraum bin. Ich fühle mich im Blick der Gemeinde. Das motiviert mich, mich mehr zu konzentrieren und den Worten des Pfarrers zu lauschen und seiner Stimme zu folgen. Beim Hochgebet verinnerliche ich mir, warum man das Hochgebet feiert, was man dabei gefeiert wird und wie man es feiert. Jesus ist für uns am Kreuz gestorben und wir erinnern uns an das letzte Abendmahl. (Lukas Rockenbach)
- Das Hochgebet empfinde ich als erleichternd. Ich kenne es und, auch wenn Neues schön ist, ist das Altbekannte schöner. Wenn ich dastehe und der Pfarrer stimmt die Gemeinde auf die Präfation ein, bin ich wirklich glücklich darüber, dass wir einen Gottesdienst feiern dürfen und wir frei in unserer Religionswahl sind. Mir geht durch den Kopf, wie sich die fühlen, die nicht in den Genuss eines Gottesdienstes kommen, die ihren Gott nicht verehren dürfen, weil Andere der Meinung sind, dass es diesen nicht gäbe. Ich denke daran, dass Jesus für uns gestorben ist und das, obwohl wir Menschen so viele Fehler machen. Das ist eine unheimlich große Freude, die ich in meinem ganzen Körper spüre. Vielleicht schweife ich ein wenig mit meinen Gedanken ab, aber ist es nicht das, wozu uns das Hochgebet bringen soll? (Sonja Bayer)
- Die Erfahrungen bei der Messe, die Lukas und Sonja beschrieben haben, stellen mich auch vor die Frage, wie aufmerksam ich bin. Ich finde es als Priester einfacher, mich auf die Gebete zu konzentrieren, wenn ich selbst am Altar stehe. Mir ist das erst aufgefallen, als ich mit anderen in der Bank saß und feststellte, dass meine Gedanken leicht abschweifen. Am Altar bin ich wohl deshalb aufmerksamer als in der Bank, weil es da mehr auf mich ankommt. Warum sollen die anderen die Gebete innerlich mitvollziehen, wenn der Zelebrant nicht bei der Sache ist! Mir wird beim Schreiben auch bewusst, dass wir Priester nicht darüber reden, wie die Gläubigen eigentlich dabei sein können, wenn wir die entscheidenden Worte sprechen. Wir sind mehr auf die Predigt konzentriert und achten darauf, dass die Menschen zuhören. Der eucharistische Teil der Messe verlangt uns eigentlich nur ab, dass wir das „mit Andacht“ also bewusst und aufmerksam bei den Worten sind, wenn wir sie sprechen. Das ist aber eine andere Situation als wenn ich in der Bank knie und die Worte des Zelebranten höre. Ich bin froh, von Sonja und Lukas zu hören, wie sie eigentlich mitfeiern können. (Eckhard Bieger)
Innerlicher im Gebet werden
Der Austausch hat uns aufmerksam gemacht, dass wir im Beten aufmerksamer werden, uns mehr in die Gegenwart Gottes versetzen können. Das Zuhören hat das einfach bewirkt. Wir mussten nicht einen neuen Anlauf nehmen, sondern nur die Berichte der anderen auf uns wirken lassen.
Wir setzen die Reihe „Neu Beten“ for.
Sonja Bayer, Eckhard Bieger, Lukas Rockenbach
Bericht über die Veranstaltung, bei der die obigen Texte enstanden:
Religiöse Kommunikation und Bildung funktionieren per Videokonferenz
Hier ein Blick auf die Kirche der Abtei Ganagobie (vom Foto im Beitrag)
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