Uighuren Teppichweber in Khutan

Beijing, Berlin und Bagdad

(explizit.net) Als Kanzlerin Merkel Chinas Premier Li Keqiang empfing, mag er sie oft an die Ära vor einem Vierteljahrhundert erinnert haben, da es im Osten Deutschlands vier Jahrzehnte so ein ähnliches Regime gab, wie das in Beijing. Beider Auftritt vor der Berliner Presse am Freitag, den 10. Oktober, verrät es. Zwar liefen ihre dritten Regierungskonsultationen am runden Tisch ab, jedoch fehlt dieser zwischen der Zentralregierung und der Opposition in der Sonderverwaltungsregion Hongkong. Zu dessen Autonomie zeigte Li die Linie: „Ein Land, zwei Systeme“, was Sache der Innenpolitik Chinas wäre. Alle Länder müssen diese Souveränität respektieren; das sei globale Norm. So sprachen auch ostdeutsche Herrscher und bald fegte sie eine friedliche Revolte samt „sozialistischer Nation“ hinweg. Angela Merkel dachte sicher: ergreift China eine Demokratie wie in Honkong, gibt es „ein Land und System“. Eher früher als später springt der revolutionäre Zündfunke ins Hauptland.

(explizit.net) Als Kanzlerin Merkel Chinas Premier Li Keqiang empfing, mag er sie oft an die Ära vor einem Vierteljahrhundert erinnert haben, da es im Osten Deutschlands vier Jahrzehnte so ein ähnliches Regime gab, wie das in Beijing. Beider Auftritt vor der Berliner Presse am Freitag, den 10. Oktober, verrät es. Zwar liefen ihre dritten Regierungskonsultationen am runden Tisch ab, jedoch fehlt dieser zwischen der Zentralregierung und der Opposition in der Sonderverwaltungsregion Hongkong. Zu dessen Autonomie zeigte Li die Linie: „Ein Land, zwei Systeme“, was Sache der Innenpolitik Chinas wäre. Alle Länder müssen diese Souveränität respektieren; das sei globale Norm. So sprachen auch ostdeutsche Herrscher und bald fegte sie eine friedliche Revolte samt „sozialistischer Nation“ hinweg. Angela Merkel dachte sicher: ergreift China eine Demokratie wie in Honkong, gibt es „ein Land und System“. Eher früher als später springt der revolutionäre Zündfunke ins Hauptland.

Medienvertreter fragten Li nicht zum Zwist mit der islamischen Minorität der Uighuren in der Nordwestprovinz Xinjiang, wo noch in drei der sieben benachbarten „-stan-Länder“ diese turksprachige Ethnie siedelt. Diese hegte 820 ihr Großreich, das Khaganat der Uighuren. Doch am 30. Juli wurde in Kashgar der Imam Juma Tahir getötet, der sich der starren Parteilinie Beijings widersetzte. Allein im Vorjahr zog eine Gewaltwelle 400 Tote nach sich, wo oft die dominante Han-Gruppe gegen die Uighuren vorgeht, die laut Agentur Xinhua rund zehn Millionen Seelen zählen. Die Polizei habe zwei der Attentäter erschossen, ein dritter, Nur Memet Abidi, sei am 28. September mit seinem Lehrer Ghani Hasan zum Tode verurteilt worden. Wie jene staatliche Nachrichtenagentur weiterhin meldete, wollten sie eine führende Terrorgruppe aufbauen und „etwas Großes einrühren“.

Komplexitäten

Dies sollte geschehen, „um ihre Reputation unter Terroristen zu erhöhen“. Nahe Kashgar, in Yarkand, folgten nach dem Tode des Imams blutige Konflikte zwischen Uighuren und der Polizei, die etwa einhundert Menschenleben kosteten. Dilshat Reshit, Sprecher von in Deutschland ansässigen Exilanten und des Weltkongresses der Uighuren, verurteilte harte Urteile gegen Attentäter, die doch nicht die wachsende Welle der Unzufriedenheit glätten könne. Beijing möge seine Zwangspolitik gegen deren Religion und Tradition einstellen. Al-Jazira-TV berichtet, seit 1994 gäbe es den Kurs unter Parteisekretär Wang Lequan, wo erneut 2014 das Ramadan-Fasten für viele Muslime, darunter Beamte und Studierende, verboten wurde. Zur Jahresmitte, ermunterten die Milizen tagsüber deren Fastenbrechen. Sie trachten zudem, Muslime auszuspielen, etwa wahhabitische Araber gegen Uighuren. Die „Linie gegen Religion und Terror“, ethnische und islamische Identitäten, ist explosiv.

Beijing benutzte 9/11-Anschläge auf Amerika, um als „Antiterrorkampf“ gegen Glauben und Minoritäten vorzugehen. In Afghanistan verhafteten Amerikaner 22 Uighuren, drei kamen nach Guantanamo Bay, alle sind nun aber wieder frei. Andererseits vereinten sich Islamisten global, was in Xinjiang zu Jihadisten führte. Dies erhellten 2009 Aufstände in Urumqi. Als Uighuren in Ostturkestan 1933 und eine Dekade darauf Republiken bildeten, fanden andere Kräfte darin Hebel. Nach dem Bruch Sowjetunion-China 1960, lenkte der Kreml Rebellen der Uighuren. Beijings größte Provinz Xinjiang ist strategisch: reich an Kohle und Erdöl, zündete es auf dem Textgelände Lop Nur 1964 seine erste Atombombe. Wie Moskau, so half Beijing „verwandten Ethnien“ - die Uighurenzahl „halbierte“ sich.

Preisverleihungen

Ein Journalist fragte Kanzlerin Merkel, ob die Vergabe des Friedensnobelpreises an die Kinderrechtsaktivisten, die Opfer von radikalen Islamisten wurden, auch ein besonderes Zeichen angesichts der globalen Konflikte mit diesen Islamisten wie in Syrien sei. Sie antwortete, der Preis für Malala Yusufzai und Kailash Satyarthi sei ein guter Tag für die Kinder der Welt. Sie, die kein Recht auf ihre eigene Kindheit, auf Bildung oder auf die Unversehrtheit haben, hätten durch beide Preisträger eine Stimme bekommen, für das Recht auf Bildung von Mädchen als auch für das Wirken gegen die unfaire Kinderarbeit.

Diese Preisvergabe spielt sich vor dem Hintergrund der Debatten um die Offensiven des „Islamstaats“ in Syrien und Irak ab. Gleiches gilt ebenso für den „Harold Pinter Preis“ des Autorenverbands PEN zur Verteidigung der Redefreiheit, der am 10. Oktober sowohl an den Novellisten Salman Rushdi als auch an den syrischen Menschenrechtler Mazin Darwish ging. Letzteren inhaftiert das Regime Bashshar al-Asads seit 2012, so dass ein Vertreter dessen bemerkenswerte Rede in der Londoner British Library gehalten hat. Mazin Darwish verwies auf die Teheraner Todesfatwa gegen Rushdi von 1988: beide hätten verschiedene Meinungen gehabt. Aber, so Darwish, man habe in der arabischen Welt eine unverzeihliche Sünde begangen, als „wir gleichgültig auf die Fatwa reagierten, die zu Ihrem Tod anhielt.” Gewalt in Syrien sei das Resultat dieser Konspiration.

Eine Schande, dass erst so viel Blut vergossen werden musste, „bis wir endlich begriffen, dass wir unsere eigenen Gräber graben, wenn wir erlauben, dass Gedanken zerstört werden.“ Dies auch dadurch, indem Menschen ‘Ungläubige’ genannt werden, „wenn wir erlauben, dass die Meinungen gewaltsam unterdrückt werden.“ Desaströse Folgen seien sichtbar quer durch arabische Räume. Dies treffe in Syrien zu, wo die schlimmsten Formen des Faschismus und Barbarentums im Namen des Patriotismus und des Islam aufkamen.

Kubani

Jedoch scheint die westliche Koalition noch keine wirksame Abwehr auf die Attacken des „Islamstaats“ gefunden zu haben. Wenigstens erlaubte ihr Ankara am 13. Oktober, alle Militärbasen zu benutzen. Dies geschah nach der dortigen Abstimmung im Parlament vom 2. Oktober, die militärische Eingriffe in Irak und Syrien erlaubt. Während die Welt auf unzureichende Aktionen eines „Kriegs nur aus der Luft ohne Bodentruppen schaut“, tauchen Fragen an das Weiße Haus auf. Wenn es in der Tat einen Genozid zu verhindern suchte, wie kann dann Außenminister John Kerry erklären, der Kampf um Kubani wäre strategisch nicht so wichtig? Noch 22 Tage bis zu den Midterm-Wahlen werden wohl zu keiner tiefen Veränderung in der Taktik führen, die erst danach erwarten werden kann.

Seit dem 15. September rennen die Jihadis unter den schwarzen Fahnen gegen diesen Ort im irakischen Gouvernement Aleppo an. Ein Hälfte Kubanis liegt nach einem heftigen Häuserkampf in deren Händen. Die 200.000 der zumeist kurdischen Einwohner sollen sich bereits in die Türkei geflüchtet haben. Luftangriffe durch Kampfjets verfehlten den Erfolg. Zwar rückten die türkischen Panzer vor, doch sie griffen keineswegs ein. Ankara verlangt eine Schutz- und Flugverbotszone und al-Asads Sturz als Ziele für den Einsatz von Bodentruppen. Dies führte zu Konflikten zwischen Kurden und Türken, darunter in der Türkei und in Deutschland. Außenminister Frank-Walter Steinmeiers Nein vom 13. Oktober zur UN-Bodentruppe ist fraglich, zumal Bagdad fallen könnte. Und was dann?

<emphasize>Wolfgang G. Schwanitz</emphasize>

Foto oben: commons.wikimedia.org/wiki/File:Khotan-fabrica-alfombras-d06.jpg, Wikimedia Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Spain,



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