EZB; Foto: explizit.et

Anleihekäufe der EZB: richtig oder falsch?

Die EZB kauft weiter Staatsanleihen und stützt damit Länder, die hohe Schulden abtragen müssen. Es hängt von der volkswirtschaftlichen Theorie ab, ob die Kritik daran berechtigt ist.

Die EZB hat zu Programm des Ankaufs von Anleihen angekündigt, den Umfang zu reduzieren aber die Dauer des Programms zu verlängern. Die Inflation sei weiter unter dem Zielwert von 2% und die Wirtschaft bräuchte den Stimulus dieser niedrigen bzw. sogar negativen Zinsen. Diese niedrigen Zinsen sind umstritten, gerade in Deutschland. Dem Streit liegen verschiedene volks- und finanzwirtschaftliche Theorien zugrunde. Es geht vor allem um den hohen risikolosen Zins, also um den Preis für das Geld.

Die Bestandteile des Zinses

Eine Anleihe ist eine Schuldverschreibung eines Staates oder eines Unternehmens. Der Schuldner verspricht dem Gläubiger einen Zins und eine Rückzahlung zu den vereinbarten Terminen. Die Höhe des Zinses kann man in der Finanztheorie in bestimmte Anteile aufteilen.
Ein Zinsbestandteil, auch „spread“, Zinsaufschlag genannt, ist der für den Verzicht des Gläubigers auf die Verwendung seines Geldes. Je länger die Laufzeit der Anleihe, also je später der Termin der Rückzahlung, umso mehr Zins wird ausgezahlt. Ein weiterer Zinsbestandteil ist der für das Risiko auf Ausfall der Zahlungen, der „credit spread“. Je höher die Wahrscheinlichkeit für den Ausfall, umso höher ist dieser Zinsaufschlag. Die Kreditwürdigkeit des Schuldners wird u.a. von den Ratingagenturen (S& P, Moody’s, Fitch etc.) bewertet.
Ein weiterer Zinsbestandteil ist der für das Risiko einer Fremdwährung. Die Zinsen für identische Anleihen unterscheiden sich, wenn sie in der einheimischen Währung und Fremdwährung (meist US-Dollar) begeben werden. Je stabiler die Fremdwährung, desto niedriger der Zins.

Der risikolose Zins

Der Zins ist dann risikolos, wenn er bei einem Schuldner ohne Ausfall-, ohne Liquiditäts- und ohne Fremdwährungsrisiko zu zahlen wäre. Die Höhe dieses Zinses ist deshalb umstritten, weil sich grundlegende Fragen dahinter verbergen:

·         Ist das sichere „Parken“ von Geld eine Leistung des Schuldners oder des Gläubigers?

·         Kann eine Bank Geld schöpfen oder nicht?

Bestimmte Richtungen, insbesondere die sogenannte österreichische Schule, Hayek u.a. verneinen die zweite Frage und fordern einen nennenswerten Wert für risikolosen Zins. Ein hoher Zins macht das Geld teuer. Damit würde die Geldmenge gesteuert wie bei einem anderen Wirtschaftsgut durch Angebot und Nachfrage bestimmt.

Andere Finanzwissenschaftler, insbesondere aus den USA, u.a. Krugman etc. wie auch Mitglieder der EZB widersprechen: Banken können Geld schöpfen und das Parken von Geld ist keine Leistung des Gläubigers soweit er kein Liquiditäts-, Währungs-, oder Kreditrisiko nimmt. Auch sei Geld hinsichtlich Angebot und Nachfrage nicht wie ein „normales“ Wirtschaftsgut zu behandeln.

Die aktuelle Diskussion über die EZB ähnelt der vor ca. 100 Jahren

Als Kritikpunkte an der Nullzinspolitik der EZB werden genannt: Anreiz zu Fehlinvestition, Förderung von Finanzblasen oder Finanzierung von halbtoten „Gruftie-Unternehmen“ etc. Diese Kritik ist nicht neu. Sie lässt sich in Schriften und Aussagen von Hayek u a vor 100 Jahren nachlesen.
Sie kann nur in Teilen überzeugen. Ihre Theorie vom Preis des Geldes wird durch die Geschichte nicht bestätigt. sie in den Augen ihrer Kritiker weder zu Zeiten der Depression der USA noch in einer Politik der Weimarer-Republik wie Reichskanzler Brüning sie tätigte, erfolgreich.
Vermutlich ist die Preisbildung von Geld doch unterschieden von der Preisbildung anderer Güter. Viele Güter, insbesondere illiquide wie Immobilien, Beteiligungen haben Werte, die sich nicht so stark durch den Preis des Geldes beeinflussen lassen wie die österreichische Schule vorgibt. Die EZB, Krugman u.a.. agierten in ähnlichen Situationen wie in der Finanzkrise 2008 anders und stabilisieren Unternehmen und stützen die Nachfrage durch niedrige Zinsen.
Es erstaunt, dass Bundesbankpräsident Jens Weidmann als Deutscher wieder in diese Richtung denkt. Möglicherweise sind Voreinstellungen, wie ein übersteigerter Eigentumsbegriff oder negative moralische Überhöhung von Schulden, insbesondere von Staatsschulden die Ursache dafür. Einen pragmatischen Umgang mit Geld und Zins als Steuerungsmittel für die Wirtschaft lehnt man eher ab.


Kategorie: Monatsthema

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