Foto: Peter Bongard / ZdK

100 Tage Papst Leo XIV. - Interview mit Prof. Thomas Söding (ZdK)

Am 15. August ist der 100. Amtstag von Papst Leo XIV. Im Vorfeld interviewen die Portale kath.de und explizit.net Vertreter:innen der katholischen Kirche in Deutschland. Den Anfang macht der Theloge Prof. Thomas Söding, Vizepräsident des Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).

1. Wie bewertet das ZdK die ersten 100 Amtstage von Papst Leo XIV.?

Söding: Leo XIV. hat unaufgeregt und entschieden die Leitung der katholischen Kirche übernommen. Er setzt den Kurs von Franziskus fort, ohne ihn zu kopieren. Eine synodale Kirche bleibt politisch aktiv: für Menschenrechte, gegen Ausländerhass, für ökologische Verantwortung. In der Friedensarbeit hat er sowohl gegenüber Israel und Palästina als auch gegenüber der Ukraine und Russland neue Töne gefunden, die richtig waren. Gleichzeitig hat er gezeigt, dass eine synodale Kirche nicht traditionsvergessen ist, sondern Stil hat. Synodalität ist ja auch keine Verfremdung, sondern eine Wiederentdeckung und Neubelegung des Katholischen. 

2. Das ZdK engagiert sich für eine synodalere Kirche. Spüren die katholischen Lai:innen Rückenwind oder Gegenwind durch die ersten Verlautbarungen von Papst Leo XIV.?

Söding: Wir haben Leo XIV. schon vor seiner Wahl getroffen und ein ausgesprochen gutes Gespräch mit ihm über die Lage der katholischen Kirche weltweit und in Deutschland geführt: Über den Zusammenhang zwischen Kirchenreform und politischer Verantwortung, über systemische Dimensionen des Missbrauchs und seiner Überwindung – und über Missverständnisse, die das Wort „systemisch“ im internationalen Sprachraum der katholischen Kirche auslöst, ohne dass die Sachfrage erledigt wäre. Leo hat den Synodalen Weg zunächst bis 2028 verlängert. Für die katholische Kirche in Deutschland öffnet sich ein Zeitfenster, das sie nutzen muss. Der Synodale Weg geht weiter. Es gibt gute Konzepte, Synodalität auf Dauer zu stellen. In vielen Bistümern – leider nicht in allen – tut sich viel. Für die Bundesebene kann ab 2026 eine neue Qualität synodaler Verantwortung organisiert werden. Es müssen jetzt nur alle Beteiligten wollen, was sie können und sollen.

3. Welche (theologischen) Akzente erwarten oder erhoffen Sie sich als deutscher Theologe von Papst Leo XIV.? 

Söding: Papst Leo XIV. ist ein amerikanischer Weltenbürger, ein theologisch beschlagener Ordensmann, und er ist ein Kirchenrechtler, der geistlich, politisch und pastoral denken kann. Alles das wird ihm helfen, die katholische Kirche in eine Zukunft zu führen, in der sie ihr Verfassungsproblem – zu viel Klerikalismus – löst. Ich nehme an, dass er einen ruhigen Kurs einschlagen wird. Für die Weltkirche ist das gut. Für viele in Deutschland wird es nicht genug sein. Es bleibt spannend.

Thomas Söding ist katholischer Theologe, Seniorprofessor für Neutestamentliche Exegese an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). 

Das Interview führte Christian Schnaubelt, Chefredakteur und Herausgeber von explizit.net und kath.de. 


Kategorie: Kirche

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