Die unbefriedigenden Lebensumstände in afrikanischen Ländern hängt zu einem großen Teil damit zusammen, dass die dortigen Regierungen zu wenig eigene Ressourcen haben: Auch viele Jahrzehnte nach der politischen Unabhängigkeit sind diese Staaten immer noch nicht finanziell unabhängig. Das haben Recherchen dreier katholischer, von Jesuiten getragener Sozialforschungsinstitute in Deutschland, Kenia und Sambia ergeben. Fünf Jahre Forschungsarbeit hat den Zusammenhang von Steuergerechtigkeit und Armut eindeutig bestätigt:
Milliarden fließen in die Industrieländer
Konkret verliert Kenia jedes Jahr ca. 1,2 Milliarden US Dollar durch Steuergeschenke an reiche Konzerne und unkontrollierte Abflüsse, bei einem Staatshaushalt von 10 Milliarden USD (2014). Und Sambia verliert jährlich im Durchschnitt 2,9 Milliarden USD durch unkontrollierte Abflüsse, bei einem Staatshaushalt von 2,7 Milliarden USD (2014).
Spannend wird das ganze natürlich erst, wenn man fragt, wohin dieses Geld denn abfließt: Über Steuerparadiese, wo es anonymisiert wird, und von dort dann oft in reiche Industrieländern, wo es profitabel investiert wird. So stehen den Abflüssen von Kenia und Sambia in Deutschland ein jährlicher Zufluss von ca. 50-100 Milliarden Euro entgegen, allein im Bereich der Geldwäsche! Dieses Geld ist mit schuld, dass die Immobilienpreise in unseren Städten rapide in die Höhe gehen, denn gerne wird es über anonyme, im Ausland registrierte Share-Deal Gesellschaften investiert, wo die Eigentümer für deutsche Behörden nicht ermittelbar sind.
Diese Zahlen sind dramatisch, werden aber noch dramatischer, wenn man sie in Relation zum Bruttoinlandsprodukt sieht. Nachfolgend die Zahlen nur für den Schaden aus aggressiver Steuervermeidung für Deutschland und Sambia:
Zölle sind für die afrikanischen Staaten unentbehrlich
Aber es kommt noch mehr dazu: Die Handelspolitik der Europäischen Union mit ihren berüchtigten Economic Partnership Verträgen (EPAs): Sobald ein Land nicht mehr zu den ärmsten der Welt gehört, verlangt die Europäische Union, dass diese Länder, um einen Handelsvertrag zu bekommen, ihre Zölle senken oder abschaffen. Während Zolleinnahmen für Deutschland lediglich 0,8% der Steuereinahmen ausmachen, liegt dieser Wert im östlichen und südlichen Afrika bei ca. 37,1%.
Und noch etwas: Zölle waren aber in der Vergangenheit für eigentlich alle Länder, die heute Industriestaaten sind, ein wichtiger Schutz für seinerzeit noch nicht lebensfähige Industriegründungen. Verlangt man von armen Ländern, auf diesen Schutz heute zu verzichten, nimmt man wissend in Kauf, dass diese Länder nicht in der Lage sein werden, eigene lebensfähige Industrien aufbauen zu können. Kenia ist von dieser Politik betroffen und war erst nach Strafzoll-Androhungen der Europäischen Union bereit, diese Bedingungen zu erfüllen. Entsprechend befürchten Experten, dass Kenia durch dieses Abkommen ca. 200 Millionen USD jährlich verlieren wird, bei geschätzten Gewinnen von 121,8 Millionen USD – ein schlechtes Geschäft also für Kenia.Selbst der Afrikabeauftragte der Bundesregierung, Günther Nooke, warnt davor, mit Handelsabkommen all das kaputt zu machen, was man mit Entwicklungspolitik aufzubauen versucht.
Es dürfte mithin offensichtlich sein, warum Länder wie Kenia und Sambia nicht genügend Geld haben, ihre Bevölkerungen gut auszubilden und medizinisch gut zu versorgen, warum sie nicht in Infrastruktur investieren können, was die Voraussetzung für Betriebs- und Firmengründungen wäre. Und warum die Bevölkerungen sich dann lieber überlegen, woanders hinzugehen, wo jungen und unternehmungsfreudigen Menschen mehr geboten wird.Es stellt sich natürlich die Frage, ob man dagegen nichts vor Ort besser machen kann. Davon handelt dann der kommende Beitrag.
Die Daten und Recheergebnisse finden sich bei Tax Justice and Poverty
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