Dem Deutschen Volke, nicht den deutschen Politikern. Foto: explizit.net

Dieses Jamaika brauchte Deutschland wirklich nicht

Jamaika fehlten nicht nur Umgangsformen, sondern motivierende Zukunftsthemen. Es wurde eigentlich nur darüber gestritten, was in der Vergangenheit hätte anders gemacht werden sollen. Wo bleiben Antworten auf die Zukunftsfragen? Ein Kommentar

Verzicht auf Zukunft erzeugt nur Streit

Jamaika hat sich deshalb in schwarzen Rauch aufgelöst, weil den Hauptstadtpolitikern die Zukunft zu uninteressant scheint. Es wäre wie unter Trump geworden. Die gegenseitige Diffamierung hatte sich schon amerikanischen Verhältnissen genähert. Langfristig ist Trump für die USA jedoch deshalb desaströs, weil er politisch nichts auf die Beine bringt, keine bessere Krankenversicherung und wahrscheinlich keine bahnbrechende Reform des Steuersystems. Zudem zieht er die USA aus den internationalen Netzwerken heraus, so dass er das Land vieler seiner bisherigen Einflussmöglichkeiten beraubt. Nichts anderes hätte Deutschland mit einer nicht handlungsfähigen Koalition geblüht. Wie Trump haben alle Parteien kein Konzept. Würden die Parteien nach vorne blicken, gäbe es so viel Interessantes zu gestalten. Ihr erster Auftrag ist ja das zukünftige „Wohl Deutschlands”. Der Bürger konnte nicht den Eindruck gewinnen, dass es bei den unsäglichen Verhandlungen um Deutschland ging. Wenn man nur die Vergangenheit umgestalten will, gibt es Krach. Mit Papst Franziskus kann man sagen: Es fehlt die Freude, die in der Politik aus der Bereitschaft kommt, die Zukunft zu gestalten.

Lücke USA und Afrika vor der Tür

Die Weltlage ändert sich rasant, Außenpolitik spielt aber für die Politiker in Berlin offensichtlich  kaum eine Rolle. Überlässt Deutschland nach dem Rückzug der USA China das Feld? Was mit einem französischen Präsidenten anfangen, der nicht nur redet, sondern wieder Politik macht? Mit einer Obergrenze ist das Problem Zuzug nicht zu bewältigen und Familiennachzug ist doch nur für die wenigen gegeben, die tatsächlich Asyl erhalten. Im ersten Halbjahr 2017 wurden vom Bundesamt 408.174 Anträge bearbeitet. Am höchsten ist die Ablehnungsquote von 39%; den Flüchtlingsstatus erhielten 20,9%, 85.283 Personen; 16,1% und damit 65.901 erhielten eine positive Entscheidung. Diejenigen, die nur Flüchtlingsstatus erhalten, müssen sowieso in ihr Land zurück, wenn der Krieg endlich vorbei ist. Wer soll Syrien wieder aufbauen, die Zurückgebliebenen können ja nur noch Krieg. Man fragt sich, warum CSU und Grüne bei etwa 130.000 stattgegebenen Asylanträgen sich nicht einigen konnten. Stattdessen hätten sie Maßnahmen vereinbaren können, um die Schiiten, also Persien und die Hisbollah auf der einen Seite und Saudi Arabien und die Golfstaaten auf der anderen, zu zwingen, sich endlich der Flüchtlinge anzunehmen, die vor ihrem Konfessionskrieg geflohen sind.

Digitalisierung und künstliche Intelligenz

Die digitale Durchdringung unserer Lebenswelt konnte die größte Industrienation Europas bisher nicht viel mehr gestalten, als mit lächerlichen Maßnahmen Google Einhalt zu gebieten. Ein zentrales Thema, die Gestaltung einer automatisierten Arbeitswelt, steht an. Viele Menschen mit einfachen Tätigkeiten in Lohn und Brot werden sich umorientieren müssen. Die SPD hat das Thema liegen gelassen. Dann der Mangel an Fachkräften, da reicht die Festlegung einer Obergrenze genauso wenig wie der Familiennachzug.

Die Industrienation Nummer 1 ist politisch ohne Ideen

Deutschlands Wirtschaft boomt, aber wie kann dessen Politik gestalten werden. Aber was mit einer grünen Partei, die mit ihren Forderungen nur die Themen der achtziger Jahre lauwarm hält? Was mit einer FDP, die die Freiheitsbedrohung durch Google, Apple und Facebook nicht zum Thema macht? Und was mit einer CSU, die vor der AfD panikt und sich von dieser Partei die Themen vorgeben lässt. Die Kleinen zanken sich und die CDU scheint das Heft nicht in die Hand zu nehmen. Dabei könnte Politik so interessant sein, wenn sie aus christlichem Humanismus, sozialer Marktwirtschaft, gelber Freiheitstradition und dem von der Industrie weitgehend mitgetragenen grünen Umbau der Wirtschaft weiter entwickelt würde – und auf diesem Fundament die Zukunftsthemen angegangen werden.

2018 gibt es ganz andere Herausforderungen

Während die Parteien konzeptionell noch in den Neunzigern stecken und sich über die im Vergleich zu den kommenden Herausforderungen lächerlichen Streitfragen noch nicht einmal geeinigt haben, ist die Welt bereits anders. Siemens baut ja schon keine Kraftwerke mehr. VW forciert die Umstellung auf Elektroautos. Und Google & Co. perfektionieren die Überwachung. Für was braucht es dann noch die Grünen? Allenfalls können sie der Landwirtschaft helfen, von der Durch-Chemiesierung der Lebensmittel zu lassen. Würde der Markt für ukrainische Lebensmittel geöffnet, würden sich die Verbraucher ohne grüne Bevormundung für Lebensmittel entscheiden, die einfach so gewachsen sind. Die guten Böden der Ukraine machen es möglich.

Die Nicht-Wähler der SPD

Wenn Politik vorrangig die Vergangenheit optimieren will, dann müsste sie eine große Bevölkerungsgruppe in den Blick nehmen, die früher SPD gewählt hat, nämlich diejenigen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten, deren Mieten jede Lohnerhöhung wegfressen, die morgen damit rechnen müssen, dass ihr Betrieb verkauft oder "platt gemacht" wird. Dieser nicht geringe Teil einer verunsicherten Bevölkerung fühlt sich durch die emotionale Zuwendung zu den Flüchtlingen vernachlässigt und in ihrem Land nicht ähnlich "willkommen" wie die Flüchtlinge. Die CDU hat sich diesen Ängsten nicht zugewandt, die in ihrem Gehäuse festgezurrte SPD ist noch nicht einmal aufgeschreckt, dass in einigen Regionen mehr Gewerkschaftsfunktionäre AfD gewählt haben als SPD. Wer nur in den Kategorien des Öffentlichen Dienstes denkt, den erreichen die Ängste der AfD-Wähler nicht.

Von wem lassen sich CDU, Grüne, FDP und CSU beraten, dass die Bürger nur noch hoffen, dass die Kinder endlich mit ihrem Gezänk aufhören? Haben die Deutschen tatsächlich solche Politiker verdient und nur das Übel der AfD als Alternative?

Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge  
Über den Wertekonflikt zwischen Grünen und FDP   
Finanzpolitik nach Schäuble

Ein Kommentar von Eckhard Bieger SJ


Kategorie: Politik

Kommentare (2)

  1. Joachim Waldemer am 21.11.2017
    Sollte nun doch eine GroKo zustande kommen,dann
    koennte Martin Schulz seine Drohung wahrmachen:
    "Wenn ich was zu sagen habe,werde ich dafuer sor-
    gen,dass aus allen Schulen und oeffentlichen Ge-
    baeuden die Kreuze abgehaengt werden"!Sozusagen
    Christenverfolgung im Kleinen,na wenn das keine
    Aussichten sind!
  2. Joachim Waldemer am 22.11.2017
    Sehr geehrter Herr Pater Bieger,
    Sie haben recht,ein direkter Kommentar zu Ihren
    Ausfuehrungen ist das sicher nicht,vielmehr sind
    es meine Befuerchtungen,dass im Rahmen der
    weiteren Verhandlungen,Herr Schulz nun doch noch
    zum Zuge kommt und dann seine Androhungen
    wahrmachen kann.Ob Bund oder Land,das spielt
    keine so grosse Rolle,es ist allen der Anstoss solcher
    Gedanken und davor habe ich Angst.Im Schwabinger
    Krankenhaus sind die Kreuze bereits abgehaengt.
    Mit freundlichen Gruessen!
    Joachim Waldemer

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