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Gesetz gegen Geldwäsche legt den Sumpf nicht richtig trocken

Die Bundesregierung bringt ein Gesetz zur schärferen Kontrolle der Geldwäsche auf den Weg. Um welche Summen handelt es sich eigentlich und was könnte ein solches Gesetz bewirken. Jörg Alt und Steffen Windschall leuchten die Zusammenhänge aus.

Was verbindet Armut in Afrika mit steigenden Mietpreisen in deutschen Städten? Geldwäsche! Auf diesen Zusammenhang stießen die MitarbeiterInnen der jesuitischen Studie „Tax Justice & Poverty“: Während aus Kenia und Sambia jährlich ca. vier Milliarden US-Dollar in dunklen Kanälen versickern, strömen aus allen Weltteilen zwischen 30 und 100 Milliarden Euro genau solcher Gelder nach Deutschland. 15 bis 30% davon landen im Immobiliensektor und treiben die Preise für alle anderen ebenfalls nach oben.

Deutsche Immobilien attraktiv für Geld aus dunklen Quellen

In Stuttgart stammen bereits 50 Prozent der Immobilieninvestitionen aus dem Ausland, auch in anderen Städten steigt der Zufluss, oft verschleiert durch Briefkastenfirmen, die in Steuerparadiesen ansässig sind.
Deutschland ist ein attraktives Zielland für zwielichtige Gelder: wegen seiner Größe und Rechtssicherheit, der boomenden und nach Investitionen verlangenden Wirtschaft, des Bund- Länder-Kompetenzen-Wirrwarrs, einer große Liebe zu Bargeld und dank eines Datenschutzes, der in diesem Fall tatsächlich Täterschutz ist: Wenn den ohnehin unterbesetzten Behörden nicht bekannt ist, wer der Eigentümer hinter dieser oder jener Scheinfirma ist, kann sie nicht ermitteln. Ebenso können Notare, Makler oder Direkteigentümer sich damit herausreden, nicht geahnt zu haben, dass es hier mit unrechten Dingen zugehen könnte.

EU-Richtlinie gegen Geldwäsche

Das soll sich nun ändern, indem Deutschland die Vorgaben einer EU-Richtlinie zum Thema Geldwäsche umsetzt. In der Tat gibt es Fortschritt zu vermelden: Ein Transparenzregister soll für mehr Durchsicht sorgen und auch für die Öffentlichkeit einsehbar werden. Dadurch können sich Notare, Makler und andere sich nicht mehr aus ihrer Mitverantwortung herauswinden. Kryptowährungen werden in den Blick genommen, mehr IT soll ebenso zum Einsatz kommen wie mehr Personal. Das wird auch höchste Zeit, denn die mit Geldwäscheermittlungen betraute Financial Intelligence Unit schiebt einen wachsenden Berg an Unerledigtem vor sich her.

Steuerparadiese machen Immobilienbesitz steuerfrei

Fast unbemerkt legte Finanzminister Scholz am gleichen Tag noch ein weiteres Gesetz vor, das Missstände im Bereich der „Share Deals“ beseitigen soll: Hier handelt es sich um Firmen, oft in Steuerparadiesen ansässig, die ein Grundstück besitzen, und an denen man Anteile erwerben kann. Durch diesen Erwerb von Anteilen wird man nicht zum Grundbesitzer, sondern zum Anteilseigner an einem Unternehmen. Dadurch kann man sich um die Grundsteuer drücken und die Unternehmenssteuer durch verlustreiche „Investitionen“ in das Objekt kürzen – was letztlich wiederum zu steigenden Mieteinnahmen führt.

Nationale Lösungen reichen nicht

Dennoch ist absehbar, dass die beschlossenen Maßnahmen nicht reichen werden und man fragt sich, warum die Politik, wenn sie sich schon die Arbeit macht, nicht mutiger gewesen ist: Da es sich um die Umsetzung einer europäischen Richtlinie handelt, wäre es nur konsequent, ein europäisches Immobilienregister mit klarer Eigentümerbenennung einzuführen und den Datenaustausch bzw. Kooperationsmöglichkeiten zwischen Steuer- und Ermittlungsbehörden international zu vereinfachen. Ebenso ist zu fragen, ob nicht eine Obergrenze für Bargeld-Einkäufe zu rechtfertigen ist: Bei aller Liebe zum Bargeld werden die allerwenigsten Deutschen mit Geldkoffern zum Einkauf gehen und 10.000 Euro oder mehr an einem Tag ausgeben.  

Mehr Personal für die Steuerfahndung

Sodann sind die besten Gesetze und Verpflichtungen nichts wert, wenn ihre Umsetzung nicht kontrolliert wird. Während den Banken die BAFIN über die Schulter schaut, gibt es bei anderen relevanten Berufsgruppen wie eben Notaren, Maklern, Schmuck- und Goldhändlern, Spielcasinos u.a. einen Flickenteppich an Zuständigkeiten auf Bund- Länder- und kommunaler Ebene. Die Behörden sind in aller Regel extrem schlecht ausgestattet und aufgrund anderer Tätigkeiten überlastet. Mit grenzübergreifender, internationaler Verbrechensbekämpfung ist aber das Ordnungsamt Hintertupfing überfordert. Hier sollte man den Mut haben, Ressourcen auf nationaler, idealerweise sogar europäischer Ebene zu bündeln. Dies wird aber auf absehbare Zeit kaum passieren, da die EU-Mitgliedsstaaten, Deutschland eingeschlossen, nicht bereit sein werden, Kompetenzen abzugeben. Entsprechend sollte man hier wenigstens, ähnlich der sehr effizienten italienischen Finanzpolizei, Kräfte auf Bundesebene bündeln.
Von einem entschiedenen Vorgehen Europas gegen Steuerparadiese jeder Art, sowohl innerhalb des Unionsgebiet als auch außerhalb, war sodann noch überhaupt nicht die Rede. Solange es diese aber gibt, wird es weiter Verschleierungsmöglichkeiten für Verbrechensgewinne aus dem In- und Ausland, auch aus Entwicklungsländern, geben.

Afrika u.a. andere Länder werden durch Korruption gelähmt

Insofern ist das jetzt vorgelegte Gesetz zwar ein Fortschritt, aber nur ein kleiner. Man muss immer wieder an die Dimensionen des Problems erinnern, um zu verdeutlichen, wieviel Implikationen die Fortdauer von Geldwäsche hat: Denn nur wenn afrikanischen Potentaten in Wirtschaft und Politik wissen, dass ihr trübes Handeln irgendwann ans Tageslicht kommen könnte, werden sie davon Abstand nehmen. Dann wird in Afrika die Korruption ab-, die Regierungsfähigkeit zunehmen, vermehrt Geld in die Entwicklung der dortigen Länder fließen und so die Lebensbedingungen und Beschäftigungsmöglichkeiten der dort lebenden Menschen verbessern. Dies wiederum würde den Migrationsdruck auf Europa verringern und die Mietpreise in den Innenstädten senken. Also eigentlich eine Win-Win-Situation.

Man kann hoffen, dass das Gesetz in der parlamentarischen Beratung weiter verbessert wird.

Weitere Informationen zu relevanten Erkenntnissen des Forschungsprojekts „Tax Justice & Poverty“ hier, vor allem in Arbeitspapier VII, Illicit Financial Flow 

Steuergerechtigkeit bekämpft Armut


Kategorie: Monatsthema

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