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Leben der Christen in der Welt

Die Fasten haben begonnen. Oft werden sie als Ausnahmezustand betrachtet. Der Karneval zuvor stellt alles auf den Kopf, bricht aus dem Alltag aus. Die Fastenzeit erscheint als die andere Seite des Ausbruchs: Reduktion, Entschleunigung, Beschränkung. Ausnahme, nicht Regel. – Jesus sieht das anders: Der Heilige Geist treibt in die Wüste. Fastenzeit ist der Normalzustand. Nur dort beginnt das Reich Gottes, das Paradies.

Der Evangelist Markus gibt uns fünf Betrachtungsgegenstände auf den Weg: Die Wüste, die 40 Tage, Versuchungen durch den Teufel, Leben mit den wilden Tieren und Engelsdienste.

 Die Wüste ist ein eigenartiger Ort: menschenfeindlich, unbewohnbar, wüst und leer. So liegt sie erst einmal vor dem geistigen Auge. Aber die Geschichte der Bibel gibt einen anderen Kontext: Wüste war im Anfang die Welt, aber Gott legte einen Garten in der Wüste an, eine Oase, den Garten Eden, und setzte den Menschen hinein. Als der Mensch seinen Wohnsitz im Paradies verlor, wurde er ausgestoßen und heimatlos. Er fand sich in der Wüste – als Gegensatz zum Paradies. Daher wird ihm die Welt trotz aller irdischen Freuden als Wüste erscheinen. Er ist ein Fremder.

Die Wüste ist daher der Umstand, mit dem sich ein Christ erst einmal abfinden muss. Er lebt nicht im Schlaraffenland, sondern in der Trockenheit und Ödnis. Jesu Botschaft trifft nicht die Made im Speck, sondern geht in die lebensfeindliche, bedrohte Situation der Wirklichkeit. Er spricht sein Wort in die Wüste.

Zeit der 40 Tage: Sie ist biblisch vorbelastet: Moses zog mit dem Volk Israel 40 Jahre durch die Wüste. Auf sie wartete die Verheißung des Gelobten Landes. Diese Zeit gibt also einen weiteren Hinweis: Die Zeit der Wüste, die 40 Tage, endet nicht in der Wüste, sondern führt ins Gelobte Land. Das Paradies wird durch die Wüste aufgerichtet. Nur wer durch die Wüste zieht, kommt ins Reich Gottes.
Viele Menschen, die in der Wüste sind, wollen bloß raus aus dieser Misere. Gelobtes Land? Irgendwie, Hauptsache weg von hier. Das ist eine gefährliche Haltung. Das führt nicht in die Freiheit, sondern zurück in die Sklaverei Ägyptens. Wer mehr Orientierung für «seine Wüste» wünscht, der muss die Bibel in die Hand nehmen und das Buch Exodus lesen. Da sind Antworten.

Versuchungen: Das Murren kommt schnell. Man sieht ein: Diese Wüstenzeit, die Zeit des Fastens, hat unangenehme Begleitumstände: Versuchungen. Als wäre es nicht genug, durch eine unwirtliche Gegend zu streifen! Da kommt noch eine Schippe Ballast oben drauf. Warum das? – Nun, das ist schwieriger zu verstehen. Der Mensch braucht Reinigung des Herzens. Er muss stark werden und sich gegen Versuchungen zu wehren lernen. Ohne dieses Herzenstraining hat kein Paradies Bestand. Und das ist das Problem von Adam und Eva: Eine kleine Versuchung hat ausgereicht und sie fielen aus dem Paradies – und schon war die Wüste wieder da.
Jedem Ehepaar wird das einleuchten: Wie groß, herrlich und schön war das Paradies der ersten Wochen! Aber wie zahlreich die Versuchungen danach! Ist der Duft der Hochzeitsnacht verzogen und der Zauber des Anfangs verflogen, umso verlockender scheinen die Blumen da draußen. Nur wer sich in der Versuchung bewährt, kann auch das Paradies bewahren.
Der sesshafte Stadtmensch kennt nur die gezähmten Tiere aus dem zoologischen Garten. Der Garten Eden, der in der Wüste aufleuchtet, kennt keine Haustiere, sondern nur wilde Bestien. Doch die Spannung, der Kampf um’s Dasein, hat sich bei Jesus gelöst. Er kann unter ihnen leben, ohne von ihnen zerfleischt zu werden. Es erfüllt sich die Verheißung Jesajas: Löwe und Lamm werden nebeneinander liegen. Und sie dürfen Löwe und Lamm bleiben. Müssen sich nicht verbiegen. Im Marxismus dagegen musste der Löwe Lamm werden oder das Lamm Löwe.
Diese Freundlichkeit gegenüber allen Tieren, wilden und zahmen, zeigte sich besonders beim Hl. Franziskus. Rehe verloren ihre Scheu, Vögel ließen sich auf ihm nieder. Dem Evangelium wohnt so viel Kraft inne, dass es nicht nur die Beziehungen der Menschen untereinander neu macht, sondern die Beziehung zur gesamten Schöpfung.

Der Engelsdienst: Dienen ist ein Grundwort christlicher Existenz. Gott und den Menschen, allen Geschöpfen dienen. «Siehe, ich bin die Magd des Herrn.», spricht Maria. «Paulus, Knecht Christi Jesu...» beginnt der Römerbrief. Die Engel dienen. Aber was ist ihr Dienst? Ihr Dienst ist Gottesdienst. Sie verherrlichen Gott zu seiner größeren Ehre. Hier ist der Schulterschluß von irdischem Geschehen und himmlischen Geschehen.

Damit hat Markus uns in wenigen Sätzen die ganze Heilsgeschichte vor Augen gehalten: Paradies, Wüste, Wüstenwanderung, Standhaftigkeit im Glauben trotz Anfechtung, Prophetie von Versöhnung der Schöpfung mit Gott und Vorausblick auf den englischen Gottesdienst.
Das Geheimnis des Christentums: Es verspricht nicht das Paradies auf Erden. Das überlässt es den Marxisten und Liberalen. Es erkennt die Wüste auf Erden an. Doch es kapituliert nicht vor der Wüste, sondern verkündet: Gott selbst macht die Wüste zum Paradies. Und so ist das Verhältnis von Christ und Welt: Paradies in Wüste. Was die Wüste zum Paradies macht? 40 Tage Fasten für den Herrn im Heiligen Geist sind ein guter Anfang.


Kategorie: Kirche

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