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Christen im Gazastreifen melden sich zu Wort

Unter den Palästinensern sind Christen. Es sind wenige, denn Viele haben ihre Heimat verlassen. Es ist auch ihr Land, ihre Tradition geht bis auf die ersten Gemeinden zurück, die sich in und um Jerusalem gebildet hatten. Ihre Sicht ist uns in einer längeren Stellungnahme zugegangen. Sie urteilen hart – über Israel. Wir sollten ihre Sicht kennenlernen.

Uns hat die Stellungnahme in Englisch erreicht. DeepL hat es übersetzt, die Redaktion hat die Übersetzung geprüft und, wo nötig, korrigiert. Die Mehrheit der palästinensischen Christen gehören zu orthodoxen Kirchen. Der im Text gebrauchte Begriff „Nakba“ heißt wörtlich „Katastrophe“, gemeint ist der Krieg gegen den gerade gegründeten jüdischen Staat 1949 führten und der zur Flucht und Vertreibung von 700.000 Palästinensern zur Folge hatte – unter ihnen die bis dahin ansässigen Christen.
Der vollständige englische Text ist unten wiedergegeben.

Wir, die unterzeichnenden palästinensischen christlichen Institutionen und Basisbewegungen, trauern und beklagen den erneuten Kreislauf der Gewalt in unserem Land. Als wir im Begriff waren, diesen offenen Brief zu veröffentlichen, haben einige von uns liebe Freunde und Familienmitglieder bei dem grausamen israelischen Bombardement auf unschuldige Zivilisten am 19. Oktober 2023 verloren, darunter auch Christen, die in der historischen griechisch-orthodoxen Kirche St. Porphyr Zuflucht gesucht hatten. …..

Außerdem beobachten wir mit Entsetzen, wie viele westliche Christen den Krieg Israels gegen das palästinensische Volk unbeirrt unterstützen. … Wir schließen uns den anderen Christen an und verurteilen alle Angriffe auf Zivilisten, insbesondere auf wehrlose Familien und Kinder. Dennoch sind wir beunruhigt über das Schweigen vieler Kirchenführer und Theologen, wenn es palästinensische Zivilisten sind, die getötet werden…
Außerdem sind wir entsetzt darüber, wie einige Christen die anhaltenden wahllosen Angriffe Israels auf den Gazastreifen legitimiert haben, die bisher das Leben von mehr als 3.700 Palästinensern das Leben gekostet haben, von denen die meisten Frauen und Kinder sind. …
Das israelische Militär hat Taktiken angewandt, die auf Zivilisten abzielen, wie den Einsatz von weißen Phosphor, das Abstellen von Wasser, Treibstoff und Strom sowie die Bombardierung von Schulen, Krankenhäusern und Gebetsstätten, Krankenhäuser und Gotteshäuser - einschließlich des abscheulichen Massakers am Al-Ahli Anglican-Baptist Krankenhaus und die Bombardierung der griechisch-orthodoxen Kirche des Heiligen Porphyrius, die ganze christliche Familien in Palästina auslöschte.

Das Dokument beschreibt nicht nur die Auswirkungen der israelischen Militärpräsenz, sondern konfrontiert die westliche Theologie mit dem Vorwurf, eine neue Form des Kolonialismus zu unterstützen:

Immer wieder werden wir daran erinnert, dass die westliche Haltung gegenüber Palästina-Israel unter einer eklatanten Doppelmoral leidet, die israelische Juden vermenschlicht und gleichzeitig darauf besteht, Palästinenser zu entmenschlichen und ihr Leiden zu beschönigen. Dies zeigt sich in der allgemeinen Haltung gegenüber dem jüngsten israelischen Angriff auf den Gazastreifen, bei dem Tausende von Palästinensern getötet wurden, sowie die Gleichgültigkeit gegenüber dem Mord an der christlichen palästinensisch-amerikanischen Journalisten Shireen Abu Akleh im Jahr 2022 und die Ermordung von mehr als 300 Palästinenser, darunter 38 Kinder, im Westjordanland in diesem Jahr vor dieser jüngsten Eskalation.

Wir haben den Eindruck, dass diese Doppelmoral Ausdruck eines tief verwurzelten kolonialen Diskurses ist, der die Bibel als Waffe benutzt, um die ethnische Säuberung der indigenen Völker in Amerika, Ozeanien und anderswo zu rechtfertigen, und anderswo, die Versklavung von Afrikanern und den transatlantischen Sklavenhandel sowie die jahrzehntelange Apartheid in Südafrika. Koloniale Theologien sind nicht passé; sie setzen sich in den weit verbreiteten zionistischen Theologien und Interpretationen fort, die die ethnische Säuberung Palästinas sowie die Verunglimpfung undund die Entmenschlichung der Palästinenser - einschließlich der Christen - legitimiert haben, die unter der systemischen kolonialen Apartheid leben.

Die Position der palästinensischen Christen wird so formuliert

Obwohl viele Christen im Westen kein Problem mit der theologischen Legitimierung von Krieg haben, duldet die überwiegende Mehrheit der palästinensischen Christen keine Gewalt - nicht einmal von den Machtlosen und Besetzten. Stattdessen engagieren sich palästinensische Christen voll und ganz für den Weg Jesu im kreativen gewaltlosen Widerstand (Kairos Palästina, §4.2.3), der "die Logik der Liebe nutzt und alle Energien nutzt, um Frieden zu schaffen" (§4.2.5). Entscheidend ist, dass wir alle Theologien und Interpretationen ablehnen, die die Kriege der Mächtigen legitimieren.
Wir fordern die westlichen Christen nachdrücklich auf, sich uns dabei anzuschließen. Wir erinnern auch uns selbst und unsere Mitchristen daran erinnern, dass Gott der Gott der Unterdrückten und Geknechteten ist, und dass Jesus die Mächtigen zurechtwies und die Ausgegrenzten aufrichtete. Dies ist das Herzstück von Gottes die sich "der Logik der Liebe bedient und alle Energien nutzt, um Frieden zu schaffen" …..
Schließlich, und wir sagen es mit gebrochenem Herzen, machen wir westliche Kirchenführer und Theologen, die sich hinter Israels Kriege stellen, für ihre theologische und politische Mitschuld an den israelischen Verbrechen gegen die Palästinenser, die in den letzten 75 Jahren begangen wurden. Wir rufen sie dazu auf, ihre Positionen zu überdenken und ihre Richtung zu ändern, indem sie daran denken, dass Gott "die Welt richten wird in Gerechtigkeit richten wird" (Apostelgeschichte 17,31). Wir erinnern uns und unser palästinensisches Volk auch daran, dass unsere sumud ("Standhaftigkeit") in unserer gerechten Sache und unserer historischen Verwurzelung in diesem Land verankert ist.

"In Ermangelung jeglicher Hoffnung rufen wir unseren Schrei der Hoffnung aus. Wir glauben an Gott, der gut und gerecht ist. Wir glauben, dass Gottes Güte schließlich über das Böse des Hasses und des Todes triumphieren wird, das immer noch in unserem Land herrscht. Wir werden hier "ein neues Land" und "einen neuen Menschen" sehen, der fähig ist, sich im Geiste zu erheben, um jeden einzelnen seiner Brüder und Schwestern zu lieben" (Kairos Palästina, §10).

Unterzeichnete Organisationen und Institutionen
Kairos Palästina
Christus am Checkpoint
Bibelschule Bethlehem
Sabeel Ökumenisches Zentrum für Befreiungstheologie
Dar al-Kalima Universität
Al-Liqa-Zentrum für religiöse, erbauliche und kulturelle Studien im Heiligen Land
Der YMCA Ost-Jerusalem
Der YWCA von Palästina
Arabisch-orthodoxe Gesellschaft, Jerusalem

A Call for Repentance: An Open Letter from Palestinian Christians to Western Church Leaders and Theologians

We, at the undersigned Palestinian Christian institutions and grassroots movements, grieve and
lament the renewed cycle of violence in our land. As we were about to publish this open letter, some
of us lost dear friends and family members in the atrocious Israeli bombardment of innocent
civilians on October 19, 2023, Christians included, who were taking refuge in the historical Greek
Orthodox Church of Saint Porphyrius in Gaza. Words fail to express our shock and horror with
regard to the on-going war in our land. We deeply mourn the death and suffering of all people
because it is our firm conviction that all humans are made in God’s image. We are also profoundly
troubled when the name of God is invoked to promote violence and religious national ideologies.

Further, we watch with horror the way many western Christians are offering unwavering support to
Israel’s war against the people of Palestine. While we recognize the numerous voices that have
spoken and continue to speak for the cause of truth and justice in our land, we write to challenge
western theologians and church leaders who have voiced uncritical support for Israel and to call
them to repent and change. Sadly, the actions and double standards of some Christian leaders have
gravely hurt their Christian witness and have severely distorted their moral judgment with regards to
the situation in our land.
We come alongside fellow Christians in condemning all attacks on civilians, especially defenseless
families and children. Yet, we are disturbed by the silence of many church leaders and theologians
when it is Palestinian civilians who are killed. We are also horrified by the refusal of some western
Christians to condemn the ongoing Israeli occupation of Palestine, and, in some instances, their
justification of and support for the occupation. Further, we are appalled by how some Christians
have legitimized Israel’s ongoing indiscriminate attacks on Gaza, which have, so far, claimed the lives
of more than 3,700 Palestinians, the majority of whom are women and children. These attacks have
resulted in the wholesale destruction of entire neighborhoods and the forced displacement of over
one million Palestinians. The Israeli military has utilized tactics that target civilians such as the use of
white phosphorus, the cutting off of water, fuel, and electricity, and the bombardment of schools,
hospitals, and places of worship—including the heinous massacre at Al-Ahli Anglican-Baptist
Hospital and the bombardment of the Greek Orthodox Church of Saint Porphyrius which wiped
out entire Palestinian Christian families.

Moreover, we categorically reject the myopic and distorted Christian responses that ignore the wider
context and the root causes of this war: Israel’s systemic oppression of the Palestinians over the last
75 years since the Nakba, the ongoing ethnic cleansing of Palestine, and the oppressive and racist
military occupation that constitutes the crime of apartheid. This is precisely the horrific context of
oppression that many western Christian theologians and leaders have persistently ignored, and even
worse, have occasionally legitimized using a wide range of Zionist theologies and interpretations.
Moreover, Israel’s cruel blockade of Gaza for the last 17 years has turned the 365-square-kilometer
Strip into an open-air prison for more than two million Palestinians—70% of whom belong to
families displaced during the Nakba—who are denied their basic human rights. The brutal and
hopeless living conditions in Gaza under Israel’s iron fist have regrettably emboldened extreme
voices of some Palestinian groups to resort to militancy and violence as a response to oppression
and despair. Sadly, Palestinian non-violent resistance, which we remain wholeheartedly committed to,
is met with rejection, with some western Christian leaders even prohibiting the discussion of Israeli
apartheid as reported by Human Rights Watch, Amnesty International, and B’Tselem, and as long
asserted by both Palestinians and South Africans.

Time and again, we are reminded that western attitudes towards Palestine-Israel suffer from a glaring
double standard that humanizes Israeli Jews while insisting on dehumanizing Palestinians and
whitewashing their suffering. This is evident in general attitudes towards the recent Israeli attack on
the Gaza Strip that killed thousands of Palestinians, the apathy towards the murder of the
Palestinian-American Christian journalist Shireen Abu Akleh in 2022, and the killing of more than
300 Palestinians including 38 children in the West Bank this year before this recent escalation.
It seems to us that this double standard reflects an entrenched colonial discourse that has
weaponized the Bible to justify the ethnic cleansing of indigenous peoples in the Americas, Oceania,
and elsewhere, the slavery of Africans and the transatlantic slave trade, and decades of apartheid in
South Africa. Colonial theologies are not passé; they continue in wide-ranging Zionist theologies and
interpretations that have legitimized the ethnic cleansing of Palestine and the vilification and
dehumanization of Palestinians—Christians included—living under systemic settler-colonial
apartheid. Further, we are aware of the western Christian legacy of Just War Theory that was used to
justify dropping atomic bombs over innocent civilians in Japan during World War II, the destruction
of Iraq and the decimation of its Christian population during the latest American war on Iraq, as
well as the unwavering and uncritical support for Israel against the Palestinians in the name of
moral-supremacy and “self-defense.” Regrettably, many western Christians across wide
denominational and theological spectra adopt Zionist theologies and interpretations that justify war,
making them complicit in Israel’s violence and oppression. Some are also complicit in the rise of the
anti-Palestinian hate speech, which we are witnessing in numerous western countries and media
outlets today.

Although many Christians in the West do not have a problem with the theological legitimization of
war, the vast majority of Palestinian Christians do not condone violence—not even by the powerless
and occupied. Instead, Palestinian Christians are fully committed to the way of Jesus in creative
nonviolent resistance (Kairos Palestine, §4.2.3), which uses “the logic of love and draw[s] on all
energies to make peace” (§4.2.5). Crucially, we reject all theologies and interpretations that legitimize
the wars of the powerful. We strongly urge western Christians to come alongside us in this. We also
remind ourselves and fellow Christians that God is the God of the downtrodden and the oppressed,
and that Jesus rebuked the powerful and lifted up the marginalized. This is at the heart of God’s
conception of justice. Therefore, we are deeply troubled by the failure of some western Christian
leaders and theologians to acknowledge the biblical tradition of justice and mercy, as first proclaimed
by Moses (Deut 10:18; 16:18–20; 32:4) and the prophets (Isa 1:17; 61:8; Mic 2:1–3, 6:8; Amos
5:10–24), and as exemplified and embodied in Christ (Matt 25:34–46; Luke 1:51–53; 4:16–21).

Finally, and we say it with a broken heart, we hold western church leaders and theologians who rally
behind Israel’s wars accountable for their theological and political complicity in the Israeli crimes
against the Palestinians, which have been committed over the last 75 years. We call upon them to
reexamine their positions and to change their direction, remembering that God “will judge the world
in justice” (Acts 17:31). We also remind ourselves and our Palestinian people that our sumud
(“steadfastness”) is anchored in our just cause and our historical rootedness in this land. As
Palestinian Christians, we also continue to find our courage and consolation in the God who dwells
with those of a contrite and humble spirit (Isa 57:15). We find courage in the solidarity we receive
from the crucified Christ, and we find hope in the empty tomb. We are also encouraged and
empowered by the costly solidarity and support of many churches and grassroots faith movements
around the world, challenging the dominance of ideologies of power and supremacy. We refuse to
give in, even when our siblings abandon us. We are steadfast in our hope, resilient in our witness, and
continue to be committed to the Gospel of faith, hope, and love, in the face of tyranny and darkness.
“In the absence of all hope, we cry out our cry of hope. We believe in God, good and just. We
believe that God’s goodness will finally triumph over the evil of hate and of death that still persist in
our land. We will see here ‘a new land’ and ‘a new human being’, capable of rising up in the spirit to
love each one of his or her brothers and sisters” (Kairos Palestine, §10).
Your Kingdom come!

 
To endorse this open letter, go to: chng.it/xm6Wsy7wmz.


Kategorie: Kirche

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